Nach Clan-Tumulten in Essen: Keine Strafen für Verdächtige
Stand: 18.10.2023, 16:12 Uhr
Vier Monate nach der Massenschlägerei in der Essener Innenstadt stehen die Ermittlungen vor dem Aus. Das geht aus einem Bericht der zuständigen Oberstaatsanwältin in Essen an das NRW-Justizministerium hervor.
Von Danny Pabst
Zum Hintergrund: Mitte Juni hatte es mehrere Massenschlägereien gegeben, erst in Castrop-Rauxel, dann in Essen. Hier hatten sich etwa 80 Personen vor einem syrischen Restaurant geprügelt. Zehn Verletzte gab es damals, die Polizei hatte etliche Waffen sichergestellt.
Zwei Verfahren sind schon eingestellt
Die Krawalle stehen am Donnerstag (19.10.2023) auf der Tagesordnung des Innenausschusses im Düsseldorfer Landtag. In einem Bericht ans Justizministerium schreibt die Essener Staatsanwaltschaft, dass die Ermittlungen bisher keine belastbaren Ergebnisse gebracht haben. Die Verfahren gegen zwei Beschuldigte sind „mangels Tatverdacht“ bereits eingestellt.
Auch die übrigen Verfahren laufen ins Leere. 169 Personen habe die Polizei in der Tatnacht in der Nähe des Tatortes festgehalten und identifiziert, Straftaten könne man ihnen aber nicht nachweisen, heißt es.
Videos bringen keine Klarheit
Bei ihren Ermittlungen hatten Polizei und Staatsanwaltschaft auch etliche Videos ausgewertet – von Handys und aus dem Internet. Die Qualität reichte aber nicht aus, um Personen zweifelsfrei zu identifizieren. Auch die von der Polizei eingesetzten Bodycams schufen hier keine Abhilfe, erklärt Matthias Werk von der Essener Polizei: „Bodycams sollen in erster Linie aggressive Personen abschrecken. Sie sind nicht für Aufnahmen über größere Distanzen geeignet, darum waren sie in diesem Fall nicht zielführend.“
Juristische Mittel ausgeschöpft
Weitergehende und härtere Ermittlungsmaßnahmen sind hier nicht möglich. Um beispielsweise Handydaten auszuwerten, muss der Vorwurf besonders schwerer Straftaten im Raum stehen, sagt Florian Pawig, Sprecher der Essener Staatsanwaltschaft: „Hier geht es um Landfriedensbruch, schwere Körperverletzungen und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Diese Vorwürfe rechtfertigen dieses Vorgehen nicht.“ Damit seien die rechtlichen Mittel ausgeschöpft.
Zeugen waren unkooperativ
Auch bei möglichen Zeugen der Tumulte kamen die Ermittler nicht weiter. Sie seien entweder nicht zu Vernehmungen erschienen oder machten keine Angaben. Das liege auch an der Tendenz der Szene, Streit mit Hilfe sogenannter Friedensrichter zu regeln, sagt Polizeisprecher Matthias Werk: „Es treten ranghohe Personen aus anderen Familien auf als Vermittler. Die Familien treffen sich, treffen Einigungen und danach kann man sich bei Befragungen durch die Polizei an nichts mehr erinnern.“