Eine Person sammelt Spenden mit einer Spendenbüchse

Spendenbereitschaft sinkt in ganz Deutschland - in NRW steigt sie

Stand: 09.02.2024, 11:00 Uhr

Offenbar ist niemand so spendabel wie wir! Nach besonders hohen Spendeneinahmen in den Jahren nach Corona sind die Deutschen allgemein etwas zurückhaltender. Die Ausnahme ist NRW: Während die Spenden 2023 bundesweit um 12 Prozent zurückgegangen sind, sind sie bei uns sogar noch einmal gestiegen.

Im Gesamtjahr 2023 spendeten die Deutschen rund 5 Milliarden Euro, wie der Deutsche Spendenrat heute in Berlin bekannt gab. Das sind etwa 700 Millionen Euro beziehungsweise 12 Prozent weniger als im Vorjahr. Die Spendeneinnahmen entsprechen in etwa denen der guten Spendenjahre 2017 und 2019 und sind somit nach Ansicht des Spendenrates "guter Durchschnitt". Nach drei sehr erfolgreichen Jahren normalisierten sich die Geldspendeneinnahmen wieder.

"Die Normalisierung der Geldspendeneinnahmen auf das Niveau der Jahre 2017 oder 2019 war mit Blick auf die großartigen Unterstützungsleistungen im Zusammenhang mit der Ahrtal-Katastrophe und dem beginnenden Krieg gegen die Ukraine in den Jahren 2021 und 2022 zu erwarten." Martin Wulff, Geschäftsführer des Deutschen Spendenrats e.V.
Martin Wulff, neuer Geschäftsführer Deutscher Spendenrat e.V., steht bei einem Pressetermin in einem Büro

Martin Wulff, Geschäftsführer Deutscher Spendenrat

NRW ist einsamer Spitzenreiter

Zum ersten Mal hat der Spendenrat bei seiner sogenannten "Bilanz des Helfens" auch Zahlen zum Spendenverhalten der einzelnen Bundesländer veröffentlicht. Besonders überrascht war er über die Zahlen für Nordrhein-Westfalen.

Im bevölkerungsreichsten Bundesland spendeten die Menschen nun das vierte Jahr in Folge rund eine Milliarde Euro. Im Vergleich zum durchschnittlichen Vor-Corona-Jahr 2019 gab es bei der Höhe der gesamten Geldspenden einen Zuwachs von 34 Prozent. Und: Gegen den Bundestrend konnte NRW im Vergleich der Jahre 2022 und 2023 noch um 5 Prozent auf nun 1.081 Milliarden Euro zulegen.

Zum Vergleich: In Bayern und Baden-Württemberg gingen die Geldspenden nicht nur im Vergleich mit den von Krisen geprägten "Katastrophenjahren" 2021 und 2022, sondern auch im Vergleich mit den letzten sechs bis acht Jahren zurück.

Die Ältesten spenden am meisten

Den größten Anteil am Spendenaufkommen haben nach wie vor die Über-60-Jährigen, sie haben fast zwei Drittel (61 Prozent) der gesamten Summe gespendet. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gibt es aber auch in dieser Altersgruppe 422.000 Spender weniger (-5 Prozent) und es wurden 409 Millionen Euro weniger gespendet (-12 Prozent).

Humanitäre Hilfe erhält Hauptanteil der Spenden

Am meisten spendeten die Menschen weiter für die Humanitäre Hilfe, also eine Hilfe für Menschen in Notlagen. Nach Einnahmen in Höhe von 4,331 Milliarden Euro im Jahr 2022, wurden in dem Bereich im Jahr 2023 Einnahmen in Höhe von 3,753 Milliarden Euro verzeichnet. Das ist mit 75,2 Prozent (Vorjahr 76,4 Prozent) weiter der Hauptanteil am Gesamtspendenvolumen.

Die sofortige Not- und Katastrophenhilfe wie zum Beispiel bei Naturkatastrophen wie Flut und Erdbeben hat mit minus 35 Prozent die größten Rückgänge beim Spendenvolumen zu verzeichnen. Mit 929 Millionen Euro wurde in dem Bereich aber immer noch wesentlich mehr gespendet als im Jahr 2019 (576 Millionen Euro).

Weniger Spendeneinnahmen für Flüchtende

Auch für Geflüchtete gingen die Spendeneinnahmen bundesweit zurück, was laut Spendenrat vor allem an den vielen Spenden während des Beginns der Ukraine-Invasion liegt. Mit 459 Millionen Euro liegen sie immer noch knapp ein Drittel höher als 2019 (351 Millionen Euro). Im Jahr der beginnenden Ukraine-Invasion 2022 wurden jedoch 1,133 Milliarden Euro gespendet.

Spendenrat: Teuerung spürbar

Nahaufnahme von Martin Wulffs Händen, Geschäftsführer Deutscher Spendenrat e.V., welcher eine Spendendose in den Händen hält.

Insgesamt kann der Spendenrat zwar wieder eine beeindruckende Summe verkünden, aber es wird weniger und es sind vor allem die alten Menschen, die spenden. Nach Ansicht von Martin Wulff, dem Geschäftsführer des Spendenrats, spüre jeder im Land die Teuerung der vergangenen zwei Jahre und stelle sich darauf durch eine Fokussierung auf das persönlich Notwendige ein.

"Die Frage, ob man sich bestimmte Dinge noch leisten kann, mussten viele Menschen immer häufiger mit einem Nein beantwortet. Diesem Pragmatismus fallen in Teilen auch die Spenden an Hilfsorganisationen zum Opfer." Martin Wulff, Geschäftsführer des Deutschen Spendenrats e.V.

Die geleisteten Spendenleistungen seien vor diesem Hintergrund umso bemerkenswerter, so Wulff.