Welche Baumarten sollen zukünftig in unseren Wäldern wachsen?
Planet Wissen. 27.02.2024. 06:33 Min.. UT. Verfügbar bis 06.10.2025. SWR.
Deutscher Wald
Waldmanagement
Stand: 30.09.2020, 16:00 Uhr
Wie sollte der Wald der Zukunft in Zeiten des Klimawandels gestaltet werden? Findet der Mensch mit aktivem Waldmanagement die richtigen, hitzeresistenteren Arten? Oder sollten wir mehr auf Naturverjüngung setzen?
Von Monika Sax
Der Wald im Klimawandel
Der Klimawandel setzt Deutschlands Wäldern zu. Eine Dürre jagt die nächste, die Wälder sind geschwächt, können Schädlingen wie dem Borkenkäfer nicht mehr widerstehen und sind anfälliger für Feuer.
Das Bundeslandwirtschaftsministerium beziffert die geschädigte Waldfläche für die Jahre 2018 bis 2020 auf 245.000 Hektar. Etwa 90 Prozent der betroffenen Bäume sind Nadelbäume, die insgesamt über 50 Prozent der deutschen Wälder ausmachen.
Zukunftsfähig und möglichst widerstandsfähig gegenüber Hitze und Schädlingen soll der Wald in Deutschland werden. Dafür stellt die Bundesregierung der Forstwirtschaft hunderte Millionen Euro zur Verfügung. Doch sind diese Investitionen überhaupt notwendig? Was würde geschehen, wenn der Mensch der Natur die Regie überlassen würde? Wie würden unsere Wälder dann aussehen?
Vom Borkenkäfer zerstörter Fichtenwald in Oderbrück
Wie kann ein gesunder Wald entstehen?
Kiefer- und Fichtenmonokulturen haben keine Zukunft mehr. Je größer, gemischter und natürlicher der Wald, desto positiver sind die Effekte auf Wasserhaushalt, Temperatur und Klima. Doch wie entsteht so ein natürlicher Wald? Welche Baumarten siedeln sich auf natürlichem Wege an? Wäre der Mensch ein besserer Wald-Architekt?
In dieser Frage herrscht Uneinigkeit zwischen Wald- und Forstwissenschaftlern, Waldbesitzern und Ökologen. Für die einen soll der Wald hauptsächlich Holzlieferant sein, gut planbar, mit schnellwachsenden und gewinnbringenden Baumarten.
Die anderen wollen dem Wald lieber mehr Zeit geben, damit sich ein stabiles Ökosystem aufbauen und der Wald nachhaltig bewirtschaftet werden kann. Wo liegen die Vor- und Nachteile von Naturverjüngung im Vergleich zu vom Menschen geplanten Wäldern?
Naturverjüngung – auf die Natur vertrauen
Lässt man der Natur ihren Lauf, siedeln sich die Baumarten an, die an den Standort am besten angepasst sind. Junge und alte Bäume wachsen nebeneinander. Die Kronen sind dicht und lassen nur relativ wenig Licht auf den Boden.
In Bodennähe herrscht ein relativ kühles und feuchtes Mikroklima. Dieses ist wichtig für die vielen Mikroorganismen im Boden und den Humusaufbau. Der Boden ist die Grundlage für einen gesunden Wald. Totholz liefert Nährstoffe, Schutz für Insekten, Schatten und Feuchtigkeit.
So kann der Wald Trockenzeiten und Schädlingsbefall trotzen. Der hohe Anteil an Biomasse bindet langfristig CO2. Die Zersetzung erfolgt nur sehr langsam, über Jahrzehnte, das CO2 wird in den Boden eingelagert.
Natürliches Gleichgewicht im Wald
Natürlich kostet es etwas, wenn man Holz, das auch geerntet werden könnte, liegen lässt. Es gibt auch weniger Raum für nachwachsende Bäume. Aber Waldökologen sind überzeugt, dass es sich langfristig auszahlt.
Natürlich wachsende Pflanzen benötigen allerdings mehr Zeit als Baumpflanzungen, denn die Bäume müssen erst aus Samen heranwachsen, sind nicht in Baumschulen vorgezogen. Außerdem sind sie anfälliger für Wildverbiss, das Überwachsen durch Konkurrenzvegetation, Trockenheit und Spätfrost.
Wissenschaftler möchten in verschiedenen Forschungsprojekten herausfinden, ob unser Ökosystem in einigen Jahrzehnten noch genügend Arten zur Verfügung stellen kann, die mit höheren Temperaturen und Dürre klarkommen. Oder ob dies nur "fremde" Arten leisten können.
Der Wald verjüngt sich selbst.
Waldmanagement – wenn der Mensch aktiv eingreift
Manche Forstwissenschaftler sind der Meinung, dass gezielte Anpflanzungen aber auch Vorteile bringen können. Bereits entwickelte Jungpflanzen seien konkurrenzfähiger gegenüber anderen schnell wachsenden Pflanzen. Und es lassen sich gezielt klimaresistentere Arten anbauen.
Allerdings ist das gesamte heimische Ökosystem nicht an fremde Arten angepasst, so dass es eventuell negative Rückkopplungen wie Krankheiten, Schädlingsbefall oder auch Artensterben geben kann.
Ein Nachteil sind die hohen Kosten und der große Arbeitsaufwand bei Aufzucht und Pflanzung. Auch besteht die Gefahr, dass die Pflanzen beim Setzen beschädigt werden und sich nicht entwickeln. Manche Forstwissenschaftler argumentieren, sie könnten nur in bewirtschafteten Wäldern bei Schädlingsbefall rechtzeitig eingreifen und Massenbefall verhindern.
Ein gesunder, feuchter und artenreicher Wald kommt oft aber auch selbst gut mit Schädlingen klar. Geschwächte Wälder auf ausgetrocknetem Boden ohne Totholz dagegen deutlich schlechter.
Verschiedene junge Laubbäume wachsen in Reihe in Baumschule, Luftaufnahme
Bewirtschaftung von Kahlschlagflächen durch Natur und Mensch?
Bei den aktuell vorhandenen, großen Kahlflächen ist auch eine Mischbewirtschaftung denkbar. Falls aufgrund der vorhandenen Monokultur droht, dass nur Fichte auf Fichte nachwächst, kann eine zusätzliche Verjüngung mit klimaresistenteren Arten sinnvoll sein.
Falls die Flächen von Mischwald umgeben sind, können Pionierbaumarten wie Birke, Eberesche und Salweide schnell wachsen und den Boden im heißen Sommer schützen. Danach können einzelne Zielbaumarten gepflanzt werden, die Zwischenflächen verjüngen sich natürlich.
Wie sieht der Wald der Zukunft aus?
Welcher Weg gewählt wird, hängt zum großen Teil davon ab, wie wir den Wald in Zukunft sehen wollen. Soll er vor allem Holzlieferant sein? Oder soll er ein artenreiches Ökosystem darstellen, das vielleicht wirtschaftlich nicht so effizient ist, dafür jedoch zur Kühlung unserer Landschaft, zur Artenvielfalt und damit auch zu unserem Wohlbefinden beiträgt? Einiges spricht für die bewährten Mischwälder der Vergangenheit.
Natürliches Gleichgewicht im Wald
Quelle: SWR