Corona-Live-Ticker: "Wir stehen alle unter unglaublichem Stress"

Stand: 20.06.2020, 21:23 Uhr

  • Tönnies weist Vorwürfe zurück
  • Berühren in Heimen wieder erlaubt 
  • Wohnhäuser im Kreis Gütersloh eingezäunt
  • Weitere Soldaten helfen in Rheda-Wiedenbrück
  • Alle Entwicklungen hier im Corona-Live-Ticker
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Was gibt es Neues in Sachen Coronavirus? Hier im Live-Ticker halten wir Sie über die Entwicklungen auf dem Laufenden.

Tönnies weist Vorwürfe zurück

Clemens Tönnies, geschäftsführender Gesellschafter der Fleischfabrik Tönnies, hat sich am Samstagnachmittag überraschend vor die Presse gestellt und Stellung zur Kritik aus der Pressekonferenz des Krisenstabs des Kreises Gütersloh am Mittag genommen. "Wir stehen alle unter unglaublichem Stress", gestand Tönnies und bedankte sich beim "gesamten Team" des Krisenstabs für die "hervorragende Arbeit". Es habe ihn besonders hart getroffen, dass seitens des Krisenstabs das Vertrauen in die Firma Tönnies fehle.

Man würde jetzt drei bis vier Mal pro Woche die Mitarbeiter in Quarantäne mit frischen Lebensmitteln versorgen und täte alles, um Mitarbeiter und Bevölkerung zu schützen, sagte Tönnies. Man habe seit den ersten Ausbrüchen im Mai viele Vorkehrungen getroffen.

Geschäftsführer Andres Ruff widersprach den Aussagen des Krisenstabs, Tönnies habe nicht wie gewünscht kooperiert. Ruff sagte, das Unternehmen habe sich sofort daran gemacht, die 5.000 Datensätze der Mitarbeiter zu besorgen, und würde sich in einer Grauzone in der Datenbeschaffung befinden, da es aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht alle Daten der Mitarbeiter besitzen dürfe. Aus Tönnies' Sicht müsse "in einer Pandemie-Situation der Datenschutz hinten anstehen".

Tönnies wies Spekulationen um einen Rücktritt an der Konzernspitze zurück und versicherte, sich "nicht aus dem Staub" zu machen. Er wolle das Unternehmen aus der Krise führen.

Pressekonferenz Kreis Gütersloh

Nach dem Corona-Ausbruch beim Schlachtereibetrieb Tönnies in Rheda-Wiedenbrück hat der Kreis Gütersloh auf einer Pressekonferenz über die aktuellen Entwicklungen informiert. Unser Live-Ticker zum Nachlesen:

14.58 Uhr: "Egal wie lange es dauert - die Firma Tönnies darf erst dann wieder aufmachen, wenn sie allen Anforderungen zum Schutz vor dem Coronavirus Rechnung trägt", betont Landrat Adenauer. Nachlaufarbeiten sind laut Kuhlbusch unter Arbeitsquarantäne-Bedingungen noch möglich. Das bedeutet, dass die Mitarbeiter sich zwischen Arbeits- und Wohnort bewegen dürfen - ausschließlich.

14.56 Uhr: Zudem müssten sich die Mitarbeiter an die sogenannte Arbeitsquarantäne halten. "Das heißt, die Leute bleiben zu Hause, sie dürfen sich auf direktem Weg zur Arbeit begeben und arbeiten. Müssen aber auch auf direktem Weg wieder nach Hause", so Kuhlbusch.

14.53 Uhr: Der Betrieb in Rheda-Wiedenbrück sei aber noch nicht komplett geschlossen worden. Derzeit dürfe dort aber nur noch unter sehr reduziertem Personaleinsatz gearbeitet werden, so Kuhlbusch.

14:50 Uhr: Dafür habe man noch einmal Flyer in drei Sprachen erstellt, um die Mitarbeiter zu informieren. "Wir haben eine spezielle Hotline geschaltet", so Kuhlbusch. "Wir wollen diese Menschen nicht allein lassen."

