Warum Bundeskanzler Scholz durch Südamerika reist

Stand: 29.01.2023, 19:48 Uhr

Olaf Scholz reist gerade durch Südamerika. Aber natürlich nicht zum Vergnügen. Der Kanzler sucht Verbündete in einer Weltregion, die immer wichtiger für Europa wird. Darum geht es.

Im Schatten der Energiekrise in Europa sucht Olaf Scholz in Südamerika Verbündete. Es geht um ein Freihandelsabkommen, Energiesicherheit, wichtige Rohstoffe und auch den Klimaschutz. Eine wichtige Reise also.

Das Freihandelsabkommen

Seit Jahren liegt das Freihandelsabkommen der Europäischen Union mit dem südamerikanischen Staatenbund Mercosur auf Eis. Der Staatenverbund - derzeit gehören Argentinien, Uruguay, Paraguay und Brasilien dazu - zählt zu den größten Wirtschaftsgemeinschaften der Welt und ist mit Kriegsbeginn in der Ukraine für die EU noch relevanter geworden.

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Die vier Länder verfügten über eine "zum Teil erfolgversprechende industrielle Infrastruktur". Das ist die Einschätzung der Deutschen Industrie- und Handelskammer. "Sowohl für die nachhaltige Gewinnung von Rohstoffen und Energie, als auch für die Diversifikation von Lieferketten und Absatzmärkten sind Länder wie Brasilien, Chile und auch Argentinien überaus prädestiniert", sagt der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Peter Adria.  

Empfang von Scholz in Argentinien

Empfang von Bundeskanzler Scholz in Argentinien

Ein Knackpunkt beim Freihandelsabkommen mit der EU: Der Umweltschutz ist Bestandteil der Vereinbarung. Bislang wurde das Abkommen nicht ratifiziert, weil Brasiliens abgewählter Präsident Jair Bolsonaro die Abholzung des Regenwaldes am Amazonas vorangetrieben hatte. Mit dem Regierungswechsel in Brasilien könnte der jahrelange Stillstand nun enden.

"Die Verhandlungen haben nun schon lange genug gedauert", sagte Kanzler Olaf Scholz nach einem Treffen mit dem argentinischen Präsidenten Alberto Ángel Fernández in Buenos Aires.

"Deswegen ist es wichtig, dass jetzt alle mit einem konstruktiven Geist einen Beitrag dazu leisten, dass man sich unterhakt und einen Weg findet, miteinander die Verhandlungen bald auch zu einem gelungenen Ende zu führen." Bundeskanzler Olaf Scholz

Zugang zu Rohstoffen

Der Bundeskanzler Olaf Scholz besucht Argentien auf seinem Besuch in Lateinamerika und bekommt eine Stadtführung.

Bundeskanzler Scholz besucht Argentinien

Die südamerikanischen Staaten sind auch wegen ihrer Rohstoffe interessant für die EU. In einer gemeinsamen Erklärung wurde eine engeren Zusammenarbeit in der Energiepolitik verabschiedet. Bei dem Treffen bekundete Scholz auch Interesse an argentinischem Flüssiggas.

Argentiniens Präsident Fernández sagte, Argentinien wolle "ein sicherer Gasproduzent in der Welt werden" und seine Förderkapazitäten ausbauen. Das Land verfügt über eines der größten Schiefergas-Vorkommen der Welt. Allerdings muss das Gas mit der umweltschädlichen Fracking-Methode gewonnen werden.

Auch in Brasilien schlummern große Energiereserven, die in Europa dringend gebraucht werden. Erst kürzlich wurde in dem Land zum ersten Mal grüner Wasserstoff hergestellt. Während große Produktionsanlagen noch in Planung sind, werden Häfen bereits für die Verschiffung umgebaut.

Eine weitere Ressource, an der Deutschland und die EU interessiert sind, ist Lithium. Der Rohstoff wird zum Beispiel für die Akku-Produktion für Smartphones oder wird für Batterien in E-Autos benötigt.

Ein großer Teil des weltweiten Aufkommens an Lithium befindet sich in Südamerika. Deutschland hat Argentinien in Aussicht gestellt, bei der Modernisierung des Abbaus mit technischer Unterstützung zur Seite zu stehen. Auch mit Chile verhandelt Scholz über den Handel mit Bodenschätzen und Rohstoffen.

Klimaschutz und der Amazonas-Regenwald

Der argentinische Präsident Alberto Ángel Fernández erklärte den Beitritt seines Landes zu dem von Scholz initiierten Klimaclub von Staaten mit besonders ehrgeizigen Zielen im Kampf gegen die Erderwärmung. Argentinien ist das erste Mitglied in dem Club, das nicht den G7-Staaten angehört.

Svenja Schulze (22.09.2022)

Entwicklungsministerin Svenja Schulze

Der Klimaclub hat sich das Ziel gesetzt, bei der Umstellung der Industrie auf klimafreundliche Prozesse und Technologien international zusammenzuarbeiten und die industrielle Dekarbonisierung voranzutreiben.

Für mehr Engagement beim Klimaschutz wirbt die deutsche Delegation auch in Brasilien. Bei einem gemeinsamen Treffen mit Entwicklungsministerin Svenja Schulze in Brasília soll es am Montag zudem um eingefrorene deutsche Gelder für den Amazonas-Fonds gehen.

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