Captagon im Wert von 60 Millionen gefunden: Was macht die Droge?
Aktuelle Stunde. 21.12.2023. Verfügbar bis 21.12.2025. WDR. Von Henry Bischoff.
Mutmaßliche Drogenhändler vor Gericht: Was ist Captagon?
Stand: 14.08.2024, 13:08 Uhr
In Aachen beginnt ein Prozess gegen eine Bande, die große Mengen Captagon geschmuggelt haben soll. Was ist das für eine Droge?
Björn Hühne, Anwalt eines der vier Angeklagten, sagt vor Beginn der Verhandlung: "Alle Angeklagten sind gut beraten, sich bei der Beweislage, wie sie sich hier darstellt, nicht auf einen Freispruch hin zu verteidigen." Es gehe bei seiner Verteidigung stattdessen um Strafmaßminderung, die durch ein frühes Geständnis erreicht werden könne. Sein Mandant hat bereits gestanden.
Trotzdem müssen alle vier Männer mit einem hohen Strafmaß rechnen. "Im Falle einer Verurteilung drohen den Verurteilten Freiheitsstrafen zwischen fünf und fünfzehn Jahren”, berichtet Katharina Effert, die Pressesprecherin des Landgerichts Aachen.
Bisher größter Captagon-Fund
Rund sieben Monate ist der bisher größte Fund von Captagon-Tabletten in Deutschland her. Im zweiten der drei angeklagten Fälle wurde die Menge bisher nicht näher bestimmt. Neue Informationen des Gerichts gehen nun von 533 Kilogramm Captagon-Tabletten alleine im zweiten Fall aus. Damit würde sich laut dem vorsitzenden Richter Dr. Rainer Biermann die Gesamtmenge, die die Angeklagten gelagert und versendet haben sollen, doch über eine Tonne mehr sein als ursprünglich angenommen.
Lieferung hat Kunden oft nicht erreicht
Die vier mutmaßlichen Drogenhändlern zwischen 33 und 46 Jahren müssen sich nun am Landgericht Aachen verteidigen. Ihnen wird vorgeworfen, mit fast einer halben Tonne Captagon im Verkaufswert von 58 Millionen Euro gehandelt zu haben. In der Verlesung der Anklageschrift wurde klar, dass die Sendungen der Angeklagten oft nicht ihr Ziel erreichten. Effert bestätigt: "Die Betäubungsmittel konnten zum großen Teil durch das Hauptzollamt noch vor der Versendung ins Ausland sichergestellt und beschlagnahmt worden.”
Trotzdem müssen die Angeklagten mit einem hohen Strafmaß rechnen. "Im Falle einer Verurteilung drohen den Verurteilten Freiheitsstrafen zwischen fünf und fünfzehn Jahren”, berichtet Katharina Effert, die Pressesprecherin des Landgerichts Aachen.
Was genau ist Captagon?
Captagon ist ein Aufputschmittel, das in den 1960er-Jahren von einem deutschen Pharmaunternehmen entwickelt wurde. Eingesetzt wurde der Captagon-Wirkstoff Fenetyllin jahrzehntelang zur Behandlung von Menschen mit einer Aufmerksamkeitsdefizitstörung (ADHS) und anderen psychischen Krankheiten. Das Präparat unterdrückt Müdigkeit, Ängste und Hunger und kann Euphorie auslösen.
Ähnlich wie die Aufputschmittel Speed oder Crystal Meth hat Captagon ein sehr hohes Suchtpotenzial. Auch im Sport wurde das Präparat früher zur Leistungssteigerung eingesetzt. Seit 1978 steht das Mittel auf der Dopingliste des Deutschen Sportbunds.
Wer sind die Konsumenten?
Der Stoff ist als Freizeitdroge vor allem auf der arabischen Halbinsel und in Saudi-Arabien weit verbreitet. In der Vergangenheit wurde bekannt, dass auch in islamistischen Milizen wie der Hamas die Droge vor Kampfeinsätzen konsumiert wird. Deshalb ist Captagon auch als "Dschihadisten-Droge" bekannt.
Wo wird der Stoff hergestellt?
Nach Erkenntnissen von Nachrichtendiensten wird Captagon vor allem in Syrien produziert. Nach Überzeugung der US-Behörden verdient auch die Familie des syrischen Machthabers Baschar al-Assad am Handel mit der Droge. Die USA haben erst im April Sanktionen gegen mehrere Personen in Syrien verhängt, die in das Geschäft verwickelt sein sollen.
Nach Ansicht von Experten wird Captagon inzwischen aber auch in Europa hergestellt. Im Sommer 2023 wurde zum Beispiel in Regensburg ein Drogenlabor ausgehoben und dabei eine große Menge der Droge sichergestellt.
Unsere Quellen
- Recherchen von BR, MDR, RBB, SWR, Mediengruppe Bayern sowie FAZ
- Deutsche Presse-Agentur