"Baujahr 1962" steht an einer Hallendecke in der zum Unternehmen Speira gehörenden Aluhütte in Neuss. In 162 Öfen wird bei über 900 Grad Aluminium aus Erz hergestellt. Die Anlage ist hier die letzte von drei baugleichen.
Die erste ist schon seit 2008 außer Betrieb, die zweite wurde im vergangenen Jahr wegen der hohen Strompreise abgeschaltet. Und auch die jetzt noch laufende wird bald Geschichte sein, sagt Werksleiter Christoph Budde: "Wir transformieren hier am Standort von primär auf Recycling."
30 Millionen Euro für Recycling-Ofen
Das Problem ist, dass die Aluminiumhütte pro Tag etwa so viel Strom verbraucht wie die ganze Stadt Düsseldorf. Zumindest galt das früher als sie noch unter Volllast lief. Und auch wenn die Strompreise zuletzt etwas gesunken sind, sind sie laut dem Werksleiter in Neuss immer noch viel zu hoch, um wirtschaftlich zu arbeiten.
Deshalb will die Neusser Aluhütte das Recyclinggeschäft ausbauen. 30 Millionen Euro investiert Speira gerade in einen neuen Schmelzofen, der Aluschrott wieder zu einem verwertbaren Werkstoff machen kann. Das braucht weniger Strom, allerdings auch weniger Mitarbeiter. Fast die Hälfte der 670 Jobs in Neuss wird wegfallen.
Neusser Aluhütte will Fördergelder
Der Betriebsratsvorsitzende in Neuss, Rolf Langhard, sieht das Werk deshalb "im Epizentrum des Strukturwandels" im rheinischen Revier. Anders als für das Ende der Braunkohle-Zeit gebe es aber für die Aluminiumbranche keine extra Fördergelder für den Umbau. Dabei gehe es darum, Arbeitsplätze zu erhalten. Langhard meint: "Am Ende des Tages ist die Zahlung eines Arbeitslosengeldes auch eine Subvention."
Werksleiter Budde sieht das ähnlich. Man habe sich vor gut zwei Jahren für Fördergelder beworben, die beim Umbau zu einer CO2-reduzierten Produktion helfen sollten. Allerdings sei das Unternehmen mit diesen Anträgen gescheitert.
Industrie will billigeren Strom
Unabhängig davon fordert die gesamte stromintensive Industrie weiter einen ermäßigten Strompreis, der auch gerade im Bund diskutiert wird. Einwänden von Klimaschützern insbesondere gegen die CO2-ausstoßende Aluminiumproduktion tritt der Konzernbetriebsratsvorsitzende von Speira Heinz Höhner entgegen.
Aus seiner Sicht wird der Werkstoff gerade bei der Energiewende gebraucht: "Es gibt kein Photovoltaik, es gibt kein Solar, es gibt keine Windenergie ohne Aluminium."
Nur mit recyceltem Material kann man aus Sicht der Branche den Hunger der Industrie nach Aluminium übrigens nicht stillen. Was Deutschland weniger produziere, werde eben aus anderen Ländern zugekauft.
Über dieses Thema berichten wir am 26.05.2023 im Hörfunk bei WDR 2: Lokalzeit Rhein und Ruhr.