Ticker vom Montag (22.06.2020) zum Nachlesen

Stand: 22.06.2020, 19:33 Uhr

  • Es "riecht" nach Lockdown im Kreis Gütersloh
  • Neuinfektionen-Obergrenze wegen Tönnies überschritten
  • Quarantäne-Pflicht für Einreisende aus Schweden
  • Dortmund schließt mehrere Schulen
Aktualisieren

Was gibt es Neues in Sachen Coronavirus? Hier im Live-Ticker halten wir Sie über die Entwicklungen auf dem Laufenden.

Lockdown im Kreis Gütersloh "vorstellbar"

Der Landrat des Kreises Gütersloh, Sven-Georg Adenauer (CDU), hält einen Lockdown in der Region für vorstellbar. "Ich würde sagen ja", sagte Adenauer am Abend auf die Frage, ob es nach einem Lockdown "rieche". Die mobilen Teams, die in den Wohnungen und den Unterkünften unterwegs seien und auch Familienangehörige ansprächen, stießen jetzt in ein gewisses Dunkelfeld. "Insofern ist das für mich schon eine neue Situation", erklärte Adenauer.

Inzwischen gibt es 1.553 positive Befunde von den Personen, die unmittelbar im Tönnies-Werk in Rheda-Wiedenbrück tätig sind, sagte der Leiter des Krisenstabes im Kreis Gütersloh, Thomas Kuhlbusch. Insgesamt seien 6.650 Proben genommen worden. Zuvor hatten die Behörden von 1.331 bestätigen Corona-Fällen (Stand Sonntag) in der Tönnies-Belegschaft berichtet.

7-Tages-Inzidenz steigt im Kreis Gütersloh auf über 263

Im Kreis Gütersloh ist eine Kennziffer bei der Pandemie-Bekämpfung deutlich nach oben gegangen. Die sogenannte 7-Tages-Inzidenz zu den Corona-Neuinfektionen ist in dem Kreis auf den Wert von 263,7 gestiegen. Er zeigt an, wieviele Neuinfektionen in den vergangenen 7 Tagen pro 100.000 Einwohner gemeldet wurden. Auch im benachbarten Kreis Warendorf geht der Wert nach oben. Dort liegt er nach Angaben des nordrhein-westfälischen Landeszentrum Gesundheit zum Stand 22. Juni 0 Uhr bei 41,8.

Bei der Marke von 50 sollten für eine betroffene Region wieder stärkere Einschränkungen in Betracht gezogen werden. Bund und Länder haben allerdings auch vereinbart, dass diese Zahl keine Rolle spielt, wenn es sich um einen lokal eingrenzbaren Infektionsherd handelt. So wird auch der Ausbruch bei Tönnies bisher von der Landesregierung eingestuft.

Kreis Warendorf will Lockdown verhindern

Im vom Corona-Ausbruch bei Tönnies ebenfalls betroffene Kreis Warendorf will einen Lockdown verhindern. Das erklärte Landrat Olaf Gericke heute auf einer Pressekonferenz. Gericke übte zudem Kritik an Tönnies, das seiner Versprechung, die Mitarbeiter zu versorgen, nicht nachgekommen sei. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) kündigte auf einer Pressekonferenz am Nachmittag an, die mobilen Teams für Corona-Tests, die bisher im Kreis Gütersloh aktiv waren, ab morgen auch im Kreis Warendorf einzusetzen. "Die Teams müssen durch Menschen ergänzt werden, die die Muttersprache der Mitarbeiter sprechen", erklärte Laumann. Man werde Dolmetscher für Rumänisch, Bulgarisch und Polnisch suchen.

Laut Laumann soll jedem betroffenen Mitarbeiter klar gemacht werden, dass sie unabhängig vom Versichertenstatus bestmöglich behandelt werden. "Die wichtigste Aufgabe ist, dass die Quarantäne funktioniert", betonte Laumann, der sich heute noch mit dem Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU) und anderen Mitgliedern der Landesregierung austauschen und weitere Maßnahmen beraten will.

Arbeitsminister Heil: Tönnies muss für Schäden haften

Der Fleischkonzern Tönnies könnte angesichts des Corona-Ausbruchs für Schäden zahlen müssen. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sagte im ARD-Morgenmagazin: "Ich glaube, dass wir prüfen müssen, welche zivilrechtlichen Haftungsmöglichkeiten es gibt in diesem Bereich." Es entstünden gerade "erhebliche Kosten" wie etwa für die Behandlung von erkrankten Mitarbeitern oder für die Maßnahmen in der Region.

Einen Aufruf, den Fleischkonzern zu meiden, hält Heil nicht für den richtigen Weg. "Ich bin nicht für Boykott-Aufrufe", sagte er. Denn die Probleme beträfen nicht nur ein Unternehmen. Auch in anderen Betrieben habe es schon Corona-Ausbrüche gegeben. "Es ist insgesamt etwas in dieser Branche umzukrempeln und aufzuräumen." Deshalb plane er ein Verbot von Werkverträgen in der Fleischbranche.

