Ricarda Lang spricht im Interview über ihren Gewichtsverlust

Aktuelle Stunde 23.01.2025 24:31 Min. UT Verfügbar bis 23.01.2027 WDR Von Jan Hofer

Wenn Übergewicht zu Diskriminierung führt: Der Fall Ricarda Lang

Stand: 23.01.2025, 20:33 Uhr

So wie die Grünen-Politikerin Ricarda Lang erleben viele Menschen in Deutschland wegen ihres Übergewichts Hass und Häme - oft in sozialen Medien. Inzwischen hat die 31-Jährige stark abgenommen. Sie sagt aus gesundheitlichen Gründen. Wir haben mit einem Soziologen darüber gesprochen.

Von Petra Brönstrup

Es ist deutlich sichtbar, dass Ricarda Lang abgenommen hat, und zwar sehr viel. Über ihre Beweggründe sprach die 31-Jährige jetzt zum ersten Mal öffentlich, im Interview mit "Zeit online".

Ich habe einen Job, der wahnsinnig auslaugt, und ich will ihn noch ein paar Jahre machen. Da sollte ich mehr auf mich achten. Ricarda Lang, Mitglied des Deutschen Bundestages

Sie habe aus gesundheitlichen Gründen abgenommen, nicht jedoch aus Kummer und Stress nach dem Rücktritt als Parteivorsitzende im September 2024, versichert die Grünen-Politikerin. Und: "Es war keine Reaktion auf die Kommentare und Abwertungen im Netz, sonst hätte ich das vermutlich auch schon viel früher getan."

Wenig Verständnis für Übergewichtige

Tatsächlich hat Ricarda Lang wegen ihres Übergewichts viel Hass und Häme in sozialen Medien erleiden müssen. Der Soziologe Friedrich Schorb von der Universität Bremen wundert sich darüber nicht. "Auch wenn sich in Deutschland ein Bewusstsein für die Vielfalt von Menschen entwickelt hat - Übergewichtige waren nie Teil der Debatte."

Im Gegenteil: Es gebe bei der Mehrheit der Bevölkerung eine regelrechte Abwehrhaltung gegenüber Menschen mit Übergewicht. "Wer dick sei, sei selbst schuld und könne auch selbst etwas dagegen tun", zitiert der Soziologe die weit verbreitete Meinung.

Auch Männer betroffen

Ricarda Lang (Bündnis 90/Die Grünen) spricht bei einer Pressekonferenz der Grünen

Jung, redegewandt und grün: Ricarda Lang polarisiert

Dabei seien Frauen immer noch stärker von Gewichtsdiskriminierung betroffen als Männer, sagt Schorb. Aber es gebe in der Politik durchaus auch prominente männliche Mobbing-Opfer wie etwa der SPD-Politiker Sigmar Gabriel oder die CDU-Politiker Peter Altmaier und Helmut Kohl. Auch die mussten üble Beschimpfungen erleiden.

Schorb glaubt, dass die Grünen-Politikerin Ricarda Lang aber noch aus einem anderen Grund so stark von Gewichtsdiskriminierung betroffen war. Sie sei jung, redegewandt und grün. "Das hat den ein oder anderen offenbar so stark getriggert, dass er zum Angriff überging, dabei sich aber nicht anders zu wehren wusste, als Lang wegen ihres Übergewichts zu beleidigen."

Schön ist das nicht und funktioniert auch nur in einer Gesellschaft, in der Schlanksein als Schönheitsideal gilt. Ebenso wie körperliche Fitness. Das machen sich Politikerinnen und Politiker wie Bundesaußenministerin Annalena Baerbock oder Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck übrigens zunutze. Sie joggen und stellen Bilder davon ins Netz. "Damit verbunden sind Botschaften wie Wir sind gesund, aktiv, zielstrebig. Alles positive Attribute", meint Schorb.

Ricarda Lang im Wahlkampf

Es funktioniert also offenbar in die eine wie in die andere Richtung. Der Soziologe glaubt aber nicht, dass Ricarda Lang ihr Gewicht reduziert hat, um im aktuellen Bundestagswahlkampf zu punkten. "Sie kandidiert da ja nicht für ein Spitzenamt." Lang ist im Wahlkreis Backnang-Schwäbisch Gmünd Direktkanidatin von Bündnis90/Die Grünen.

Unsere Quellen:

  • Zeit online
  • Prof. Friedrich Schorb, Universität Bremen