Postkarte kommt nach 59 Jahren an
Lokalzeit aus Dortmund. 01.03.2024. 01:48 Min.. Verfügbar bis 01.03.2026. WDR. Von Sascha Bacinski.
Postkarte wird nach 59 Jahren zugestellt
Stand: 04.03.2024, 06:38 Uhr
Familie Nölker aus Witten bekommt buchstäblich einen Gruß aus der Vergangenheit in den Briefkasten geliefert - 59 Jahre war eine Postkarte zu ihnen unterwegs.
Von Sascha Bacisnki
Für Andrea Nölker-Laskowski ist es eine komische Situation. Sie hält eine Postkarte in der Hand, die ihre Mutter am 22. Februar 1965 geschrieben hat. Aus dem Winterurlaub im oberbayrischen Inzell. Die Karte stammt aber nicht etwa aus einem alten Schuhkarton mit Erinnerungsstücken. Nein, sie ist diese Woche erst angekommen. Zugestellt mit der Post.
Im Briefkasten hatte sie ihr Cousin Hans-Peter Nölker in Witten. Adressiert ist die Karte an die Großeltern der beiden. Geschickt von Annelore und Herbert Nölker. Den Eltern von Andrea, Tante und Onkel von Hans-Peter. Opa Fritz hat das Haus gebaut, in dem Hans-Peter und seine Frau Heidrun leben. Genau hier sollte die Karte auch landen. Nur eben viel früher.
"Ich habe es zunächst für einen Fake gehalten"
Die Großeltern sind schon lange tot. Das macht es für Hans-Peter zunächst noch seltsamer, als er die Karte aus dem Briefkasten holt: "Dann habe ich das Datum angeschaut und gedacht: Moment mal, irgendwas stimmt da nicht mit der Karte. Ich habe es zunächst für einen Fake gehalten", sagt der 66-Jährige mit einem Lächeln. "Aber ein Fake kann es eigentlich nicht sein, da ist ein Etikett drauf geklebt, dass die nachadressiert worden ist. Aber die Zeit von 1965 bis heute, das sind ja fast 60 Jahre."
Fast auf den Tag genau 59 Jahre später ist die Karte angekommen. Viel zu spät für die Großeltern, aber noch rechtzeitig für Hans-Peter Nölker und Andrea Nölker-Laskowski. Die 52-Jährige wird wehmütig mit dem Blick auf die Zeilen, die damals ihre Mutter geschrieben hat, lange vor ihrer Geburt:
Warum die Karte so lange unterwegs war und wo sie 59 Jahre lang gelegen hat, weiß niemand. "Vielleicht in irgendeiner Schublade, in irgendeinem Postamt", vermutet Andrea, "weil gestempelt ist sie ja in Inzell. Die wird ja irgendwo in Deutschland ins Postamt gefahren worden sein. Und dann vergessen. Vielleicht in irgendeiner Tasche."
"Grüße aus dem Himmel"
Die Post hat auch keine richtige Erklärung für die Schneckenpost. Auf Anfrage schreibt eine Sprecherin: "Anhand des Aufklebers ist zu erkennen, dass die Postkarte, beabsichtigt oder unbeabsichtigt, wieder unserem Postkreislauf im Briefzentrum 58 in Hagen zugeführt worden ist und jetzt nochmals von uns zugestellt wurde. Solche Fälle kommen sehr selten vor."
Da die Karte sehr gut erhalten ist, muss sie die letzten 59 Jahre sicher irgendwo gelegen haben. Was bleibt ist eine schöne und emotionale Geschichte für die Familie Nöler. Gerade auch für Andrea. Für sie ist das vielleicht sogar ein Zeichen: "Ich habe schon gesagt, das ist 'Greetings from heaven', irgendwie so eine Botschaft von oben, nochmal so ein Gruß von beiden. Weil meine Mama ist im Oktober und mein Papa im Dezember 2021 gestorben."
Die Originalkarte soll Andrea bekommen, die dafür einen ganz besonderen Platz zu Hause finden möchte. Hans-Peter Nölker möchte ein Faksimile machen, damit auch er immer eine Erinnerung hat. An eine Zeit, als Onkel und Tante bzw. Mama und Papa eine wunderschöne Zeit in Inzell hatten. Am 22. Februar 1995:
"Lieber Vater, liebe Mutter! Nun ist unsere schöne Zeit bald zu Ende. Seit Samstag scheint hier die Sonne. Wir waren gestern auf dem Rauschberg. Donnerstagabend sind wir wieder zu Hause. Heute sind wir wieder Ski gefahren und spazieren gegangen. Bis Freitag alles Gute, Herbert u. Annelore!"
Unsere Quellen:
- WDR-Reporter vor Ort