Streit um Villa Buth in Jülich

Lokalzeit aus Aachen 24.01.2024 03:15 Min. Verfügbar bis 24.01.2026 WDR

Villa Buth in Jülich: Diskussion um Denkmal

Stand: 24.01.2024, 12:42 Uhr

Die Villa Buth in Jülich ist seit über 30 Jahren denkmalgeschützt. Der Eigentümer will das Gebäude jetzt abreißen lassen, doch ein Geschichtsverein kämpft um den Erhalt des ehemaligen "Judenhaus".

Ihre guten Tage hat sie hinter sich, die Villa Buth. Das Haus verfällt immer mehr, die Fenster sind vernagelt, Gestrüpp rankt um die hohen Mauern.

Doch es gibt viele Menschen, die Erinnerungen mit dem Haus verbinden. Friederike Goertz zum Beispiel. Als 9-jähriges Mädchen hat sie, zusammen mit rund 150 anderen Jüdinnen und Juden, eine Zeit lang in der Villa gelebt.

Vergangenheit als "Judenhaus"

Damals, 1941 und 42, wurden alle im Kreis Jülich lebenden Juden zwangsweise hierher umgesiedelt, um die Städte und Dörfer "judenfrei" deklarieren zu können.

Abfotografiertes Schwarz-Weiß-Foto von Friederike Goertz

Porträt von Friederike Goertz

Das Gebäude war meist Zwischenstation, denn viele Bewohner wurden von hier aus in Konzentrationslager deportiert. Friederike hat überlebt, weil sie befreit wurde. Und auch wenn die Zeit düster war, hat sie auch schöne Erinnerungen an ihre Zeit dort. Ans Aschenputtel spielen auf der Freitreppe, mit ihrem Onkel als Prinz. Der später in der Villa Buth verstarb.

9,5 Millionen Euro Kosten

All diese Erinnerungen an das 1893 vom Papierfabrikanten Carl Eichhorn gebaute Haus sieht der Verein Jülicher Gesellschaft gegen das Vergessen und für Toleranz e.V. verloren gehen. Der Eigentümer will sie abreißen lassen.

Laut einem Gutachten würde es 9,5 Millionen Euro kosten, die Villa wieder gebrauchsfähig zu machen. Die Frage ist also: Ist dem Eigentümer der Erhalt der Villa finanziell zuzumuten?

Komplizierter Denkmalschutz

Der Jülicher Verein meint ja, doch ganz so einfach ist es nicht. Die historische Bedeutung rund um die Nazizeit ist nämlich nicht Teil des Denkmalschutzes.

Abfotografiertes Handydisplay mit einem Bild von der Villa Buth in glänzenden Tagen

Die Villa Buth in vergangenen Zeiten

Denkmalgeschützt ist laut Stadt nur die Bedeutung für die örtliche Papierindustrie. Das 3.000 Quadratmeter große Anwesen wurde viele Jahrzehnte von der Papierfabrikantenfamilie Eichhorn bewohnt und repräsentierte den Wohlstand dieses Industriezweigs. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude dann zum Zuhause vieler Arbeiter, die in der Papierfabrik Geld verdienten.

Gespräch Anfang Februar

Wie es weitergeht mit der Villa, dafür werden möglicherweise Anfang Februar die Weichen gestellt. Vorerst wurde der Abrissantrag von der Stadt Jülich nicht angenommen. Und jetzt setzt man in der Verwaltung alles auf ein Gespräch mit dem Eigentümer, wo es um andere Nutzungsideen gehen soll.

Ist es möglich, zumindest Teilbereiche zu erhalten? Einen Erinnerungsort oder eine Gedenkstätte zu errichten? All diese Ideen sollen besprochen werden.

Verein gibt nicht auf

Für die Jülicher Gesellschaft gegen das Vergessen und für Toleranz ist das ebenfalls ein Hoffnungsschimmer. Vielleicht ist es ja doch noch nicht zu spät für einen Ort, der an 1700 Jahre jüdisches Leben und die Verfolgung im zweiten Weltkrieg erinnert.

Quelle:

  • Reporter vor Ort
  • Stadt Jülich
  • Verein Jülicher Gesellschaft gegen das Vergessen und für Toleranz e.V.

Über das Thema berichten wir am 24.01.2024 auch in der Lokalzeit im WDR Fernsehen.