Muezzinruf in Köln: Premiere im Innenhof

Stand: 14.10.2022, 17:09 Uhr

An der Kölner DITIB-Moschee hat zum ersten Mal der Muezzin zum Freitagsgebet gerufen.

Von Jens Gleisberg

Zwei kleine Boxen hängen über dem großen Eingangsportal der imposanten Moschee im Kölner Stadtteil Ehrenfeld. Das aus ihnen keine laute Beschallung kommen kann, wird schnell klar. Der erste Ruf des Muezzins in Köln soll abhängig vom Sonnenaufgang geplant um 13:24 stattfinden.

Portal der Moschee mit Lautsprecher-Boxen

Portal der Moschee mit Lautsprecher-Boxen

Hunderte Menschen wollen das miterleben. Fatma Ariguzel ist aus Unna angereist. Hier spüre sie die Offenheit, "dass ich als Gast willkommen bin. So wie der Prophet sagt, ihr sollt die Moschee besuchen." Mustafa Kaymak kommt aus Bergkamen. "Ich bin etwas aufgeregt", sagt er. "Es ist toll, dass hier erleben zu können."

Für Arda Subay und seine Freunde war die Anreise nicht so weit. Sie wohnen in Köln-Ossendorf. Subay geht hier regelmäßig zum Gebet. "An anderen Kirchen rufen Glocken zum Gebet, hier ist es der Muezzin. Das ist einfach nur ein Signal. Nicht jeder hat ein Handy, auf dem die Gebetszeit angezeigt wird", sagt er.

Kritik an Muezzinruf

Anders sieht das Lale Akgün. Der Muezzinruf an der DITIB-Moschee sei vor allem ein Signal des politischen Islams, sagt die in Istanbul geborene frühere Kölner SPD-Bundestagsabgeordnete. Denn die DITIB gilt als der verlängerte Arm der staatlichen türkischen Religionsbehörde. Von den 35 in Köln existierenden Moscheegemeinden wurde bisher nur hier der Muezzinruf beantragt.

Bei der Premiere tritt der Muezzin ausnahmsweise im Innenhof ans Mikrofon - damit alle diesen Moment miterleben können. Hunderte Handys werden aufnahmebereit in die Höhe gereckt, genauso wie die vielen TV-Kameras. Bis sich alle sortiert haben, ist es 13:27. Mit Verspätung ertönt der Muezzinruf: "Gott (Allah) ist groß." Maximal fünf Minuten darf der Muezzin zum Gebet rufen. Nur freitags in der Zeit zwischen 12 und 15 Uhr.

Schallgutachten wurde erstellt

Murat Şahinarslan steht vor der Kölner Moschee

Murat Şahinarslan, Direktor des Moschee-Forums

"Es war viel Arbeit und ein Jahr Fleiß. Toll, das so viele Menschen auch von weither gekommen sind", sagt Murat Şahinarslan. Er ist der Direktor des Moschee-Forums und hat die Verhandlungen mit der Stadt begleitet. Nächste Woche werden sicherlich noch viele Besucher kommen und danach werden sich alle dran gewöhnt haben, glaubt er.

Falls sie den Muezzinruf überhaupt mitbekommen. Denn am unteren Ende der Treppe, die zur Moschee führt, ist nur noch ganz leise etwas vom Muezzin zu hören. Der Autolärm auf der angrenzenden Straße übertönt hier alles. So hatte es das vorgeschriebene Schallgutachten prophezeit.

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