Wegen Beihilfe zum Drogenhandel hat das Landgericht Düsseldorf am Freitag eine Seniorin zu einer zwölfmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt. Als Auflage muss die 65-Jährige aus Düsseldorf 300 Euro an die lokale Drogenhilfe zahlen.
Nach Überzeugung der Richter hatte die frühere Sekretärin Anfang 2022 ein Paket mit insgesamt zehn Kilogramm Marihuana angenommen, um es für den Weiterverkauf weiterzuleiten. Zwei Tage später sollte sie eine zweite Lieferung mit elf Kilo annehmen.
Täterin oder Opfer eines Enkeltricks?
Die Seniorin sieht sich in dem Fall als Opfer einer Variante des Enkeltricks. Sie hatte ausgesagt, sie habe damals nur einem langjährigen Freund ihres erwachsen Sohnes einen Gefallen tun wollen. Sie sei damals damals wegen einer Krebsbehandlung und einer Depression viel zu Hause gewesen, erklärte sie im Prozess.
Dann habe ihr Telefon geklingelt und der Anrufer habe gefragt, ob sie sich an ihn erinnern könne. "Bist du Kevin?", habe sie entgegnet. Ja, sagte der Anrufer. Dieser Kevin, ein vermeintlicher Freund ihres erwachsenen Sohnes, habe sie gebeten, die Pakete für ihn anzunehmen. Er sei in Urlaub. Jemand würde es dann bei ihr abholen. "Ich habe mir nichts dabei gedacht", betonte die Seniorin.
"Sie sind kein kleines Dummchen"
Das glaubten ihr die Richter genauso wenig wie den Rest der Geschichte. "Sie sind kein kleines Dummchen, sondern eine clevere Frau", bemerkte die vorsitzende Richterin. "Sie hätten doch einfach ihren Sohn nach Kevin gefragt."
Kontrollierte Zustellung
Am 8. August 2022 kam das Paket und die 65-Jährige nahm es an. Was sie nicht wusste: der Zusteller war ein Zollbeamter. Denn der Zoll hatte das in Spanien aufgegebene Paket bereits in Koblenz abgefangen und das Marihuana entdeckt. Im Rahmen der Ermittlungen wurde das Paket dann "kontrolliert zugestellt".
Die Angeklagte betonte damals, sie habe weder vom Inhalt des Pakets gewusst noch wisse sie, an wen es weitergeleitet werden sollte.
Zöllner misstrauisch
Die Zöllner glaubten ihr zunächst. "Denn ältere Empfänger werden häufiger für solche Zwecke missbraucht", so ein Ermittler. Die Zöllner wurden aber misstrauisch, als zwei Tage später das zweite an die Seniorin adrressierte Drogenpaket abgefangen wurde.
Als die Fahnder daraufhin das Mobiltelefon der Seniorin einziehen wollten, war dessen Akku ausgerechnet nach der ersten Durchsuchung explodiert und das Gerät von der Frau samt SIM-Karte entsorgt worden. Rückstandsfrei. Auch das Ladekabel fand sich bei der Hausdurchsuchung nicht mehr. "Das ist bei älteren Samsung-Telefonen schon häufiger passiert", hatte ihr Verteidiger erklärt.
Großes Risiko für Drogendealer
"Das habe ich ihr nicht geglaubt", betont dagegen der Zöllner. Zumal habe er in 35 Dienstjahren noch nie erlebt, dass ein Paket mit zehn Kilogramm Marihuana im Wert von 30.000 Euro an eine unbekannte und ahnungslose Empfängerin verschickt wurde. Das Risiko gingen Drogendealer nicht ein.
Dem schlossen sich auch die Richter an und sprachen die Frau schuldig. Die Staatsanwältin hat eine zwölfmonatige Bewährungsstrafe, der Verteidiger Freispruch beantragt. Er ließ offen, ob seine Mandantin das Urteil akzeptiert.
Unsere Quellen:
- Düsseldorfer Landgericht
Über das Thema berichtet der WDR am 27.9.2024 auch im Fernsehen in der Lokalzeit aus Düsseldorf.