Zum hundertsten Mal "Montagstrommler" - Hattingen setzt Zeichen für Demokratie
Stand: 27.11.2023, 21:11 Uhr
Zum hundertsten Mal gab es in Hattingen eine Demo der sogenannten "Montagstrommler". Einige von ihnen werden der rechten und Querdenker-Szene zugeordnet. Das Jugendparlament und andere Initiativen riefen zu einer Gegendemo auf.
Von Daniel Chur
Mehrere hundert Personen, darunter viele Schüler, waren trotz strömenden Regens am Montagabend vor dem Hattinger Rathaus und liefen dann gemeinsam durch die Innenstadt. "Hattingen für Vielfalt" steht auf einem großen Banner, das mehrere Schüler tragen. "Wir wollen hier ein Zeichen für Demokratie setzen", sagen sie.
Hattingen "Hotspot für 'Schwurbler'"
"Hattingen entwickelt sich mehr und mehr zu einem Hotspot für 'Schwurbler', Faschisten und weitere Demokratiefeinde", schrieben die Verantwortlichen des Hattinger Jugendparlaments in ihrem Aufruf zur Demo. "Wir möchten verhindern, dass wir uns an die, mittlerweile gefestigte, rechte Struktur, welcher auch Rechtsextremisten und Neo-Nazis angehören, gewöhnen. Daher ist es Zeit, Widerstand zu zeigen!"
Unter dem Motto "Hattinger für Frieden" sind die Trommler unterwegs
Von einer gefestigten Struktur kann man bei den "Montagstrommlern" in der Tat reden: Die hundertste Woche in Folge sind an diesem Montag parallel zur Gegendemo mehrere Dutzend Menschen durch die Hattinger Innenstadt gelaufen. Mit lauten Trommeln, Lautsprechern und Plakaten, auf denen unter anderem Parolen gegen die Poltik der Grünen oder die Ukraine-Unterstützung der Bundesregierung stehen.
Staatsschutz hat Gruppe im Blick
Offiziell gibt sich die Hattinger Demo das Label einer "Friedens-Demo". Doch viele Kritiker bezeichnen sie als aggressiv im Ton, sowohl auf der Straße als auch in den sozialen Medien. Auch der Staatsschutz bestätigt dem WDR, einige Mitglieder und Telegram-Posts der Gruppe im Blick zu haben. Zeitgleich habe es in den vergangenen Wochen mehrere Anzeigen gegeben, unter anderem wegen des Zeigens verfasssungsfeindlicher Symbole.
Seit Monaten gibt es auch immer wieder Protest gegen die "Trommler". Auf parallel laufenden Gegendemos in den vergangenen Wochen taten Hattinger ihren Unmut kund. "Die Parolen, mit denen die hier teilweise durch Stadt gezogen wird, sind nicht mehr durch die Meinungsfreiheit gedeckt", sagte eine Teilnehmerin dabei. "Das ist schon Aufhetzen und einfach nur Hass schüren.“
Bürgermeister: "Werden in ein falsches Licht gerückt"
Hattingens Bürgermeister Dirk Glaser betont, dass das er jede Form von Gegenprotest unterstützt, sieht aber die Versammlungen der "Montagstrommler" durch das Versammlungsrecht und die Meinungsfreiheit gedeckt. "Die Demonstrationsfreiheit ist ein hohes Gut", so Glaser, der aber gleichzeitig betont: "Wir werden in ein falsches Licht gerückt. Die große Mehrheit der 'Montagstrommler' kommt von außerhalb und nutzt unsere schöne Stadt, um so zu tun, als seien sie Hattinger.“
Und in der Tat: Beobachter der Szene bestätigen, dass der Anteil von Hattingern in der Gruppe eher gering ist. Einige Teilnehmer kämen aus dem Bergischen Land und gehören einer Gruppe namens "Corona-Rebellen" an. Weitere teilweise in der Szene bekannte Leute kämen aus anderen Teilen des Ruhrgebiets.
Gegenprotest oft schwierig
"Die Verkehrsanbindungen hierhin sind sehr gut", sieht Heiko Koch von der Koordinierungs- und Fachstelle „Partnerschaft für Demokratie“ in Hattingen einen Grund für die vielen Teilnehmer von außerhalb. Außerdem würden die "Trommler" in der Stadt tendenziell auf wenig Gegenwehr stoßen: "Hattingen hat nicht so eine Protest- oder Demonstrations-Kultur wie Essen, Bochum oder Dortmund.“
Auch Organisatoren der Gegendemos räumen ein, dass ein dauerhafter Protest mit vielen Menschen gegen die "Trommler" schwierig sei. Umso mehr freuten sich die Organisatoren vom Jugendparlament, dass ihr Aufruf zum Gegenprotest vor allem in Schulen an diesem Montagabend auf Resonanz stieß. "Und das trotz Regen und Weihnachtsmarkt", so einer der Organisatoren.
Über dieses Thema haben wir am 27.11.2023 im Radio in der WDR 2 Lokalzeit und im "Westblick" bei WDR 5 berichtet.