"Läuten gleich die Glocken?" Diese Frage hört Markus Lang fast täglich – und muss sie in schönster Regelmäßigkeit mit "Nein" beantworten. Lang beaufsichtigt seit beinahe 20 Jahren den Glockenturm des "Dicken Pitter". Und der läutet in der Regel nicht während der Öffnungszeiten des Turms, sondern nur an hohen kirchlichen Feiertagen.
Jetzt feiert der "Dicke Pitter" – die Petersglocke – ein rundes Jubiläum: Vor 100 Jahren wurde er gegossen. Anderthalb Jahre später kam er in Köln an. Und da war buchstäblich ganz Köln auf den Beinen: Die Kinder hatten schulfrei, Menschenmassen scharten sich um den Dom, als die große Glocke, mit Kränzen geschmückt, hier ankam. Selbst Elvis wäre wohl kaum so empfangen worden.
Gegossen in Thüringen
Aber zurecht: Denn die Glocke hatte da schon eine weite Reise hinter sich. Gegossen wurde sie im thüringischen Apolda von Glockengießer Heinrich Ulrich. Er war einer der wenigen, der dieser Aufgabe gewachsen war und - sie sich vor allem auch zutraute.
Denn eine Glocke dieser Größe musste man erst einmal herstellen können: 24 Tonnen Bronze hängen dort im Dom, der untere Durchmesser der Glocke ist über drei Meter breit.
Der "dicke Pitter" hängt im südlichen Domturm
Bevor der "Dicke Pitter" zum ersten Mal läuten durfte, musste er erst einmal geweiht werden: mit heiligem Öl, Weihrauch, Psalmen. Danach wurde er an seinen Platz gehievt, im zweiten Obergeschoss des südlichen Domturms. Dort, wo er noch heute in einem sattem C erklingt – und viele Menschen berührt.
Der "Pitter" musste schon viel einstecken
Doch es gab auch Tiefschläge für die Petersglocke. 2011 ist der 600 Kilo schwere Klöppel abgestürzt. Materialermüdung. Der Aufschlag war so heftig, dass er bei Erdbebenmessstationen für Ausschlag sorgte.
Und dann jetzt, kurz vor der dem runden Geburtstag, ein gemeiner Anschlag auf die große Glocke: Tauben haben es in den Glockenturm geschafft, der "Dicke Pitter" plötzlich voller Vogelkot. Fürs Jubiläum wurde er deshalb aufwendig geputzt.
Der Wächter des Dicken Pitter: Markus Lang
Wer will, kann sich das Ergebnis persönlich ansehen und die Petersglocke im Glockenturm bestaunen. Im Nebenraum lagern außerdem Relikte aus vergangenen Zeiten: Der frühere Sicherungskasten. Eine Vorrichtung, mit der der Pitter früher in Gang gesetzt wurde. Und ein Radio, das bis heute den Klang aller Domglocken abspielen kann.
Über all das wacht Markus Lang – auch weiterhin. Gibt es jemanden auf der Welt, der mehr Zeit mit dem "Dicken Pitter" verbracht hat? Mit dieser Frage konfrontiert, denkt der Wächter denkt eine Weile nach, muss schmunzeln. "Nee", sagt er. "Ich glaube nicht."