Die Parkuhr feiert 70-Jähriges

01:59 Min. Verfügbar bis 04.01.2026

Das ungeliebte Groschengrab: Die Parkuhr wird 70

Stand: 04.01.2024, 06:00 Uhr

Vor genau 70 Jahren wurde in Duisburg die erste Parkuhr aufgestellt. Der Grund: In deutschen Städten einen Parkplatz zu ergattern, war wegen der Dauerparker schon in den 1950ern ein Problem. Abhilfe sollten Parkuhren schaffen.

Von Christian Zimmer

Plötzlich standen sie überall in deutschen Innenstädten. Da wo es notwendig erschien, bekam jeder Parkplatz eine eigene Parkuhr. Sie schluckten beinahe alles: Zweimarkstücke, Einmarkstücke und natürlich Groschen.

Hände halten Parkuhr, jemand wirft eine Münze in eine Parkuhr

60er Jahre Parkuhr aus der Sammlung von Berthold Schumacher

Wo Parkuhren aufgestellt wurden, entwickelten sie sich schnell zum Ärgernis der Autofahrer. Ganz anders sah das in den 60er Jahren der noch kleine Berthold Schumacher aus dem Rheinland. Für Berthi waren die stählernen, mechanischen Säulen einfach nur toll.

"Ich hab die Zeit noch erlebt, als die ersten in meiner Heimatstadt aufgestellt worden sind. Mein Vater gab mir damals ein paar Pfennige. Als ich die reinwarf, ging der Zeiger hoch, es begann zu surren und zu klirren. Das war ein absolut sinnliches Erlebnis, was sich auch fest in der Festplatte meines Hirns eingebrannt hat und eine Faszination ausgelöst hat", schwärmt Berthold Schumacher.

Die vielleicht größte Parkuhrensammlung Deutschlands

Diese kindliche Begeisterung hat dazu geführt, dass Schumacher Mitte der 80er anfing, Parkuhren zu sammeln. In seinem Haus lagern Tausende. Viele sind gut in Schuss, restauriert oder gar neuwertig. Angefangen mit der Sammelei hat er, als die Städte und Kommunen begannen, die alten Parkuhren auszumustern. Da hat er von manchem Betriebshof gleich Dutzende ergattert und nur ein paar Mark bezahlt.

Mann steht zwischen zwei alten Parkuhren

Berthold Schumacher und zwei seiner Schätze

Eine Parkuhr fehlt ihm allerdings bis heute in seiner Sammlung: der Parkograph, der vor 70 Jahren in Duisburg aufgestellt wurde. "Es war eine Parkuhr, die in den 40ern in Amerika produziert wurde und über Umwege nach Duisburg gekommen ist. Sie musste selbstverständlich auf deutsche Münzen umgebaut werden" erinnert sich Parkuhren-Papst Schumacher.

Der Festakt endete in einem Unfall - die Parkuhr ist Schrott

Am 04.01.1954 sollte die erste deutsche Parkuhr feierlich in Betrieb genommen werden. Mittendrin, neben allerlei Politprominenz, die noch junge Regina Hermbusche. Sie arbeitete damals bei einer lokalen Zeitung und sollte vor den Kameras der Presse an der Parkuhr einparken und dann mit Münzen bezahlen.

Vor ein paar Jahren hat Regina Hermbusche dem WDR erzählt, wie der Tag tatsächlich verlief: "Da bin ich gar nicht erst dazu gekommen, Geld einzuwerfen, weil ich vorher den schon umgefahren habe, den Parkographen, den ersten, in Duisburg. Ich hatte ja gar keinen Führerschein. Mein Chef, dem das Auto gehörte, der hat den Motor angelassen und mir nur gesagt wo ich treten soll. Und dann habe ich natürlich auf Gas getreten."

Proteste gegen die Einführung

1954 gab es in Duisburg rund 22.000 Kraftfahrzeuge. Viele blockierten dauerhaft die innerstädtischen Parkplätze. Mit der neuen amerikanischen Idee der Parkraumbewirtschaftung glaubten die Städte, endlich ein Instrument zur Steuerung und besseren Ausnutzung der Parkplätze zu haben.

Mann steht neben vielen alten Parkuhren

Im Keller von Berthold Schumacher sind tausende Parkuhren gelagert

Doch die Parkuhren "stießen von Anfang an auf wenig Gegenliebe. Es gab wütende Proteste, sogar Klagen", schreibt das Deutsche Patent- und Markenamt über die Einführung in Duisburg.

Irgendwann ab den 80er, 90er Jahren wurden die Parkuhren beinahe vollständig abgelöst von Parkscheinautomaten. Das bedauert der Sammler Bertold Schumacher. Noch schlimmer: die neumodischen Park-Apps sind ihm sogar ein regelrechter Graus.

"Also in der Hinsicht bin ich ein Dinosaurier. Handy-Park-Apps und dergleichen sind nicht mehr meine Welt. Ich trauere der Parkuhr nach. Und wenn ich mal in Münster bin, freue ich mich, dass dort noch ein paar Parkuhren stehen. Dann bezahle ich gerne einen Euro für 30 Minuten parken."

Die guten alten Groschengräber. In Deutschland sind sie Geschichte und werden es wohl auch für immer bleiben. Die ersten Parkuhren von Duisburg sind verschollen. Bedauerlich ist das wohl nur für den Sammler Berthold Schumacher.

Über dieses Thema wird am 04.01.2024 auch im Fernsehen in der WDR Lokalzeit aus Duisburg berichtet.

Unsere Quellen:

  • WDR-Recherche
  • dpa
  • Interview mit Berthold Schumacher