14.45 Uhr: Wichtiger als einen Schuldigen zu finden ist laut Kuhlbusch aktuell, "die Lage in den Griff zu kriegen und die Leute zu versorgen".

14.45 Uhr: "Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser", antwortet der Krisenstabsleiter auf die Frage, warum kein Vertreter der Firma Tönnies an der Pressekonferenz teilnehme. "Die konnten sich über Wochen erklären und haben das auch getan", so Kuhlbusch. Man werde dem Unternehmen aber nicht blind vertrauen. "Wir brauchen keinen Vertreter der Firma Tönnies."

14.43 Uhr: Auch wenn man über der Zahl von 50 Neuinfizierten pro 100.000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen läge, wolle der Kreis "keine Zahlen verschleiern", um Konsequenzen zu verhindern, erklärte Kuhlbusch.

14.42 Uhr: Nach den Tests bei Tönnies will der Kreis Gütersloh auch die Mitarbeiter der Subunternehmer durchtesten. "Wir werden dort alle Personen abstreichen", sagte Kuhlbusch.

14.39 Uhr: Einige der Infizierten Mitarbeiter sollen jetzt in mehreren Wohnungen der Firma Tönnies untergebracht werden, sagte Kuhlbusch. Über diese würden dann aber die Behörden verfügen. Diese Wohnungen haben bislang leer gestanden.

14.35 Uhr: Darauf seien die Behörden gemeinsam am Freitagabend in die Konzern-Zentrale gegangen, sagte Adenauer. Seit 1.30 Uhr in der Nacht lägen nun 1.300 Adressen von Wohnungen allein für den Kreis Gütersloh vor, wie der CDU-Politiker sagte.

14.30 Uhr: "Wir haben gestern eine Adressliste von der Firma bekommen, da haben bei 30 Prozent der Mitarbeiter die Adressen gefehlt", begründet Krisenstabsleiter Thomas Kuhlbusch den Schritt, eine Ordnungsverfügung zu erlassen.

14.26 Uhr: Kuhlbusch: "Das Vertrauen, das wir in die Firma Tönnis setzen, ist auf Null."

14.25 Uhr: Durch die Mitarbeiter-Listen gebe es eine deutliche bessere Übersicht, wer wo wohnt, sagte Kuhlbusch. Die Personallisten seien lange Zeit ein Dunkelfeld gewesen, das nunmehr offenliegt.

14.22 Uhr: Um die Kontakte der Mitarbeiter der Firma Tönnies nachverfolgen zu können, hat der Kreis eine Ordnungsverfügung erlassen, mit der Tönnies am Freitagabend die Personallisten herausgeben mussten. Das habe Tönnies "nach guten Zureden" nicht machen wollen, so Kuhlbusch.

14.18 Uhr: In den nächsten Tagen will man sehen, wie weit sich die Infektion von diesem Hauptinfektionsherd über das Firmengelände ausgebreitet hat. Insgesamt arbeiten rund 7.000 Menschen bei Tönnies in Rheda-Wiedenbrück.

14.15 Uhr: 5.800 Abstriche von Mitarbeitern der Firma Tönnies seien bislang gemacht worden, erklärte Thomas Kuhlbusch, der Leiter des Krisenstabs. Der Hotspot liegt demnach in der Fleischzerlegung, wo zwei Drittel der Mitarbeiter infiziert seien. "Das ist erschreckend", so Kuhlbusch.

14.12 Uhr: "Die oberste Priorität des Kreises Gütersloh ist, den Ausbruch der Pandemie einzudämmen und einen Shutdown zu verhindern" stellte der Landrat das Ziel des Kreises heraus.

14.10 Uhr: Inzwischen liegen dem Kreis alle 1.300 Wohnadressen der Mitarbeiter vor. Die Polizei unterstütze die Ordnungsämter bei der Überwachung der Quarantäne, so Adenauer.

