Brötchen schmieren, Kaffee kochen, zwischendrin noch Dinge verkaufen. Wenn die meisten Dortmunder schlafen, ist in der Tankstelle im Stadtteil Nette schon jede Menge los. Die Menschen kämen immer in Wellen, sagt die junge Verkäuferin hinter der Theke.
Um 6:30 Uhr sind Croissants und belegte Brötchen noch eher Kassenschlager als der günstige Sprit. Trotzdem ist er das Gesprächsthema. "Mal geht's hoch, mal runter. Sollte gern aber noch mehr runter gehen", sagt ein junger Mann, der sich etwas zu trinken holt.
Schlechte Erinnerungen an Spritpreis-Hochs
Morgens kommen hier alle vorbei: Von Schülern über Taxifahrer bis zum Bauarbeiter
Er erinnert sich noch gut an die Zeiten, in denen der Liter Benzin über zwei Euro gekostet hat: "Da tat es richtig weh, zu tanken." Wenn's nach dem Dortmunder geht, könnten die Preise noch weiter sinken. "Das kann gern wieder komplett zurück, wie vor zehn Jahren. Da waren die Preise noch besser."
Das stimmt auch: Der ADAC zeichnet den durchschnittlichen Spritpreis seit über 70 Jahren auf. Vor vier Jahren kostete der Liter Diesel durchschnittlich 1,35 Euro. Zwanzig Jahre zurück waren es sogar gut 93 Cent.
Die Deutsche Welle meldete 2004 einen "Benzinpreis auf historischem Rekordniveau". Damals setzte sich der Benzinpreis aber auch anders zusammen – zum Beispiel die Mehrwertsteuer lag zu dieser Zeit noch bei 16 Prozent. Auch die CO2-Steuer gab es damals noch nicht. Deshalb seien die aktuellen Preise umso bemerkenswerter, sagen Experten.
Zwanzig Jahre später ist die Freude schon bei wenigen Cent groß. Vor der Tankstelle genießt Serdat seinen Morgenkaffee. Er ist Stammkunde an der Tankstelle. Das Personal weiß schon vorher, dass er zwei Kaffees bestellt: Für sich und einen Bekannten.
Tiefer Spritpreis macht sich bei mehreren tausend Kilometer bemerkbar
Den Kaffee hat er zur Stärkung bitter nötig: Für ihn geht es gut 220 Kilometer hin an seinen Arbeitsplatz – und später wieder zurück. Fast jeden Tag. Der Bauingenieur hat ein Projekt an der Nordseeküste. Entsprechend spart er jetzt bei den günstigen Spritpreisen: "Seit ein bis zwei Wochen merke ich das schon."
"Da spart man in zwei Monaten schon einen vollen Tank. Diese sieben, acht Cent machen sich bemerkbar", sagt Serdat. 130 Euro seien das bei seinem Auto, die er durch die niedrigen Preise spart.
Für die gute Laune am Zapfhahn sorgt der Rohölpreis – der wichtigste Faktor beim Spritpreis. Dieser ist ebenfalls auf einem Tief und so günstig wie seit 2021 nicht mehr. Ob das so anhält, bleibt abzuwarten: Eine Zinssenkung der US-Notenbank oder weitere Spannungen im Nahen Osten könnten die Preise wieder anfeuern.
Autofahren großer Kostenfaktor
Tuba Temel fährt mit ihren Kindern durchs gesamte Ruhrgebiet
So lange genießt die alleinerziehende Mutter Tuba Temel noch, dass die Preise günstig sind. "Ich habe ja vier Kinder und ich bin ja nur am hin- und herfahren. Ich tanke fast jede Woche. Für mich wäre es natürlich besser, wenn es noch günstiger wäre."
Vor allem die Ausflüge mit ihren Kindern sorgen dafür, dass die Dortmunderin so oft tanken muss. Zwischen Freizeitpark und Schwimmbad kommt sie auf über 500 Kilometer. "Und ich fahre ja auch sehr gern Auto. Das ist für mich etwas zum Abschalten."
Um 9 Uhr ist die Rush-Hour schon vorbei - da wird auch der Spritpreis günstiger. An der Tankstelle in Dortmund-Nette sogar deutlich unter dem aktuellen Durchschnittspreis. Der Liter Diesel 1,50 Euro, Super E10 gab's da für 1,57 Euro pro Liter. Da tankten schon spürbar mehr Autofahrer.
Der ADAC empfiehlt, Spritpreise im Internet vorab zu vergleichen. Oder: abends tanken. Da ist der Spritpreis durchschnittlich sieben Cent günstiger. Im Ruhrgebiet konnte in den letzten Tagen abends sogar teilweise unter den 1,50 Euro getankt werden.
Hoffnung, dass der Preis niedrig bleibt
Der Dortmunder Firat Kocak hofft zwar, dass die Spritpreise niedrig bleiben. Er glaubt aber nicht an einen nachhaltigen Effekt. "Das wird hundertprozentig wieder steigen", sagt er und hinterfragt, warum die Preise immer so schwanken.
Auch Firat Kocak merkt den Unterschied beim Spritpreis
Kocak macht sich vor allem um diejenigen Sorgen, die angesichts der Inflation sowieso schon jeden Euro umdrehen müssen. "Wenn die ihr Auto nicht mehr tanken können, und der Chef nicht mehr geben kann, dann kommt der Mitarbeiter nicht zur Arbeit. Und verliert seinen Job und seine Existenz, um seine Familie ernähren zu können." Das würde mit wieder steigenden Spritpreisen befeuert werden.
Noch sind die Spritpreise im Keller. Tendenz sinkend – und zumindest ein Preis bleibt gleich, egal ob morgens oder abends, ob montags oder freitags: Das Croissant kostet an der Tankstelle in Dortmund-Nette immer einen Euro.
Unsere Quellen:
- WDR-Reporter vor Ort
- Kunden und Mitarbeiter an der Tankstelle
- Deutsche Presse-Agentur
- Nachrichtenagentur AFP
- ADAC
- Deutsche Welle
Über dieses Thema hat der WDR am 12.09.2024 auch im Radio, im Morgenecho auf WDR5, berichtet.