"Was machst Du denn hier?" - "Ich wohne hier!" - "Aber doch nicht jetzt, um diese Zeit!"
Wie Herr Lohse in Loriots Film "Pappa ante Portas" verbringen derzeit viele ihre Zeit zu Hause. Doch anders als im Film sind wir nicht im Ruhestand, sondern im Homeoffice, in Kurzarbeit oder im schlimmsten Fall arbeitslos. Es gibt kaum Ablenkung durch Freunde und Freizeit. Was macht das mit Partnerschaften? Ein Gespräch mit dem Hamburger Paartherapeuten Eric Hegmann.
WDR: Hat Corona Schuld, wenn die Beziehung kriselt?
Eric Hegmann: Eher selten. Wir haben Studien zu Beginn der Pandemie gemacht und Paare gefragt, wie sie ihre Zukunft sehen. Paare, die gesagt haben, wir sind uns nicht sicher, ob unsere Beziehung das aushalten wird, sind oft tatsächlich gescheitert. Möglicherweise hat die Pandemie nur vorweggenommen, was irgendwann sowieso passiert wäre.
Paartherapeut Eric Hegmann
Eric Hegmann, Jahrgang 1966, arbeitet in Hamburg als Paartherapeut, Single-Coach und Autor. Er bietet bundesweit Video-Beratung für Singles und Paare an. Hegmann hat über ein Dutzend Bücher zu Liebe, Partnerschaft und Partnersuche veröffentlicht. Zudem unterstützt er seit über 15 Jahren als Berater die Partneragentur Parship, ist Chefredakteur des Online-Magazins "beziehungsweise" und Gründer der Modern Love School.
WDR: Gibt es auch Paare, denen Corona guttut?
Hegmann: Oh ja! Die fühlen sich mehr miteinander verbunden. Sie haben den Eindruck, sie haben zusammen eine Krise als Team gemeistert. Das führt dazu, dass diese Paare sehr optimistisch in die Zukunft blicken, weil sie der Meinung sind, egal was das Schicksal noch im Ärmel hat - damit werden wir dann schon zurechtkommen.
WDR: Gilt das generell für Krisen?
Hegmann: Ja! Krisen schweißen Menschen eher zusammen, als dass sie trennen. Es ist natürlich die Kunst, das zu erkennen. Legen wir den Fokus auf das, was uns fehlt, was uns trennt, oder auf das, was wir haben, wofür wir dankbar sein können?
WDR: Sind Paare also dankbar für die viele Zeit, die sie durch Lockdown und Homeoffice zusammen verbringen?
Hegmann: Nicht unbedingt. Beim Homeoffice lernt man seinen Partner von einer neuen Seite kennen, die man vielleicht nicht mag. Man hört, wie er oder sie mit den Kollegen am Telefon oder in der Videokonferenz redet. Vielleicht bekommt man Dinge mit, die besser im Büro geblieben wären?
WDR: Wie wirkt sich Corona auf das Sexleben aus?
Hegmann: Vielleicht ist die Leidenschaft bei einigen ein bisschen weniger geworden. Bei anderen ist es aber genau andersherum. Die können endlich ihre Fantasie vom Sex in der Mittagspause umsetzen.
WDR: Was raten Sie Paaren generell?
Hegmann: Es gibt die hilfreiche und getestete "Fünf-zu-eins-Formel". Das bedeutet, es braucht fünf positive Impulse, um einen negativen Impuls auszugleichen. Je freundlicher Partner miteinander umgehen, umso leichter wird es ihnen später fallen, mit Krisen, in denen es mal nicht so freundlich und vielleicht auch verletzend wird, umzugehen.
Das Interview führte Susanne Schnabel.