Captagon im Wert von 60 Millionen gefunden: Was macht die Droge?

Aktuelle Stunde 21.12.2023 Verfügbar bis 21.12.2025 WDR Von Henry Bischoff

Mutmaßliche Drogenhändler vor Gericht: Was ist Captagon?

Stand: 14.08.2024, 06:00 Uhr

In Aachen beginnt ein Prozess gegen eine Bande, die große Mengen Captagon geschmuggelt haben soll. Was ist das für eine Droge?

Rund sieben Monate nach dem bisher größten Fund von Captagon-Tabletten in Deutschland wird ab Mittwoch am Landgericht Aachen den mutmaßlichen Drogenhändlern der Prozess gemacht. Angeklagt sind vier Männer syrischer Herkunft im Alter zwischen 33 und 46 Jahren. Ihnen wird vorgeworfen, mit fast einer halben Tonne Captagon im Verkaufswert von 58 Millionen Euro gehandelt zu haben. Im Fall eines Schuldspruchs drohen den Männern bis zu 15 Jahre Haft.

Was ist Captagon für eine Droge? Wo wird sie konsumiert? Und warum gab es gerade in Deutschland einen so großen Fund? Fragen und Antworten.

Was genau ist Captagon?

Captagon ist ein Aufputschmittel, das in den 1960er-Jahren von einem deutschen Pharmaunternehmen entwickelt wurde. Eingesetzt wurde der Captagon-Wirkstoff Fenetyllin jahrzehntelang zur Behandlung von Menschen mit einer Aufmerksamkeitsdefizitstörung (ADHS) und anderen psychischen Krankheiten. Das Präparat unterdrückt Müdigkeit, Ängste und Hunger und kann Euphorie auslösen.

Ähnlich wie die Aufputschmittel Speed oder Crystal Meth hat Captagon ein sehr hohes Suchtpotenzial. Auch im Sport wurde das Präparat früher zur Leistungssteigerung eingesetzt. Seit 1978 steht das Mittel auf der Dopingliste des Deutschen Sportbunds.

Wer sind die Konsumenten?

Der Stoff ist als Freizeitdroge vor allem auf der arabischen Halbinsel und in Saudi-Arabien weit verbreitet. In der Vergangenheit wurde bekannt, dass auch in islamistischen Milizen wie der Hamas die Droge vor Kampfeinsätzen konsumiert wird. Deshalb ist Captagon auch als "Dschihadisten-Droge" bekannt.

Wo wird der Stoff hergestellt?

Nach Erkenntnissen von Nachrichtendiensten wird Captagon vor allem in Syrien produziert. Nach Überzeugung der US-Behörden verdient auch die Familie des syrischen Machthabers Baschar al-Assad am Handel mit der Droge. Die USA haben erst im April Sanktionen gegen mehrere Personen in Syrien verhängt, die in das Geschäft verwickelt sein sollen.

Nach Ansicht von Experten wird Captagon inzwischen aber auch in Europa hergestellt. Im Sommer 2023 wurde zum Beispiel in Regensburg ein Drogenlabor ausgehoben und dabei eine große Menge der Droge sichergestellt.

Was macht Deutschland zu einem Umschlagplatz?

Angesichts von strengen Kontrollen ist es offenbar schwierig, Captagon direkt von Syrien nach Saudi-Arabien zu schmuggeln. Die Händler leiten die Droge stattdessen in europäische Länder um. Dort werden sie zur Tarnung in Lieferungen mit legalen Waren versteckt und mit Paketdiensten in die Bestimmungsländer versendet. So sollen auch die Angeklagten im Aachener Prozess vorgegangen sein. Unter anderem hatten sie die Pillen zwischen Duftkerzen versteckt und nach Australien, Saudi-Arabien, Katar und Bahrain geschickt.

Unsere Quellen

  • Recherchen von BR, MDR, RBB, SWR, Mediengruppe Bayern sowie FAZ
  • Deutsche Presse-Agentur