Sean Connery als James Bond.

60 Jahre James Bond: Eine Frau wird ihm nicht folgen

Stand: 04.10.2022, 19:48 Uhr

James Bond steht für vieles: schnelle Autos, harte Kerle, sexistische Sprüche, elegante Smokings. Nach 60 Jahren ist Geheimagent 007 tot. Bond-Experte Morgenstern sagt im WDR-Interview: Eine Frau wird ihm sicher nicht folgen.

Am 5. Oktober vor 60 Jahren feierte der erste Bond-Film in London Weltpremiere. Sean Connery jagte Dr. No und machte den Satz "Mein Name ist Bond. James Bond" zum Kult. Ein Interview mit James-Bond-Experte und Autor Danny Morgenstern.

WDR: Wie erklären Sie sich den Erfolg der James-Bond-Filme - obwohl die Hauptfigur doch Frauen eher schlecht behandelt hat?

Morgenstern: Sean Connery als erster James-Bond-Darsteller hat die Frauen ein bisschen unglücklich behandelt aus heutiger Sicht – aber James Bond hat sich weiterentwickelt. Und dadurch, dass er sich immer weiterentwickelt und anpasst, wirkt er auch immer aktuell. Deshalb hat er den durchgehenden Erfolg.

WDR: Das, was sie noch so zurückhaltend beschreiben, würde einem heutigen James-Bond-Darsteller einen richtigen #MeToo-Fall einhandeln. Er hat in der frühen Phase Frauen massiv bedrängt, auch schon mal geschlagen, hinzu kommen sexistische Sprüche. Das ginge heute nicht mehr. Was machen wir denn Ihrer Ansicht nach mit den alten Bond-Filmen?

Morgenstern: Es sind Filme, die für ihre Zeit stehen damals. Dadurch, dass sich das Ganze weiterentwickelt hat, kann man heute noch einen alten James-Bond-Film gucken und sagen: Okay, damals ging das noch. Aber heute ist das nicht möglich. Wenn man sich die Statistik anguckt, hat er in vier Filmen Frauen geohrfeigt, aber mittlerweile hat er auch schon vier Ohrfeigen von Frauen bekommen, in dieser Hinsicht steht es also 1:1.

WDR: Was sind denn die James-Bond-Filme ihrer Ansicht nach? Krimis oder Sittengemälde ihrer jeweiligen Zeit? Oder sind das eher Märchen, und sind wir vielleicht deshalb so nachsichtig mit der Hauptfigur?

Morgenstern: Definitiv sind es Märchen für Erwachsene, und so hat es James-Bond-Erfinder Ian Fleming auch erdacht. Ursprünglich kam Fleming vom Geheimdienst, aber als er die Figur des James Bond erfunden hat, da wollte er etwas Phantastisches erschaffen. Alles das, was er als Verheirateter nicht konnte, lässt er diesen Mann machen. Er lässt ihn rumlaufen, schnelle Autos fahren, mit vielen Frauen schlafen. Letztendlich hat er seine geheimsten Wünsche niedergeschrieben, und das ist verfilmt worden.

WDR: Abgesehen vom Verhältnis zu Frauen, in welcher Hinsicht hat sich die Figur James Bond über die Jahre am meisten verändert?

Morgenstern: James Bond hat über die Jahre einen weichen Kern bekommen. Zunächst Sean Connery als der Macho, den nichts irgendwas anhaben konnte. Dann ging es weiter mit Roger Moore als Bond-Darsteller – der hat der ganzen Figur eine eher humorartige Note gegeben. Und wenn wir uns mal die ganz neuen Filme angucken, die letzten fünf mit Daniel Craig – da sehen wir James Bond sogar mal weinen.

WDR: Der jüngste Bond-Film "No time to die" war in Deutschland trotz aller Corona-Kapriolen mit Abstand der erfolgreichste Kinofilm. 5,9 Millionen Zuschauer sahen ihn im vergangenen Jahr. Wie erklären Sie sich den Dauer-Erfolg?

Morgenstern: Die Zuschauerinnen und Zuschauer wissen, was sie auf der Leinwand geboten bekommen. Es gibt ja unglaublich viele Filme, die in die Richtung gehen. Aber bei James Bond weiß man, da gibt es nur das Beste vom Besten. Die besten Kulissen-Bauer, oscarprämierte Interpreten und so weiter.

WDR: Bislang gab es 25 Filme in der Reihe, dann das Novum: Im jüngsten Film sehen wir, dass Bond stirbt. Und jetzt?

Morgenstern: Das hat viele vor den Kopf gestoßen, dass Bond stirbt, weil man das nicht erwartet hat. Ich habe damals bei der Premiere in London das auch nicht erwartet und war wirklich überrascht. Aber tatsächlich wird in den neuen James-Bond-Filmen – der 26. Film wird wohl frühestens 2023 in die Kinos kommen - eine neue Zeitleiste aufgemacht.

WDR: Die Leiste für eine Frau? Das Gerücht gab es ja schon mal …

Morgenstern: Nein, die Produzentin Barbara Broccoli hat gesagt, James Bond wird definitiv keine Frau. James Bond trinkt unglaublich viel Alkohol, James Bond kämpft und blutet und fährt Wagen zu Schrott. Das passt alles nicht zu einer Frau. Wir werden keine Frau in einem Smoking rumlaufen sehen. Das heißt aber nicht, dass James Bond nicht starke Frauen an seiner Seite haben kann. Aber die Figur James Bond selbst würde seltsam wirken, wenn sie von einer Frau gespielt würde.

Die Fragen stellte Ulrike Römer. Für die Online-Fassung wurde das Interview gekürzt und sprachlich leicht überarbeitet.