Wer soll zuerst geimpft werden? Wann dürfen Schulen weiter öffnen? Wie rettet man die Wirtschaft? Und immer wieder der Blick auf den Inzidenzwert: Die Politik ringt täglich aufs Neue um den richtigen Umgang mit der Pandemie. "Die Schulen öffnen wir nur, um schwere Schäden aufzufangen", sagte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) am Dienstag bei der – verspäteten – "Jahresauftaktpressekonferenz" in Düsseldorf.
Die Infektionszahlen stagnieren, der erwartete Rückgang lässt auf sich warten. Gleichzeitig wird der Druck aus Wirtschaft und darbender Kultur immer größer. Bei der Impfkampagne ist längst ein giftiges Zerren um die ersten Plätze in der Priorisierungsliste ausgebrochen. "Vorsichtig bleiben" sei das Gebot der Stunde, sagte Laschet, und gleichzeitig müsste "eine Debatte" über Perspektiven für Unternehmer, Selbstständige und die Kultur geführt werden. Das sagt alles und nichts.
Alle erwarten Öffnungsperspektiven
Denn diese Debatte wird seit Monaten geführt, Forderungen nach "klaren Perspektiven" kommen von allen Seiten. Jetzt funken unberechenbare Virusmutationen dazwischen. Laschet wirkte genervt. Am Nachmittag, so teilte er mit, stehe ein Gespräch mit Vertretern des Handels an – die ebenfalls wissen wollen, wie es weiter geht.
Von der Ministerpräsidentenkonferenz in der kommenden Woche erwarte er jedenfalls neue Perspektiven in der Corona-Pandemie, sagte Laschet: "16 Länder erwarten, dass wir eine Öffnungsstrategie vorlegen, dass eine Perspektive erkennbar ist: wo wird es hingehen."
Zumindest das sei klar: Weitere Öffnungen seien nur in Verbindung mit gezielten "Schutzmechanismen" denkbar. Dazu gehörten erstens Schnelltest. Es sei gut, dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) "das vorantreibt". Dass Spahn gerade zurückrudern musste mit seiner Ankündigung für den Start mit den Schnelltest am 1. März erwähnte Laschet nicht.
App Luca soll Fortschritt bringen
Zweitens müsse man "technische Möglichkeiten" nutzen. Gerade eben habe er noch mit Smudo von den Alt-Hip-Hoppern der "Fantastischen Vier" telefoniert. Er hat zusammen mit anderen die App Luca entwickelt hat, über die sich Besucher von Restaurants, aber auch Konzertsälen oder Fußballstadien schnell zur Kontaktverfolgung registrieren können. Er hoffe, dass solche Technologien positiven Einfluss auf die Ministerpräsidentenkonferenz in der nächsten Woche haben.
Drittes Element: die Impfungen. Anfang März werden in NRW alle aus der ersten Priorisierungsgruppe geimpft sein, so Laschet. Endlich, könnte man hinzufügen. In Wuppertal sei die Produktion des – noch nicht, aber wohl bald zugelassenen – Impfstoffs von Curevac zusammen mit Bayer angelaufen.
Stamp: "Nach Ankündigungen oft Enttäuschung"
Deutlich gedämpfter klang da Vize-Ministerpräsident Joachim Stamp (FDP): Es gebe "kein Drehbuch" für eine Pandemie, bekannte er, man könne nur "auf Sicht fahren" und dabei versuchen, Risiken auszuschließen. Stamp bremste dann auch die von Laschet zuvor versuchte Begeisterung für den baldigen Start der Schnelltest: "Wir wissen nicht, wie schnell das gehen wird." Aber wenn sie einmal kämen, seien "ganz neue Schritte" möglich, auch im Handel. Die Ankündigung von genauen Daten habe aber meist zu Enttäuschungen geführt.
Stamp hatte vor zwei Wochen überraschend einen eigenen, persönlichen Plan zu Öffnungen vorgelegt, der sich ausdrücklich nicht mehr nur an den vielbeschworenen Inzidenzwert klammert. Der Plan sei mit niemandem abgestimmt worden, hatte Stamp dazu gesagt. In den folgenden Tagen tauchten plötzlich auch in anderen Bundesländern solche Stufenpläne auf. Er freue sich, sagte Stamp, dass das Modell auch "Eingang in die Überlegungen beim Bund" gefunden hätte.
Wenn genügend Impfstoff da ist, könnten auch Hausärzte und sogar Zahnärzte impfen, sagte Laschet. Das jetzt schonmal vorzubereiten, hält er aber offenbar nicht für nötig: "So weit sind wir noch nicht." Man fährt auf Sicht.
Relativ in den Hintergrund trat da die Botschaft Laschets, dass sich NRW nun ziemlich sicher für die Olympischen Spiele 2032 bewerben wird – als einziger Standort in Deutschland.