Das Hahneköppen war zum Beispiel in Solingen unter Auflagen erlaubt, teilte die Stadtverwaltung am Freitag mit. Bei dem Brauch geht es darum, mit verbundenen Augen einem kopfüber in einem Korb aufgehängten toten Hahn den Kopf abzuschlagen.
In Solingen galt die Auflage, dass das in der Regel alte Tier zuvor von einem Experten tierschutzkonform geschlachtet wird. Darüber hinaus musste der Kadaver nach dem Hahneköppen verwendet werden - beispielsweise zum Verfüttern.
Verbot für ganze Region umgesetzt
Das Landesamt hat dieses Brauchtum nun untersagt. Tiere dürfen demnach nicht getötet werden, um die Kadaver anschließend bei Brauchtumsveranstaltungen zu verwenden. Somit ist die bisherige Rechtsanwendung der Stadt Solingen außer Kraft gesetzt.
Das Bergische Veterinäramt setzt die Landesverordnung für die gesamte Region um. Damit ist das Hahneköppen auch zum Beispiel in Wuppertal verboten.
Kritik von der Stadt Solingen
Die Stadt Solingen kritisiert das Verbot. Der zuständige städtische Beigeordnete Jan Welzel bezeichnete die Entscheidung als "wenig bürgerfreundlich".
Die bisherige Praxis in Solingen habe ganz pragmatisch ermöglicht, jahrhundertelanges Brauchtum in Übereinstimmung mit dem Tierschutz zu erhalten. Es sei schade, dass das Land diesem Pragmatismus nicht folgen wollte.
Die Stadt Solingen sei rechtlich gebunden und müsse das Verbot umsetzen. Den Betroffenen stehe aber der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten offen, so Welzel.
Vereine überrascht
Auch die Vereine im Solinger Umkreis trifft das Verbot. Wolfgang Müller ist 1. Vorsitzender des größten Solinger Hahneköpp Vereins "Haut Ihn" und sagt: "Es hat uns überrascht und es hat uns auch enttäuscht." Durch die Lösung, die die Vereine mit der Stadt gefunden hatten, hatten sie nicht mit dieser Entscheidung gerechnet. "Wir respektieren jede Meinung und gehen ins Gespräch," sagt Müller. Aber die Landesbehörde hätte sich nicht ausreichend mit dem Thema befasst.
Das nächste Stiftungsfest des Vereins wäre eigentlich schon Mitte August. Viele Anwohner freuen sich schon auf das Fest, ob sie aber nochmal wie gewohnt ihrer Tradition nachgehen können, wissen sie noch nicht genau. Der Verein lässt das Verbot jetzt anwaltlich prüfen. Wenn es Erfolgsaussichten gibt, überlegen die Mitglieder, Klage einzureichen. Und wenn nicht, müssen sie erfinderisch werden und eine andere Lösung finden.
Streit ums Hahneköppen dürfte weitergehen
Der Streit um das Hahneköppen ist mit dem Verbot des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz wohl noch nicht beendet. Erst Mitte Juni hatte das Justizministerium des Landes die Ansicht der Wuppertaler Staatsanwaltschaft bestätigt.
Die hatte nach einer Anzeige der Tierschutzorganisation PETA die Ermittlungen eingestellt. Die Behörde argumentierte ähnlich wie die Stadt Solingen: Das Hahneköppen sei tierschutzkonform, wenn das tote Tier schließlich verzehrt würde.
Verbot schon länger ein Thema
Schon im Juni hatte sich das Land NRW für ein Verbot des durchgeführten Köpfens von Tierleichen ausgesprochen. Damals hieß es, dass man schon im März gegenüber den Veterinärämtern klargestellt habe, dass die Tötung von Tieren zur Verwendung des Kadavers im Zuge von Brauchtumsveranstaltungen - etwa dem Hahneköppen oder Gänsereiten - nicht vom Tierschutzgesetz gedeckt sei.
Geplante Tötungen von Tieren sollten daher untersagt und stattdessen alternativ Tierattrappen genutzt werden.
Bei vielen Veranstaltungen, darunter auch der Kirmes in Haan, werden mittlerweile bereits Hühnerattrappen statt echten Tieren benutzt. Das gilt auch für das Gänsereiten. So setzten beispielsweise Karnevalisten in Bochum bei der Tradition, einer über einer Reitbahn aufgehängten Gans von galoppierenden Reitern den Kopf abzureißen, auf eine Holzattrappe.
Tradition wird schon vermisst
Der Hitdorfer Geselligkeitsverein verzichtet seit 2019 auf einen echten Hahn. Jetzt fliegen keine Federn mehr, sie köpfen nur noch einen Gummihahn. Aber es ist nicht mehr das gleiche Gefühl wie früher, sagt Elke Ruther, 1. Kassiererin des Vereins: "Wir finden das doof, echte Hähne waren schon besser. Das war eine Tradition und wir vermissen das."
Auch fürs Dorf Lüttenglehn in Korschenbroich im Rhein-Kreis Neuss ist nun das Aus des Brauchtums in dieser Form gekommen. Dort wird durchs Hahneköppen der König des Kirmesfestes bestimmt, jetzt muss fürs Rochusfest eine kurzfristige Alternative zum echten Tier her.
In gesamten Rhein-Kreis wird der Brauch insgesamt in fünf Dörfern gepflegt: in Speck-Wehl, Münchrath, Helpenstein, Langwaden und Lüttenglehn. Diese Dörfer sind unter genauer Beobachtung der Veterinärbehörde.
Unsere Quellen:
- Nachrichtenagenturen dpa und epd
- Hitdorfer Geselligkeitsverein e.V.
- Hahneköpp-Verein "Haut Ihn" e.V.
- Haneköpp-Verein Solingen-Gräfrath