Keine Klassenfahrt wegen sexueller Identität

Lokalzeit aus Dortmund 06.02.2024 04:04 Min. Verfügbar bis 06.02.2026 WDR Von Anastasia Mehrens

Keine Klassenfahrt wegen sexueller Identität

Stand: 06.02.2024, 19:09 Uhr

Dario Cortes Delgado Salazar ist Schüler an einem Gymnasium in Unna und fühlt sich in gewisser Weise beiden Geschlechtern zugehörig. Das stellt ein Problem für die kommende Stufenfahrt dar.

Auf die Klassenfahrt nach Wien hat sich sich Dario Cortes Delgado Salazar lange gefreut. Doch jetzt steht die Reise für ihn auf der Kippe - wegen Mobbing. „Ich habe vor der Klassenfahrt Sachen mitgekriegt, z.B. nein, ich will nicht mit Dario in ein Zimmer. Dann haben sich die Leute gestritten darüber, wer mich „kriegen“ muss.“

Schüler erfährt Anfeindungen und Homophobie

Der 16-Jährige ist schwul. Er fühlt sich aber auch sehr weiblich. Dario sammelt Puppen, mag es gerne pink, trägt Frauen-Kleidung. Dass er sich nicht versteckt, stört aber viele. Von den Mitschülern wird er oft beleidigt. Auch von Fremden auf der Straße. „Mir wurde schon mehrere Male gesagt, dass ich eine Missgeburt bin. Leute haben mir gesagt, dass ich mich umbringen soll. Ich werde auch sehr oft als Schlampe beleidigt.“

Schule und Bezirksregierung gegen gemischte Zimmer

Auch die vorherigen Klassenfahrten waren keine gute Erfahrung. Denn von den anderen Jungs hat sich Dario ausgegrenzt gefühlt. Deswegen wollte er diesmal unbedingt ein Zimmer mit seinen Freundinnen teilen. Die Mädchen und ihre Eltern sind einverstanden, haben das auch schriftlich bestätigt. Nur die Schule ist trotzdem dagegen. Es heißt: Es gibt keine gesetzliche Regelung zur Unterbringung. Deswegen fiel die Entscheidung erst nach einer ausführlichen Beratung mit der Bezirksregierung. Die schreibt uns: „Die möglichen Konsequenzen einer gemeinsamen Übernachtung sind so wenig abschätzbar, dass in der Verantwortung gegenüber allen Beteiligten eine andere Entscheidung nicht sinnvoll ist.“

iPad mit Symbolen und einem Vienna-Schriftzug

Dario schaut sich mit einer Freundin Bilder von Wien auf dem iPad an

Darios Vater Antonio Cortes Delgado kann das Argument nicht nachvollziehen: „Bei Dario mache ich mir keine Gedanken, dass da irgendetwas passieren könnte. Eher umgekehrt schon, wenn er ins Jungenzimmer geht. Aber so etwas sehen sie nicht.“

Keine Alternative: 16-Jähriger tritt von Klassenfahrt zurück

Als Alternative hat die Schule ein Einzelzimmer vorgeschlagen. Doch auch das würde Dario die Erfahrung nehmen, die er noch nie hatte und die er sich so wünscht. „Einfach mit seinen Freunden da zu sein - nicht nur in den Außenaktivitäten, sondern auch im Zimmer. Ab dem Moment, wo Bettruhe ist, dann da sich zu unterhalten, einfach Spaß zu haben, sich dazugehörig zu fühlen.“

Von der Klassenfahrt hat Dario sich jetzt verabschiedet. Nach Wien will er irgendwann privat reisen - mit Menschen, mit denen er sich wohl fühlt.

Über dieses Thema berichten wir auch am 06.02.2024 in der Lokalzeit Dortmund im WDR Fernsehen.

Unsere Quellen:

  • WDR-Reporter
  • Interviewpartner

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