NRW: Große Unterschiede bei Corona-Bußgeldern

Stand: 30.06.2020, 10:30 Uhr

  • WDR-Recherche zu Zwischenbilanz der Ordnungsämter
  • "Knöllchen" vor allem wegen Kontaktbeschränkungs-Verstößen
  • Köln: Verständnis in der Bevölkerung schwindet
  • Bonner Einnahmen gehen an Corona-Geschädigte

Von Peter Schneider

Kontaktbeschränkung nicht eingehalten: 200 Euro, Grillen in großer Runde im Park: 250 Euro - wer gegen Corona-Regeln verstößt, kann kräftig zur Kasse gebeten werden. Am vergangenen Wochenende (27./28.06.2020) war das vielen Feiernden egal: Unter anderem in Bonn, Köln, Düsseldorf und Essen mussten größere Menschenansammlungen aufgelöst werden.

Stichprobe in NRW-Städten

Offenbar reagieren immer mehr Menschen mit Unverständnis auf die Anordnungen von Polizei und Ordnungsamt, je länger die Krise anhält. Doch die Ordnungsämter sind nicht überall gleich stark gefordert. Eine WDR-Stichprobe in zwölf NRW-Städten zeigt: Die Zahl der geahndeten Verstöße variiert seit Mitte März deutlich. Damals traten die inzwischen deutlich gelockerten Corona-Kontaktbeschränkungen in Kraft.

Mehr als 500.000 Euro beispielsweise landeten durch 2.483 Bußgeld-Bescheide zwischen Mitte März bis zum 19. Juni in der Stadtkasse von Duisburg. Im gleichen Zeitraum schrieben die Ordnungsamtsmitarbeiter in Bielefeld nur 67 "Knöllchen" wegen Verstößen gegen die Corona-Regeln.

Die Datenlage

Befragt wurden die zehn größten Städte NRWs sowie Aachen und Siegen als WDR-Studiostandorte.

Gefragt haben wir unter anderem nach der Anzahl der Bußgeldbescheide, der Höhe der Bußgelder und den möglichen Schwerpunkten der Kontrollen durch das Ordnungsamt.

Als Zeitraum für die angefragten Zahlen hatten wir die Zeit zwischen dem Beginn der Kontaktbeschränkungen am 16. März bis zum 31. Mai angegeben. Die Städte Bielefeld (26.6.), Köln (22.6.) und Duisburg (19.6.) lieferten die Daten bis zu einem späteren Zeitpunkt. Daher haben wir kein Ranking erstellt.

Kontaktbeschränkungen nicht eingehalten

Auch wenn die Zahlen weit auseinander liegen: Verstöße gegen die Kontaktbeschränkungen machten überall das Gros der Bußgeld-Gründe aus. Der Rest der Verstöße verteilt sich in den befragten NRW-Städten in der Regel auf nicht eingehaltene Regeln in Gastronomie oder Handel.

Viele Überstunden, aggressive Reaktionen

Das Kölner Ordnungsamt hat in den vergangenen drei Monaten mehr als 4.500 Verstöße festgestellt - aber bislang nur 859 Bußgeld-Bescheide verschickt. "Alle weiteren dokumentierten Verstöße befinden sich in Bearbeitung bei der Bußgeldstelle", so die Stadt in einer Mitteilung. Sie würden "im Rahmen der personellen Möglichkeiten" abgearbeitet.

Die Mitarbeiter seien seit Ende März stark gefordert gewesen, heißt es in einer Bilanz der Stadt: "Während sich die Bevölkerung zu Beginn gegenüber den einzuhaltenden Regelungen verständnisvoll und regelkonform zeigte, stiegen mit den ersten Lockerungen die Widerstände."

Entspannte Situation in Münster und Siegen

Sind die Menschen in Münster und Siegen einsichtiger, oder hat das Ordnungsamt anders auf Verstöße reagiert? "Es ist sicherlich eine Mischung aus beidem", sagt eine Sprecherin der Stadt Siegen und zitiert Ordnungsdezernent Arne Fries: "Die ganz große Mehrheit der Siegener Bürgerinnen und Bürger hält sich vorbildlich an die derzeit geltenden Regeln. Wir stoßen überwiegend auf Verständnis und Einsicht."

Ähnlich auch die Einschätzung in Münster. Der Ordnungsdienst habe verstärkt auf Information und Aufklärung gesetzt.

Bonner Sonderweg: Einnahmen landen nicht in der Stadtkasse

Die Bußgeld-Einnahmen fließen jeweils in den Stadthaushalt. Ausnahme Bonn: Dort sollen die Bußgelder an Bonner ausgezahlt werden, die wirtschaftlich besonders von der Corona-Pandemie getroffenen wurden.