Kritik von SPD und Grünen

Wird genug dafür getan, um die Ausbreitung des Coronavirus im Kreis Gütersloh einzudämmen? SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty findet das nicht und fordert strengere Beschränkungen. Der Oppositionschef im NRW-Landtag ist zum Beispiel der Ansicht, dass Schwimmbäder wieder geschlossen und Veranstaltungen abgesagt werden sollten. Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) verteidigt hingegen seine Linie, die Beschränkungen nicht im gesamten Kreis hochzufahren.

Grünen-Chefin Annalena Baerbock hat ein Krisentreffen von Bund und Ländern gefordert. Das System der Agrar- und Fleischproduktion müsse sich grundlegend ändern, sagte Baerbock am Montag in Berlin: "Für das Billigfleisch zahlen Arbeiter, Bauern und Tiere einer ganzen Region einen extrem hohen Preis." Schlachthöfe müssten bundesweit sicherer gemacht werden. Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) müsse die Agrar-, Gesundheits- und Arbeitsminister von Bund und Ländern einladen, um für gemeinsame Standards für ganz Deutschland zu sorgen. Die Vorfälle in der Region Gütersloh drohten alles zu gefährden, was man in Deutschland im Kampf gegen das Coronavirus erreicht habe, sagte Baerbock.

Tests im Kreis Gütersloh werden ausgeweitet

In dem vom massenhaften Corona-Ausbruch in Deutschlands größter Fleischfabrik besonders betroffenen Landkreis Gütersloh gehen die Tests heute weiter. Erneut machen mobile Teams in den Städten und Gemeinden Abstriche bei Haushaltsangehörigen von Tönnies-Mitarbeitern und bieten ihnen Unterstützung an. Am Sonntag (21.06.2020) waren 32 solcher Teams im Einsatz. "Wir überlegen, mehr Dolmetscher anzufordern", sagte Kreissprecher Jan Focken. Vertreter der Botschaften von Rumänien, Polen und Bulgarien hatten am Sonntag bei einer Sitzung des Krisenstabs ihre Unterstützung zugesagt.

Außerdem schickt das Robert Koch-Institut (RKI) drei Epidemiologen nach Gütersloh. Das sagte eine Sprecherin heute. Zudem würden 15 sogenannte Containmentscouts das Kreisgesundheitsamt bei der Nachverfolgung von Infektionen unterstützen. Diese Aufgabe übernehmen aber keine Wissenschaftler, sondern Hilfskräfte.

Für die angekündigten kostenlosen Corona-Tests der Bevölkerung des Kreises Gütersloh richtet die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe ein Diagnosezentrum ein. Dies teilte KVWL-Sprecherin Vanessa Pudlo heute in Dortmund mit. Ort, Tag der Eröffnung und Öffnungszeiten stünden noch nicht fest. Ob im Diagnosezentrum eine Anmeldung nötig sein werde, müsse ebenfalls noch geklärt werden. In dem Zentrum sollen niedergelassene Ärzte die Testung von Menschen ohne Symptome einer Covid-19-Erkrankung vornehmen. Die KVWL sei damit vom Landkreis beauftragt worden.

Keine weiteren Fälle bei Westfleisch

Der Kreis Coesfeld hat am Abend die Ergebnisse der Testungen bei Westfleisch in Coesfeld mitgeteilt. Am Freitag (19.06.2020) wurden die Tests unter den Beschäftigten des Westfleisch-Standorts in Coesfeld vorgenommen. In allen 528 Fällen ist das Laborergebnis negativ, es wurde keine Ansteckung mit dem Coronavirus nachgewiesen.

Der Westfleisch-Standort Coesfeld war zuvor wegen zahlreicher Corona-Fälle geschlossen worden. Rund 280 Mitarbeiter waren dort positiv gestetet worden.

Trotz Corona zu Ferienbeginn volle Straßen erwartet

Wegen der Corona-Pandemie haben viele Urlauber ihre Reise storniert. Trotzdem dürfte es am nächsten Wochenende mit Beginn der NRW-Sommerferien wieder voll werden auf den Straßen, warnt der ADAC Nordrhein.

Die höchste Staugefahr bestehe am Freitag (26.06.2020) ab dem Mittag und am Samstag zwischen 11 und 18 Uhr vor allem in Richtung Nord- und Ostseeküste und auf dem Weg in den Süden. Wer flexibel ist, solle zum Beispiel auf Montag oder Dienstag ausweichen, empfielt ADAC-Reiseexperte Roman Suthold.

Zwar erwartet der ADAC wegen der Corona-Krise weniger Auslandsreisen per Flugzeug und dafür mehr Urlaub mit dem Auto in Deutschland und den Nachbarländern. Weil aber wohl viele Urlauber auf längere Reisen verzichten, erwartet der Automobilclub, dass auch der Autoverkehr diesmal weniger sein wird als im vergangenen Jahr.

