Mit lautem Hupen fahren am Dienstagmittag rund 80 Autos von Pflegediensten mehrmals über den Wall rund um die Recklinghäuser Innenstadt. Auf Plakaten machen sie auf den - nach ihrer Ansicht - drohenden Pflegenotstand aufmerksam: "Uns steht das Wasser bis zum Hals," steht zum Beispiel auf einem Plakat.
Zwei Pflegekräfte halten ein Schild in Recklinghausen hoch, mit dem sie auf Berechnungen der Pflegedienstleister aufmerksam machen wollen.
Auf dem Rathausplatz haben die Pflegedienste zehn Autos mit schwarzen Planen verhüllt, außerdem ein Bett und drei Rollstühle aufgestellt, die symbolisch mit Spinnweben bedeckt sind. Mit der Aktion wollen sie auf Berechnungen der Pflegedienste aufmerksam machen: Denen zufolge könnten im Jahr 2030 rund 1,1 Millionen pflegebedürftige Menschen in Deutschland unversorgt sein, weil dann bis zu 130.000 Fachkräfte fehlen.
Viele Pflegekräfte gehen in den Ruhestand
"Zwei Drittel unserer Kollginnen und Kollegen gehen in den nächsten Jahren in den Ruhestand und gleichzeitig wird die Gesellschaft immer älter. Wir können im ambulanten Bereich schon heute manche Menschen nicht mehr besuchen," warnt Dietmar Kehlbreier, der Geschäftsführer der Diakonie im Kirchenkreis Recklinghausen. Deshalb müsse sich die Gesellschaft klarmachen, welches Problem da auf sie zukomme.
Linda Agiri, Kirsten Jendrny und Sabine Plass-Tanzgeschirr wünschen sich besser Arbeitsbedingungen in der Pflege
Sollte man es nicht schaffen, ausreichend Beschäftigte in die Pflege zu bekommen, würde das vor allem zulasten der Familien - und da vor allem zulasten der Frauen - gehen: "Der größte Pflegedienst der Republik ist die Familie. Dafür ist das Bewusstsein in der Gesellschaft noch nicht da. Das hat Konsequenzen für die Erwerbstätigkeit von Frauen." Die Unternehmen in der Pflegebranche würden schon alles tun, aber es würde nicht ausreichen.
Pflegekräfte fordern mehr Anerkennung und mehr Geld
Beschäftigte in der Pflege wünschen sich mehr Anerkennung und eine bessere Bezahlung. In der aktuellen Situation würden viele Auszubildende die Betriebe wieder verlassen und in anderen Branchen arbeiten. Das sagt auch Kirsten Jendrny, die bei einem ambulanten Pflegedienst arbeitet: "Man muss unseren Beruf attraktiver machen und zeigen, dass wir nicht nur dafür da sind, Urinbecher zu leeren, dass wir einen schönen Beruf haben, dass er besser dargestellt wird".
Unsere Quellen:
- WDR-Reporter vor Ort
- Pflegedienstleister