Kunden retten Heidelbeerernte

Stand: 11.10.2022, 12:21 Uhr

Als ein Großkunde abspringt, weil er jetzt Heidelbeeren aus Peru importiert, droht der Wachtberger Landwirt Mark Hochgürtel auf seiner ganzen Ernte sitzen zu bleiben. Dann die Idee: Selber Pflücken. Über 2.000 Menschen folgen seinem Aufruf.

Von Marc-André Schröter

Ungläubig schaut Mark Hochgürtel den Weg vor seinem Heidelbeerfeld entlang. Überall Autos, es gibt kaum ein Durchkommen. Wie vor einem Konzert strömen Menschengruppen auf ihn zu. Die Hände voll mit Eimern und Plastikdosen. Alle wollen seine Heidelbeeren pflücken. „Das hätte ich nicht erwartet“, staunt Hochgürtel. „Ich bin sprachlos, dass es dann doch so viele Leute gibt, die regional und nachhaltig denken.

Großkunde springt ab

Man sieht einen Mann mit Brille und Mütze, der vor einem Zelt vr blauem Himmel steht.

Mark Hochgürtel freut sich über den großen Andrang an freiwilligen Pflückern.

Vor einer Woche ist ein Großkunde abgesprungen. Er importiere lieber Heidelbeeren aus Peru als die von seinem Wachtberger Feld, so Hochgürtel. „Der Lebensmitteleinzelhandel verlangt Ware aus Peru, die deutsche Ware ist jetzt nicht mehr angesagt und dann bleiben wir darauf sitzen. Das war erstmal ein Schock“, erinnert sich der Landwirt. Seine Erntehelfer kann er daraufhin nicht mehr bezahlen, doch das Feld ist noch voller Heidelbeeren.

Die letzte Chance die Ernte zu retten: Ein Aufruf in der Zeitung. Ein ganzes Wochenende öffnet er sein Feld für Selbstpflücker. Ein Kilogramm für fünf Euro. Und es funktioniert: Über 2.000 Kunden kommen. Am Sonntagnachmittag bildeten sich immer wieder Staus an der kleinen Landstraße bei Wachtberg. Der Zugang zum Heidelbeerfeld ist teilweise komplett überlastet.

Familienausflug ins Heidelbeer-Feld

Man sieht Menschen, die in einer Plantage Blaubeeren pflücken.

Viele Freiwillige retten die Heidelbeerernte von Mark Hochgürtel.

Viele wie Familie Dietz aus Meckenheim haben ihren Sonntagsausflug umgeplant. Fabian und Timo pflücken ein bisschen gelangweilt, dafür ist Mutter Inken begeistert. „Wir finden es super, dass es hier so voll ist und alle den Bauern unterstützen“, sagt sie, während Sohn Timo sich die nächsten Heidelbeeren schmecken lässt.

An der improvisierten Zeltkasse ein paar Meter vor dem Feld steht Ina Wollersheim aus Euskirchen. Über 4,5 Kilogramm zeigt die Wage an, den ganzen Vormittag hat sie gepflückt. „Ich kaufe nichts aus Übersee, wenn es hier vor unserer Haustür wächst. Man muss die hiesigen Obstbauern unterstützen“, sagt sie und hebt den schweren Korb von der Waage.

Am Ende der Aktion ist fast das komplette Feld abgeerntet. Markus Hochgürtels Ernte ist dank der Selbstpflücker gerettet. Nächstes Jahr plant er die Aktion zu wiederholen. Ganz unabhängig davon, ob dann ein Großhändler seine Ware kauft oder nicht.

Über dieses Thema haben wir am 10. Oktober 2022 im WDR Fernsehen: Lokalzeit aus Bonn, 19:30 Uhr berichtet.