Besucheransturm in den Niederlanden: "Ein bisschen Shopping, nur ganz kurz"

Stand: 02.05.2021, 20:40 Uhr

Enschede am Samstag: das erste Wochenende mit geöffneten Geschäften und ohne Ausgangssperre. Zu Tausenden zieht es die Menschen mittags in die Innenstadt, und zwar längst nicht nur Niederländer.

Von Ludger Kazmierczak

"Wir wollen uns wieder wohlfühlen, wie frei, sage ich mal. Deswegen. Ein bisschen Shopping, nur ganz kurz. Ganz kurz und dann wieder weg." Das schlechte Gewissen der deutschen Shopping-Touristen hält sich in Grenzen.

Duco Hoek ist Innenstadt-Manager der Gemeinde Enschede. Mit Staunen beobachtet er, wie gefragt an diesem 1. Mai die 2.200 Parkplätze im Zentrum sind. In den Parkhäusern wechseln sich gelbe und weiße Nummernschilder ab. Viele Autos kommen aus dem Münsterland.

"Es sind nur noch 400 Plätze in den Parkhäusern frei. Das haben wir seit dem Sommer nicht mehr erlebt", sagt Hoek. "Mein Eindruck ist, dass es sehr viele Deutsche sind, obwohl der Bürgermeister dazu aufgerufen hat, zu Hause zu bleiben oder später wiederzukommen."

Entsetzen bei den Niederländern

Der Appell vieler Bürgermeister an die Deutschen, am Maifeiertag nicht in die niederländischen Grenzstädte zu fahren, ist offenbar nicht überall angekommen. Und so sagt eine Deutsche: "Ich gucke nicht so viel Fernsehen, deshalb habe ich das nicht mitbekommen."

Eine Niederländerin ist entsetzt: "Es sind absurd viele Deutsche. Und wir selbst dürfen fast nix. Ich finde es wirklich schade, dass an der Grenze nicht stärker kontrolliert wird."

An der Grenze nur Stichproben

Kontrolliert wurde tatsächlich, aber nur sporadisch. Negative Corona-Testergebnisse mussten Autofahrer bei der Rückkehr nach Deutschland nicht vorzeigen. So voll, wie in Enschede war es am Samstag und am verkaufsoffenen Sonntag auch in anderen grenznahen Städten wie Heerlen, Maastricht, Venlo und Roermond.

Die Stadt Venlo machte sogar die Parkhäuser dicht und schickte Autofahrer, die ins Zentrum wollten, zurück. Im Outlet-Center von Roermond mussten Kunden teilweise eine Stunde und länger warten, ehe sie in ein Geschäft durften. So hatten sich die Niederländer das erste Wochenende mit den gelockerten Corona-Maßnahmen nicht vorgestellt.

"Ich habe einen Schreck bekommen, als ich hier mit dem Fahrrad ankam. Ich dachte mir, es sieht aus wie früher", sagt eine Einheimische. Eine andere erinnert sich an die Situation vor einem Jahr: "Was das Schlimmste ist, es gibt überhaupt keine Ordnungskräfte. Du siehst hier niemanden. Beim ersten Lockdown standen sie noch überall – jetzt siehst du niemanden mehr."

Vorgeschmack auf Pfingsten und Fronleichnam

Die Aussicht, endlich wieder shoppen zu können und ein Bierchen auf der Kneipen-Terrasse trinken zu dürfen, hat an diesem Wochenende nicht nur die Niederländer beflügelt. Vielleicht ein Vorgeschmack auf das, was Christi Himmelfahrt, Pfingsten und Fronleichnam in der Grenzregion los sein könnte.

Während der Einzelhandel frohlockt, hat ein Venloer Krankenhaus gestern mitgeteilt, dass es wegen Überlastung keine Patienten mehr aufnehmen kann.