Welche Waffe ist für welche Situation geeignet? Eine Frage, die Polizisten fast täglich beschäftigt und auch in der Ausbildung wichtig ist. Aber auch im Fall der tödlichen Polizeischüsse auf den damals 16-jährigen Mouhamed Dramé 2022 spielt diese Frage eine große Rolle.
In der Anklage hatte die Staatsanwaltschaft den fünf angeklagten Polizistinnen und Polizisten unter anderem vorgeworfen, dass der Einsatz gegen Dramé und der Einsatz verschiedener Waffen, also Pfefferspray, Taser und Maschinenpistole, nicht verhältnismäßig gewesen sei. Dramé hatte wohl in vermutlich suizidaler Absicht mit einem Messer in dem Innenhof einer Jugendeinrichtung gehockt.
Die Situation eskalierte, als die Polizisten Pfefferspray einsetzten. Dramé soll sich dann mit dem Messer in der Hand auf die Beamten zubewegt haben, die setzten Taser und eine Maschinenpistole gegen ihn ein.
Kommunikation als erstes Einsatzmittel
Ein Ausbilder des LAFP der Polizei NRW sollte im Gericht dazu aussagen, welches Vorgehen in so einer Situation das "Richtige" gewesen wäre, beziehungsweise, welches Vorgehen von der Polizei gelehrt wird. Eindeutig zu beantworten sei diese Frage aber nicht. Es käme immer auf die spezielle Situation an, so der Ausbilder. Grundsätzlich sei das erste Mittel aber die Kommunikation.
Dramé wurde vor den Schüssen zwar von Polizisten mehrfach angesprochen, reagiert aber wohl nicht auf diese Versuche. Dann sei das Pfefferspray eingesetzt worden. Dazu äußerte der Ausbilder klar: "Wenn jemand nicht spricht, dann berechtigt das nicht zum Einsatz von Waffen." Man hätte andere Kommunikationsmöglichkeiten ausprobieren oder an den Einsatz eines Verhandlungsteams oder von Spezialkräften denken können.
Wenn möglich müsse man solche Lagen statisch halten. Vorschläge, die auch viele Kritiker der Polizei in der Diskussion um den Einsatz gemacht hatten.
Polizei lernt verstärkt Umgang mit Menschen in psychischen Ausnahmezuständen
Der Ausbilder äußerte sich auch zur Frage, welches Verhalten gelehrt wird, wenn sich Personen mit einem Messer auf Polizisten oder Dritte zubewegen würden. Dann gehe es im Zweifel darum zu schießen, um Leben zu retten, so der Ausbilder: "Schießen, schießen, schießen. Bis die Person zu Fall kommt." Es werde nicht nach jedem Schuss die Wirkung geprüft, bevor der nächste abgegeben werde.
Um solche Situationen zukünftig zu vermeiden, hat die Polizei in NRW als Lehre aus dem Fall Dramé das Training im Umgang mit Menschen in psychischen Ausnahmesituationen verstärkt.
Der Prozess gegen die Polizisten sollte ursprünglich bis September dauern. Inzwischen wurden neue Verhandlungstage bis zum Ende des Jahres angesetzt.
Unsere Quellen:
- Zeugenaussagen im Gericht
- Landgericht Dortmund
- Reporter vor Ort