14.08 Uhr: Bis heute habe man 3.127 Mitarbeiter der Fleischfirma Tönnies auf Corona getestet. 1.029 seien positiv auf SARS-CoV-2 getestet worden. Am Freitag waren es noch 830 positive Befunde. "Der Anstieg ist aber nicht mehr so stark, wie in den vergangenen Tagen", sagte Adenauer.

14.05 Uhr: Nach Informationen des Gütersloher Landrats Sven-Georg Adenauer (CDU) arbeiten alle Mitarbeiter des Kreises rund um die Uhr an der Bewältigung der Situation. "Das übersteigt das Besteck, das ein Landkreis zur Verfügung hat", so Adenauer. Noch habe man aber die Chance einen lokalen Lockdown zu verhindern.

Berühren in Heimen wieder erlaubt 

In den Alten- und Pflegeheimen in NRW kehrt bald wieder ein Stück Normalität ein. Ab 1. Juli können die Bewohner von Angehörigen und Freunden auch wieder auf ihren Zimmern besucht werden – und zwar täglich, das kündigte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) am Samstag in der Aktuellen Stunde an.  

Besucher dürften ab kommenden Monat auch wieder mit Heimbewohnern spazieren gehen. Das habe die Landesregierung zwar nie verboten, aber in manchen Einrichtungen sei dies von der jeweiligen Leitung angeordnet worden. Pflicht bleibe es jedoch, dass Bewohner wie Besucher – egal, ob sie sich im Zimmer, im Aufenthaltsraum oder zum Spazierengehen treffen - einen Mund-Nasen-Schutz sowie gegebenenfalls Einmal-Handschuhe tragen.

Wohnhäuser im Kreis Gütersloh eingezäunt

Im Fall um den Corona-Ausbruch im Fleischkonzern Tönnies sind am Samstag in Verl-Sürenheide im Kreis Gütersloh drei große Wohnhäuser sowie mehrere kleinere Mehrfamilienhäuser mit Bauzäunen umstellt worden. Das sagte eine Sprecherin der Stadt Verl dem WDR. In den Gebäuden leben 650 Personen, darunter 270 Tönnies-Mitarbeiter. Nach WDR-Informationen sollen mehr als 100 von ihnen positiv auf Corona getestet worden sein.

"Wir haben hier eine Quarantäne-Zone eingerichtet", sagte Verls Bürgermeister Michael Esken (CDU) dem WDR.

Die Bewohner der Gebäude könnten vor ihre Haustüren treten und frische Luft schnappen, müssten sich aber innerhalb der Zäune aufhalten, erklärte Esken. Die Straße werde dem Quarantäne-Bereich zugeordnet, der von einem privaten Sicherheitsdienst kontrolliert werde.

Bürgermeister von Rheda-Wiedenbrück vor "riesiger Aufgabe"

Theo Mettenborg (CDU), Bürgermeister von Rheda-Wiedenbrück, sieht seine Stadt vor "einer riesigen Aufgabe". Im Gespräch mit dem WDR erklärte er, dass es heute ein Treffen mit Vertretern von Tönnies-Subunternehmern geben wird. In Rheda-Wiedenbrück befinden sich derzeit 308 Tönnies-Mitarbeiter mit Werkverträgen in Quarantäne. Bei der Lagebesprechung gehe es unter anderem um die Unterstützung bei der Versorgung mit Lebensmitteln für diese Mitarbeiter.

Mettenborg sagte, die Stadt würde die Quarantänemaßnahmen kontrollieren. Dies sei allerdings schwierig, weil die Mitarbeiter andere kulturelle Hintergründe hätten und zum Teil die Notwendigkeit häuslicher Quarantäne nicht einsehen würden. Im Gespräch mit den Subunternehmen ginge es deshalb auch darum, dass täglich mit den Mitarbeitern gesprochen werde und ihnen die notwendigen Hinweise gegeben würden. Mettenborg betonte in dem Gespräch, dass die Mitarbeiter nicht schuld an der Lage seien.

