Die Kreuzung Heßler Straße/Marker Allee ist eine der meistbefahrenen Kreuzungen in Hamm. In unmittelbarer Nähe liegt das Oberlandesgericht sowie eine Gesamtschule mit 1.000 Schülern. Außerdem sind auf der Marker Allee viele Studierende mit ihrem Fahrrad in Richtung Hochschule Hamm-Lippstadt und Pendler in Richtung Innenstadt unterwegs.
Pilotversuch an stark frequentierter Kreuzung
Deswegen hat die Stadt Hamm diese Kreuzung für einen Pilotversuch ausgesucht, in dem sie die erste komplexe komplett KI-gesteuerte Ampelanlage Deutschlands testet. Dafür wurden mehrere Kameras installiert, die den gesamten Kreuzungsbereich im Blick haben - zum Teil sogar bis zu 70 Meter vor der Kreuzung.
Außerdem wurde die Kreuzung in zahlreiche Felder aufgeteilt: Dort erfasst die Künstliche Intelligenz alle Verkehrsteilnehmenden, die sich dort bewegen, mit Geschwindigkeit und Richtung, in der sie unterwegs sind. Die KI erkennt zum Beispiel, dass sich ein Radfahrer in 70 Metern Entfernung der Ampel nähert.
Grüne Welle für Radfahrer
Daraus kann sie dann errechnen, wann er an der Ampel ankommt und Grün benötigt, erklärt Christian Breßler von der Stadt Hamm: "Diese frühe Prognose ermöglicht ein deutlich nutzerfreundlicheres Reagieren, sprich Grün-Schalten und Freigeben der Radfahrroute."
Bei Radfahrern kommt das sehr gut an. Franz-Josef Borgschulze ist früher über die Kreuzung zur Arbeit gefahren: "Ich bin die Strecke früher täglich gefahren und habe dann teils eine Minute gewartet, bis ich rüber kam. Jetzt ist es so, wenn man mit vernünftiger Geschwindigkeit auf die Kreuzung zufährt, hat man Grüne Welle."
Auch Fußgänger profitieren
Genau das war das Ziel von Christian Breßler. Umweltfreundliche Formen der Mobilität sollen durch das Projekt gefördert werden. Auch für Fußgänger habe sich die Situation durch die KI-Ampel verbessert: "Zum einen müssen Fußgänger nicht mehr den Taster betätigen, sondern werden automatisch erkannt. Außerdem erkennt das System auch, wie viele Fußgänger an der Ampel stehen, und verlängert die Grünphase entsprechend."
Dass Radfahrer und Fußgänger schneller Grün bekommen, soll allerdings nicht zu sehr zu Lasten des Autoverkehrs gehen. Deswegen hat die Stadt Hamm schon an einzelnen Stellen nachjustiert, zum Beispiel als es in der Anfangsphase vor allem morgens zu kleineren Rückstaus für Autofahrer kam. Langfristig soll die Künstliche Intelligenz solche Probleme erkennen und auch lösen.
System ist in Deutschland einmalig
In dieser Komplexität habe es solch eine KI-gesteuerte Ampelanlage in Deutschland noch nicht gegeben, sagt Breßler, der das System einer österreichischen Firma entdeckt hat. Diese habe es zuvor schon in Wien und Salzburg installiert, in Deutschland gebe es bislang nur Teilanwendungen. Die Stadt Hamm hat sich die Aufrüstung der Ampelanlage rund 80.000 Euro kosten lassen. An den nächsten Kreuzungen dürfte es aber günstiger werden, hofft Breßler.
Er ist von dem System überzeugt und hat mit den Kollegen im Tiefbauamt schon den nächsten Einsatzort für die neue Technik identifiziert. An einem Unfallschwerpunkt vor einer Schule - hier gibt es immer wieder Unfälle mit radfahrenden Schülern und Autos - soll eine Ampel den bisherigen Fußgängerüberweg ersetzen.
Höhere Akzeptanz von Ampeln durch KI
Breßler will die Ampel mit KI ausstatten, damit sie von den Schülern akzeptiert und auch beachtet wird: "Die erreichen wir durch Künstliche Intelligenz, frühzeitiges Erkennen, schnelles Grün-Schalten oder lange Grünphasen, wenn viele unterwegs sind. Und wir haben die Idee, dass die Schüler sich mit dem Handy Grün holen können."