Sofort raus, hieß es Mitte Juni für rund 80 Menschen eines Wohnkomplexes in Essen. Mitten in der Nacht mussten sie ihre Wohnungen fast fluchtartig verlassen. Konnten nur das Allernötigste mitnehmen. Der Grund: Akute Einsturzgefahr des Komplexes.
Die Wohnungen sind in zwei achtstöckigen Hochhäusern im Stadtteil Freisenbruch. Unter ihnen ist die Bezirksregierung bei Probebohrungen auf einen ehemaligen Bergbaustollen gestoßen. Der Stollen wurde seinerzeit nicht richtig verfüllt. Würde er einstürzen, könnten auch die Häuser darüber einstürzen. Deshalb die Räumung über Nacht.
Seit Monaten im Hotel
In den Häusern leben überwiegend ältere Menschen. Viele werden im Juni zunächst in Notunterkünften untergebracht, kurz darauf in einem Hotel in der Essener Innenstadt. Bis heute wohnen noch 17 Parteien im Hotel. Einige Betroffene essen regelmäßig zusammen, machen Ausflüge, haben sich angefreundet. Alle eint dasselbe Schicksal.
Für die Unterbringung im Hotel kommt der Vermieter der Wohnungen in Essen-Freisenbruch, die Essener Wohnbau eG, auf. Sie hat in den letzten Monaten nach eigenen Angaben einen mittleren sechsstelligen Betrag für die Unterbringung der Betroffnen gezahlt.
Von Evakuierung betroffene Bewohner sollen umziehen
Damit soll jetzt Schluss sein. Die Unterbringung ist zu teuer geworden. Ab November müssen die Betroffenen ihre Unterbringung im Hotel selbst bezahlen. Alternativ sollen sie übergangsweise in eine andere Wohnung ziehen, gegen eine entsprechende Miete. Bei der Suche hilft die Wohnbau eG. "Wir können aktuell sechs Wohnungen in Essen-Freisenbruch anbieten", sagt ein Sprecher.
Weitere frei werdende Wohnungen werden für die Betroffenen reserviert: "Wir gehen deshalb davon aus, dass wir in Kürze allen Bewohnern eine Ersatzwohnung anbieten können". Diese Wohnungen sollen zumindest mit dem Nötigsten ausgestattet werden. Denn ihre Möbel mussten die Betroffenen in ihren alten Wohnungen zurücklassen.
Arbeiten am Haus sehr aufwendig
Wann die Menschen in ihre eigentlichen Wohnungen zurückkönnen, ist noch unklar. Erst muss der Wohnkomplex abgesichert werden. Anfang November sollen Krane große Stahlträger bringen, sagt die Bezirksregierung Arnsberg. Mit ihnen sollen die Hochhäuser stabilisiert werden.
"Das Verfahren ist deutschlandweit einzigartig", sagt ein Sprecher der Bezirksregierung. Aber auch entsprechend kompliziert und zeitaufwändig. In diesem Jahr werden die Bewohner sicher nicht zurück nach Hause können. Sie werden sich also zunächst an das Leben in einer anderen Wohnung gewöhnen müssen. Immerhin: "Es ist nicht für immer", sagt die Wohnbau eG.
Unsere Quellen:
- Wohnbau eG
- Bezirksregierung Arnsberg
- WDR-Reporter