Quarantäne-Pflicht für Einreisende aus Schweden

Ab heute gilt auch in Nordrhein-Westfalen eine 14-tägige Quarantäne-Pflicht für Einreisende aus Schweden. Hintergrund ist die heute in Kraft getretene aktualisierte Corona-Verordnung des Landes für Ein- und Rückreisende.

Demnach gilt die Quarantänepflicht in NRW von nun an für Einreisende aus Staaten, die das Robert-Koch-Institut als Risikogebiete ausweist. Vorher galt die Pflicht für alle Staaten außerhalb der Europäischen Union, ausgenommen Island, Liechtenstein, Norwegen, die Schweiz und das Vereinigte Königreich.

Schweden gilt als Risikogebiet, weil es dort vergleichsweise viele Infektionen mit dem Coronavirus gibt.

Fünf Schulen in Dortmund müssen schließen

In Dortmund starten für Tausende Schülerinnen und Schüler heute schon die Sommerferien. Drei Berufsschulen, eine Haupt- und eine Grundschule werden geschlossen.

Der Grund: Dort hatte es jeweils einzelne Corona-Fälle gegeben. Laut der Stadt ist es nicht möglich, die Kontakte genau nachzuverfolgen. Eine weitere Grundschule ist schon seit Ende letzter Woche dicht. Betroffen sind insgesamt mehr als 8.000 Kinder und Jugendliche.

Vater ignoriert Regeln - Schüler müssen in Quarantäne

In Mühlheim müssen eine ganze Schulklasse und vier Lehrer in Quarantäne. Der Grund: Ein Vater, der sich mit dem Coronavirus infiziert hatte, schickte seine Kinder trotzdem in die Grundschule. Eigentlich hätte nicht nur er sich in Qurantäne begeben müssen, sondern die ganze Familie, mit der er in einem Haushalt lebt.

Düsseldorfer Halbmarathon abgesagt

Der für den 6. September geplante Düsseldorfer Halbmarathon auf der Königsallee findet wegen der Corona-Pandemie nicht statt. Das teilte der Veranstalter Rhein-Marathon Düsseldorf heute mit. Für die 33. Auflage der Traditionsveranstaltung fehlt laut Renndirektorin Sonja Oberem "aktuell jegliche Planungssicherheit".

Mindestens bis zum 31. August sind in NRW Großveranstaltungen untersagt, eine Verlängerung des Verbots steht im Raum. "Wie ist weitergeht, weiß aktuell niemand. Es ist demnach nicht absehbar, unter welchen Voraussetzungen Veranstaltungen stattfinden dürfen", sagte Oberem weiter.

Asamoah sorgt sich wegen Tönnies-Krise um Schalke 04

Clemens Tönnies muss sich derzeit viele Sorgen machen. In seinem Schlachtbetrieb ist aktuell Deutschlands größter Corona-Ausbruch zu verzeichnen. Von Abstiegssorgen wegen seines Bundesliga-Klubs FC Schalke 04 bleibt er in diesen Tagen hingegen verschont - trotz der 15 sieglosen Spiele in dieser Saison.

Besorgt wegen des Clubs ist allerdings Ex-Profi Gerald Asamoah, der zwischen 2013 und 2015 bei den Schalkern kickte. Er hoffe, dass der Corona-Ausbruch bei Tönnies "keine größeren Auswirkungen" auf den krisengeschüttelten Schalke 04 haben wird, schreibt er in der heutigen Augabe des Fachmagazins "Kicker".

Tönnies ist bereits seit 2001 Aufsichtsratsvorsitzender des Gelsenkirchener Fußballclubs. Schalke 04 belegt derzeit - wenige Wochen vor der Sommerpause - Tabellenplatz 11.

Virus-Reproduktionsfaktor über kritischen Wert gestiegen

Der Virus-Reproduktionsfaktor "R" ist in Deutschland über das Wochenende auch wegen des Corona-Ausbruchs beim Schlachthof Tönnies deutlich über den kritischen Wert von "1" angestiegen.

Das eher auf kurzfristige Änderungen reagierende "4-Tage-R" werde nun auf 2,88 geschätzt, das ausgeglichenere "7-Tage-R" auf 2,03, heißt es im täglichen Lagebericht des Robert-Koch-Instituts. 100 Infizierte stecken damit rechnerisch im Schnitt 288 beziehungsweise 203 neue Personen an und die Zahl der Erkrankten insgesamt nimmt zu.

Licht-Aktion: Veranstaltungsbranche schlägt Alarm

Die Veranstaltungs-Branche will mit der Aktion "Night of Light" auf ihre schwierige Situation in der Corona-Pandemie aufmerksam machen. Während der 72-stündigen Aktion sollen ab heute Abend in mehr als 250 Städten Eventlocations, Spielstätten, Gebäude und Bauwerke mit rotem Licht illuminiert werden - als leuchtende Mahnmale.

Initiiert hat die Aktion der Essener Tom Koperek, Marketingchef einer Kommunikationsagentur. Deutschlandweit werden rund 3.000 Gebäude rot angestrahlt.