Drogenspritze

Fentanyl und Nitazen: Warum die gefährlichen Drogen auf dem Vormarsch sind

Stand: 26.06.2024, 15:06 Uhr

Am 26. Juni ist weltweiter Anti-Drogentag. Im Weltdrogenbericht warnen die Vereinten Nationen besonders vor synthetischen Drogen wie Fentanyl - und Nitazen, wovon schon ein Salzkorn tödlich sein kann.

Von Oliver ScheelOliver Scheel

Trotz aller Prävention steigt die Zahl der Drogenkonsumenten weiter. Das UN-Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) in Wien verzeichnet einen Anstieg um ein Fünftel innerhalb der vergangenen zehn Jahre. Besonders besorgt blicken die Fachleute auf neue und gefährliche Alternativprodukte, die auf den Markt kommen.

Seit die Taliban 2022 in Afghanistan den Anbau von Schlafmohn verboten haben, ist die Opium- und damit die Heroin-Produktion eingebrochen. Daher sind synthetische Heroin-Ersatzstoffe wie Nitazen und Fentanyl auf dem Vormarsch.

Ersatzdrogen haben eine weit stärkere Wirkung: "Dramatische Folgen"

"Der Engpass auf dem Markt wird kommen. Und dann könnte es ein Problem geben", warnt UNODC-Experte Thomas Pietschmann. Denn die illegalen synthetischen Ersatzdrogen Fentanyl und Nitazen haben eine weitaus stärkere Wirkung als Heroin und bergen deshalb ein hohes Risiko für tödliche Überdosierungen.

Fentanyl

Fentanyl in einem Röhrchen

Besonders in den westlichen Industrieländern verbreiten sie sich derzeit. "Nitazene sind relativ neu auf dem Markt. In Birmingham und Dublin gab es schwere Vorfälle mit mehreren Toten. Wir befürchten, dass der Stoff bald nach Deutschland gelangt", erklärt der Suchtforscher Daniel Deimel von der Technischen Hochschule Nürnberg im Gespräch mit dem WDR.

"Während bei Heroin 200 Milligramm tödlich wirken, sind es bei Fentanyl nur 2 Milligramm. Nitazen ist sogar 200 Mal stärker als Heroin. Da viele Konsumenten oft nichts von der Beimengung wissen, kann der Konsum dramatische Folgen haben", so Deimel.

"Bei Nitazen reicht ein Salzkorn, um eine tödliche Wirkung zu entfalten." Suchtforscher Prof. Dr. Daniel Deimel

In Deutschland starben laut Aids-Hilfe im Jahr 2022 nachweislich 83 Menschen unter Einwirkung synthetischer Opioide - die Dunkelziffer wird wohl weit höher liegen, weil bei drogenbedingten Todesfällen meist keine Gutachten erstellt werden.

"Synthetische Drogen sind relativ günstig herzustellen"

Erst im April hatte das NRW-Innenministerium bekanntgegeben, dass die Zahl der Drogentoten im Jahr 2023 um 24 Prozent auf 872 gestiegen ist. Seit 2015 hat sich die Zahl damit fast verfünffacht. Opiode spielen dabei laut Deimel die Hauptrolle: "Das Atemzentrum wird gelähmt".

Die synthetischen Drogen sind relativ einfach und günstig herzustellen. "Man braucht keine Agrarwirtschaft für Grundstoffe wie Schlafmohn oder Kokapflanzen. Und es müssen nur geringe Mengen geschmuggelt werden, das ist lukrativ", sagt Deimel.

Auch beim Kokain steigen die Zahlen weiter

Kokain

Kokain wurde 2023 tonnenweise beschlagnahmt

Auch die Zahl der Drogendelikte in Deutschland steigt. Besonders stark sei der Anstieg beim Kokain, wie das Bundeskriminalamt (BKA) mitteilte. Die Zahl der Kokaindelikte sei 2023 um mehr als ein Viertel gestiegen - auf einen neuen Höchststand.

Rund 43 Tonnen Kokain seien hierzulande beschlagnahmt worden, mehr als doppelt so viel wie im Vorjahr. Weltweit gesehen, so der UN-Bericht, wurden im Jahr 2022 mehr als 2.750 Tonnen Kokain produziert, auch das ein Höchststand.

Cannabis-Legalisierung mit negativen Folgen in Kanada

Mit 228 Millionen stehen die Cannabis-Konsumenten bei weitem auf Platz eins der Rangliste des UN-Drogenbüros. Und es gibt nun auch erste Zahlen aus den Ländern, die Cannabis legalisiert haben. "In Kanada und den Vereinigten Staaten ist die Zahl der Krankenhauseinweisungen im Zusammenhang mit Cannabiskonsumstörungen und der Anteil der Menschen mit psychiatrischen Störungen und Selbstmordversuchen im Zusammenhang mit regelmäßigem Cannabiskonsum gestiegen, insbesondere bei jungen Erwachsenen", heißt es in dem Bericht.

Und der Alkohol? Ist weiterhin ein echter Killer

Verharmlost wird in unserer Gesellschaft immer noch das Trinken von Alkohol. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) sterben jedes Jahr rund 2,6 Millionen Menschen infolge ihres Alkoholkonsums - davon rund zwei Millionen Männer. Die höchsten Todesraten gebe es in Europa und Afrika.

Auf einem Tablett stehen mehrere frisch gezapfte Altbiere.

Deutschland liegt beim Alkoholkonsum weltweit mit an der Spitze, wie aus den WHO-Zahlen hervorgeht. Demnach trank im Jahr 2019 - das sind die aktuellsten verfügbaren Zahlen - jeder Deutsche über 15 Jahren im Schnitt 12,2 Liter Reinalkohol. Damit schaffte es Deutschland in die Top Ten der Länder mit dem höchsten Konsum. Generell aber, und das ist die gute Nachricht zum Schluss, geht der Alkoholkonsum weltweit zurück.

Unsere Quellen:

Über dieses Thema berichtet der WDR am 26.6.2024 auch im Hörfunk, bei Cosmo ab 18.25 Uhr.

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