Bornheimer Spargelbauer wegen Bankrotts und Betrugs angeklagt
Stand: 11.08.2023, 06:00 Uhr
Er galt einmal als der "Spargelkönig" von Bornheim: Claus Ritter. Doch diese Zeiten sind längst vorbei. Er und seine Frau sind unter anderem wegen Bankrotts, Betrugs und Unterschlagung vor dem Landgericht Bonn angeklagt.
Von Tobias Al Shomer
Ganz ohne Spargel geht es für Claus Ritter immer noch nicht. Auf einem Feld in der Nähe seines ehemaligen Betriebs in Bornheim finden wir den Angeklagten. Er soll für einen Bauer aus dem Rheinland arbeiten. Offenbar scheint er den Spargel für die nächste Saison vorzubereiten.
Reden will er nicht. Weder über seine Tätigkeit noch über die Anklagepunkte. "Lassen Sie mich in Ruhe!", raunzt er. Auch sein Anwalt will sich auf WDR-Anfrage nicht äußern.
Sozialversicherungs-Betrug
Bereits 2020 hatten Lokalzeit und "General-Anzeiger Bonn" bei gemeinsamen Recherchen viele Anklagepunkte aufgedeckt. Offenbar hatte Ritter ein eigenes System entwickelt, mit dem Ziel, keine Sozialversicherungsabgaben zahlen zu müssen.
Bei einer Razzia 2018 in seinem Haus in Bonn-Endenich fanden die Ermittler zahlreiche Stempel ausländischer Sozialversicherungen. Dass die Ermittlungen so lange gedauert haben, liegt daran, dass es sehr aufwändig ist, die genaue Schadenssumme zu ermitteln.
Schaden im sechsstelligen Bereich
Allein durch die angeklagten Punkte soll ein finanzieller Schaden im sechsstelligen Bereich für die Sozialversicherung entstanden sein. Hinzu kommen Millionen, die Ritter bereits vor der Pleite beiseite geschafft haben soll - insgesamt 1,7 Millionen Euro.
Die Anklageschrift ist 58 Seiten dick und weist 66 strafbare Handlungen aus. Angeklagt sind Claus Ritter und seine Ehefrau als Mitgesellschafterin. Seine Tochter ist in zwei Fällen wegen Beihilfe angeklagt.
Luxus-Oldtimer Teil der Anklageschrift
Unregelmäßigkeiten bei der Finanzierung seiner luxuriösen Oldtimer-Sammlung hatten Recherchen der Lokalzeit und des General-Anzeigers auch 2020 aufgedeckt. Ritter soll teilweise einen Fuhrpark mit zweitstelligem Millionen-Wert besessen haben. Allerdings hatte er die meisten Autos per Kredit finanziert. Eigentümer war er also nicht. Trotzdem hat er einige dieser Autos verpfändet.
Falsche eidesstattliche Versicherung?
Eigentlich ist das unmöglich, denn der KFZ-Brief bleibt so lange im Besitz der Bank, bis der Kredit getilgt ist - als Sicherheit. Ritter soll laut Anklage aber eine Lösung dafür gefunden haben. Er soll zum Straßenverkehrsamt der Stadt Bonn gegangen sein und dort gelogen haben.
Ritter soll behauptet haben, dass er Eigentümer des Fahrzeugs sei und seinen Brief verloren habe. Dafür musste er eine eidesstattliche Versicherung abgeben, laut Anklage eine falsche eidesstattliche Versicherung. Das ist eine Straftat.
Der durch Ritter verursachte finanzielle Schaden dürfte weit größer sein als die in der Anklageschrift erfassten Schäden. Allein im ersten Protokoll der Gläubigerversammlung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens sind Verbindlichkeiten von knapp 10 Millionen Euro aufgelistet. Wie viel Schaden durch die Luxus-Oldtimer entstanden ist? Unklar.
Wenig Hoffnung für Gläubiger
Für die Gläubiger sieht es aber nicht gut aus. Weil der Betrieb als Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR) geführt wurde, haften die Eheleute Ritter mit ihrem gesamten Privatvermögen. Doch nicht nur ihr Betrieb ist insolvent, sondern auch die Eheleute. Sie befinden sich zusätzlich in Privatinsolvenz.
Ob sie schuldenfrei werden, ist allerdings fraglich. Durch Straftaten entstandene Schulden werden nicht erlassen. Ende Oktober beginnt der Prozess gegen Familie Ritter vor dem Landgericht Bonn. Bei einer Verurteilung droht Claus Ritter eine mehrjährige Haftstrafe.
Über dieses Thema haben wir am 10.08.2023 im WDR Fernsehen in der Lokalzeit aus Bonn um 19.30 Uhr berichtet.