Bereits das vergangene Jahr war für Schüler und Schülerinnen chaotisch: Im Wechsel von Präsenz- und Distanzunterricht gingen insgesamt fast drei Monate Schulunterricht verloren – weswegen am Schuljahrsende alle Kinder und Jugendlichen in die nächste Klasse versetzt wurden.
Im laufenden Jahr herrscht immer noch Corona-Alarm – trotzdem hat Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) entschieden, dass es "automatische" Versetzungen diesen Sommer nicht mehr geben soll. Allerdings können versetzungsgefährdete Schüler zusätzliche Nachprüfungen machen. Und: Es werde keine "blauen Briefe" geben. Schlechte Leistungen in nur einem Fach bedeuten dieses Jahr noch kein Sitzenbleiben.
Eltern entscheiden nach der sechsten Klasse
Eine weitere Ausnahme, die nur in diesem Schuljahr gelten soll: Die Entscheidung, ob ein Kind nach der sechsten Klasse auf dem Gymnasium bleibt oder an eine andere Schulform wechseln muss, können die Eltern treffen. Bislang entschied das die Schule.
Unterdessen hat die Landeselternschaft NRW ihre Sorge über die entstandenen Wissenslücken bei Schülerinnen und Schülern geäußert. Der Verband hatte dazu eine nicht repräsentative Umfrage bei Schulleitern und Eltern an Gymnasien gestartet, an der 230 Schulen und 41.000 Eltern teilgenommen hatten.
Untersuchung der Wissenslücken
80 Prozent der Schulleitungen an Gymnasien rechneten demnach fest mit einer deutlichen Wissenslücke, besonders bei den jüngeren Jahrgängen, sagte Landeselternschaftsvorsitzende Jutta Löchner am Mittwoch. Unter den befragten Eltern dagegen sähen 40 Prozent keine Defizite bei ihren Kindern. Ein einheitliches Bild lasse sich nicht erheben. Die Landeselternschaft fordere daher eine Evaluation durch das Schulministerium.
Diesen Gedanken wolle sie "gerne aufnehmen", sagte Schulministerin Gebauer später in der Pressekonferenz.
Nachholkurse in den Ferien
Dass das Schulministerium nun offenbar keine "automatische" Versetzung mehr plant wie im vergangenen Jahr, dürfte den Elternverband beruhigen: Über die Hälfte der befragten Schulleitungen hätten davor gewarnt, sagte Löchner. Schüler könnten sich dann in der trügerischen Sicherheit wiegen, den Anforderungen zu entsprechen, "obwohl das möglicherweise nicht der Fall sei".
Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) hatte bereits angekündigt, 36 Millionen Euro für Nachholprogramme bereitzustellen. Allein das Geld reiche aber nicht, sagte Elternvertreterin Löchner: "Es braucht Konzepte, wie solche Kurse in den Schulen stattfinden können", es müsse geklärt werden, dass die Lehrer selber diesen Extra-Unterricht geben. Diese Mehrarbeit wiederum müsse auch abgegolten werden – etwa über Arbeitszeitkonten oder Abmachungen mit Option auf früheren Ruhestand.
Zur diese Woche gestarteten Rückkehr in den Präsenzunterricht für Teile der Schülerschaft äußerte Löchner reines Unverständnis: "Das ist logisch nicht nachvollziehbar." Dass Klassen jetzt mitten in der Pandemie in voller Stärke wieder in ihren alten Räumen zusammensäßen halte sie für "nicht vertretbar".
SPD für automatische Versetzung
Der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Jochen Ott, erklärte am Mittwoch, die Umfragen der Landeselternschaft der Gymnasien offenbarten die "Planlosigkeit des Schulministeriums in dieser Pandemie". Die SPD plädiere für eine weitere automatische Versetzung.