Weitere Bundeswehrsoldaten in Rheda-Wiedenbrück

Die Bundeswehr hat ihren Einsatz am Werk des Schlachtereibetriebs Tönnies in Rheda-Wiedenbrück ausgebaut. "Wir haben noch 40 weitere Soldaten hinzu geholt", sagte heute Bundeswehrsprecher Uwe Kort. "20 davon helfen bei der Dokumentation und 20 helfen bei der Kontaktpersonennachverfolgung."

Die Kräfte würden gemeinsam mit medizinischem Personal und Mitarbeitern des Kreises Gütersloh Unterkünfte abfahren und dort Menschen testen. Laut Kort sprechen die Soldaten osteuropäische Sprachen, um sich mit den Arbeitern verständigen zu können. Bereits am Freitag waren insgesamt 25 Soldaten in Rheda-Wiedenbrück eingetroffen.

Abi-Feiern ab heute wieder erlaubt

Ab heute sind Abi-Partys und andere Abschlussfeiern wieder erlaubt - allerdings ohne Eltern. Dies geht aus der neuen Coronaschutz-Verordnung des Landes hervor, die am Freitag (19.06.2020) veröffentlich wurde. Minderjährige müssen eine Einverständniserklärung ihrer Erziehungsberechtigten mitbringen, jede Party muss mindestens zwei Tage vorher bei den Gesundheitsbehörden angemeldet werden. Die Partys können allerdings verboten werden, wenn es vor Ort einen Corona-Ausbruch gibt.

Erlaubt sind "ausschließlich interne und jeweils einmalige selbst organisierte Feste von Schulabgangsklassen oder -jahrgängen außerhalb von Schulanlagen und Schulgebäuden", wenn sichergestellt ist, dass nur die jeweiligen Schüler der Klasse oder des Jahrgangs kommen.

Karl Lauterbach kritisiert Maßnahmen im Tönnies-Betrieb

SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach hat gestern Abend in "WDR aktuell" die Vorgehensweise im Zusammenhang mit den Corona-Fällen in Tönnies-Betrieben hart kritisiert. Es sei lange bekannt, dass "Fleischfabriken gefährlich" seien und dort "nicht sauber gearbeitet" würde. Ein Corona-Ausbruch in diesen Dimensionen sei nur möglich, "wenn es gravierende Verstöße gegen Hygienevorschriften gegeben hat."

Lauterbach plädierte dafür, den Betrieb sofort zu schließen, die Quarantäne der Mitarbeiter sicherzustellen und umfassender auf Corona-Infektionen zu testen.

Düsseldorf räumt Teile der Altstadt

Mit Unterstützung der Polizei hat das Düsseldorfer Ordnungsamt gestern Abend die Kurze Straße und die Freitreppe am Burgplatz geräumt. Insgesamt war die Polizei mit den Besatzungen von sieben Streifenwagen im Einsatz. Beide Orten waren so voll, dass die Besucher die Mindestabstände nicht mehr einhalten konnten.

Corona-Ausbruch laut Habeck "eine Katastrophe mit Ansage"

Der Corona-Ausbruch in einem Tönnies-Schlachtbetrieb erhitzt die Gemüter. Für Robert Habeck, Bundesvorsitzender der Grünen, ist es "in gewisser Hinsicht eine Katastrophe mit Ansage. Nicht nur, weil die Unterkunftsbedingungen skandalös sind, sondern auch die Arbeitsbedingungen in der Fleischzerlegerei so sind, dass die Leute Schulter an Schulter arbeiten. Es ist sehr dicht, sehr kalt, ideale Bedingungen für Corona", sagte Habeck gestern Abend in der "Aktuellen Stunde".

Corona decke auf, "was wir alle schon hätten wissen können", betonte der Grünen-Politiker. "Erst durch das grelle Licht von Corona, weil wir als Gesellschaft betroffen sind, gibt es eine öffentliche Debatte." Diese Debatte könne nun zu Veränderungen führen.