Pflegereform beschlossen: Was bedeutet das für die Angehörigen?

Stand: 26.05.2023, 20:04 Uhr

Der Bundestag hat heute eine Reform der Pflegeversicherung beschlossen. Die Beiträge sollen steigen, aber auch die Leistungen. Betroffene kritisieren die Reform als unzureichend.

Wie viele Menschen sind in Deutschland auf Pflege angewiesen?

Laut statistischem Bundesamt waren im Jahr 2021 4,96 Millionen Menschen pflegebedürftig. 790.000 von ihnen wurden in Pflegeheimen vollstationär betreut, der Rest wurde zu Hause gepflegt. Die Pflege zu Hause wurde zu zwei Dritteln größtenteils durch Angehörige übernommen, bei einem Drittel der Pflegebedürftigen kamen ambulante Pflegedienste zu Hilfe oder übernahmen die Pflege vollständig.

Was ändert sich in der Betreuung zu Hause?

Es gibt mehr Geld. Ab 2024 soll das Pflegegeld um 5 Prozent steigen, gleiches gilt für Beiträge zu Sachleistungen. Je nach Pflegegrad beträgt das Pflegegeld derzeit zwischen 316 und 901 Euro im Monat. Das Geld kann frei genutzt werden, etwa für Betreuungskosten. 2025 soll eine weitere Erhöhung um 4,5 Prozent kommen, 2028 sollen die Leistungen dann an die Inflationsrate der drei Vorjahre angepasst werden. Das Pflegegeld ist seit 2017 nicht mehr erhöht worden.

Weiter soll ein Entlastungsbudget eingeführt werden, das Leistungen kombiniert, wenn die eigentlich Pflegenden verhindert sind oder über kürzere Zeit eine stationäre Pflege nötig ist. So soll Bürokratie abgebaut werden.

Eine grauhaarige Frau sitzt in einem Wohnzimmer links neben einer weißhaarigen, älteren Frau und hilft ihr beim Trinken.

Angehörige sollen besser unterstützt werden

Zudem sollen Pflegende, die vorübergehend nicht in ihrem Beruf arbeiten können, besser unterstützt werden. Derzeit können Pflegende maximal 10 Tage in akuten Situationen von der Arbeit fernbleiben und erhalten bis zu 90 Prozent des Nettolohns als Unterstützungsgeld. In Zukunft soll jede pflegende Person pro Jahr Anspruch auf die 10 Tage haben.

Was ändert sich in der Pflege im Heim?

Die Entlastungszuschläge sollen ab 2024 erhöht werden. So soll der Eigenanteil für die Pflege gesenkt werden: Im ersten Jahr um 15 Prozent (bisher: 5), im zweiten Jahr um 30 Prozent (bisher: 25), im dritten Jahr um 50 Prozent (bisher: 45) und ab dem vierten Jahr um 75 Prozent (bisher: 70). Anders als bei der Krankenversicherung kommt die Pflegeversicherung nur für einen Teil der Pflegekosten auf. Zusätzlich sind noch Zahlungen für Unterkunft und Verpflegung fällig.

Pflegereform: "Selbstgesteckte Ziele nicht erreicht"

WDR 5 Morgenecho - Interview 26.05.2023 07:40 Min. Verfügbar bis 25.05.2024 WDR 5


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Wie hoch ist der Pflegebeitrag in Zukunft?

Bei Kinderlosen soll der Pflegebeitrag ab 1. Juli 2023 von 3,4 Prozent des Bruttolohns auf 4 Prozent steigen. Menschen mit Kindern zahlen derzeit 3,05 Prozent. Dieser Betrag soll ebenfalls erhöht werden. Dabei spielt es zukünftig eine Rolle, wie viele Kinder man hat und wie alt diese sind. Bei kinderreichen Familien wird die Erhöhung gestaffelt und fällt geringer aus, je mehr Kinder man hat.

Wie reagieren Sozialverbände und Betroffene auf die Reform?

"Die Reform ist noch weit entfernt von einer echten Verbesserung", erklärte die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele. Die Wartezeit zur Einführung des Entlastungsbudgets zum 1. Juli 2025 sei "viel zu lang". Sie beklagte zudem, dass mit der Reform immer noch kein Online-Portal für bundesweit freie Pflegeplätze eingeführt werde. Auch dass das Pflegegeld für die häusliche Pflege lediglich um 4,5 Prozent angehoben werde, sei "angesichts der hohen Inflation nicht richtig".

Eugen Brysch, Vorstand der Stiftung Patientenschutz, bemängelte im WDR, mit dem Gesetz würden die "selbstgesteckten Ziele nicht erreicht", die Planbarkeit zu erholen und die Eigenanteile zu begrenzen. Die Pflege werde weiterhin "langfristig nicht solide finanziert sein". So sei die Erhöhung des Pflegegelds angesichts von Preissteigerungen bei Pflegemitteln von bis zu 300 Prozent viel zu gering ausgefallen.

Der Bundesverband der Verbraucherzentrale (vzbv) erklärte, das Gesetzespaket enthalte "zu wenig Entlastung" und "zu viel Bürokratie".