Nach toten Fischen in der Oder: Wie wird das Wasser in NRW kontrolliert?

Stand: 15.08.2022, 07:24 Uhr

Massenweise tote Fische treiben auf der Oder. Die Ursachen dafür sind bislang noch nicht gefunden. Wie werden eigentlich Flüsse und Seen in NRW überwacht?

Während die Ursache für das massenhafte Fischsterben in der Oder weiter rätselhaft bleibt, will sich Brandenburgs Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) am Montag bei Lebus selbst ein Bild von der Situation machen. Auch dort hatten Einsatzkräfte und freiwillige Helfer am Wochenende große Mengen an toten Fischen aus dem Grenzfluss geborgen.

Bislang keine giftigen Stoffe in verendeten Fischen entdeckt

Bei Laboruntersuchungen verendeter Fischen aus dem Fluss sind nach Angaben der polnischen Regierung bislang keine toxischen Substanzen entdeckt worden. Die Fische seien auf Quecksilber und andere Schwermetalle untersucht worden, sagte Polens Umweltministerin Anna Moskwa am Sonntagabend in Stettin bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne).

Wie werden Flüsse und Seen in NRW eigentlich überwacht?

Nun werden also Proben entnommen und Analysen durchgeführt. Wie funktioniert so etwas in NRW? Wie werden hier Flüsse und Seen untersucht?

Grundlage für die Überwachung von Gewässern ist die "Wasserrahmenrichtlinie" der EU. Eines der Ziele: Man will für die Gewässer einen "guten Zustand" bis 2027 erreichen. Für die Bewertung und Überwachung sind jeweils die Bundesländer zuständig. In NRW übernehmen das konkret Landesumweltamt und Wasserbehörden.

Es gibt einiges zu tun: Untersucht werden 25 Seen und 24 Talsperren. Hinzu kommen über 12.000 Fließgewässer in NRW, mit einer Gesamtlänge von mehr als 46.000 Kilometern. Für das Monitoring gibt es mehr als 2.000 Messstellen. Hinzu kommen 50 sogenannte Überblick-Messstellen, an denen die Überwachung intensiver ist.

Bei biologischen Untersuchungen wird der Zustand der Flora und Fauna betrachtet. Konkret wird unter anderem die Zusammensetzung der Arten und deren Häufigkeit in einem Gewässer unter die Lupe genommen. Der Zustand von Fischen und Wasserpflanzen legt dabei offen, ob langfristige Belastungen bestehen.

Bei chemischen Untersuchungen wird auf Schadstoffe geprüft. Aber auch andere Größen, wie beispielsweise die Vielfalt von Mineralien, werden untersucht. In weiteren Messungen wird die Gewässerstruktur geprüft - also, wie sich beispielsweise Begradigungen auf Flüsse auswirken.

Wie oft gemessen wird, hängt von den Parametern ab, der unter die Lupe genommen werden. So werden chemische Komponenten bis zu 13 Mal im Jahr gemessen, der Zustand der Fischfauna nur einmal.

Wie geht es den Flüssen und Seen in NRW denn überhaupt?

"Bedauerlicherweise sind die meisten Bäche und Flüsse nicht so naturnah, wie sie sein sollten", stellt das Landesumweltamt fest. "Ursache ist die intensive Nutzung durch uns Menschen." Flüsse wären eingeengt, durch Stoffe aus der Industrie und Landwirtschaft belastet.

Schlagzeilen zur größeren Verunreinigung von Flüssen gibt es immer wieder. Dieses Wochenende warnte die Feuerwehr vor dem Baden in der Niers. Nach einem Brandeinsatz in Goch könnte kontaminiertes Löschwasser über die Kanalisation in die Niers gelangt sein. Das Landesumweltamt (LANUV) entnahm Proben. Diese werden nun untersucht. Mit dem Ergebnis wird bis Mitte der Woche gerechnet. Solange bleibt die Warnung bestehen.

Aufsehen erregt hatte der Chempark-Betreiber Currenta im vergangenen Jahr. Das Unternehmen hat große Mengen kontaminiertes Wasser in den Rhein geleitet. Die Bezirksregierung Köln hatte hierfür Sondergenehmigungen erteilt.

Generell wurde festgestellt, dass der Rhein mit Medikamentenresten, Pestiziden und anderen chemischen Stoffen belastet ist. Die internationalen Rheinstaaten haben sich daher darauf verständigt, ihn zu reinigen. Sie haben 2020 beschlossen, dass diese Substanzen in den nächsten 20 Jahren um 30 Prozent reduziert werden.

Gibt es noch andere Bedrohungen für Fische in NRW?

Eine Bedrohung sind die hohen Temperaturen und niedrigen Wasserstände. Sie können Fischen schaden. Das zeigte sich beispielsweise 2018, als im Aasee in Münster massenweise Fische verendeten.

Denn je wärmer beispielsweise das Wasser ist, desto weniger Sauerstoff bindet es. Grundsätzlich ist das nicht problematisch - sofern sich die Fische dann in Bereiche zurückziehen könnten, wo es mehr Sauerstoff gibt. Das funktioniert eher in renaturierten Gewässern.

Ein weiteres Problem ist, dass gebietsfremde Arten in die Gewässer dringen. Im Rhein sind mittlerweile beispielsweise Muscheln aus Asien und Krebse aus Amerika zu finden. Das macht das Artengefüge im Gewässer labil.

Wo liegen die Ursachen für das Fischsterben in der Oder?

Es gibt dazu mittlerweile einige Theorien. Eine ist, dass Chemie-Abfälle in den Fluss gekippt wurden. Auch im Wasser gelöste Salze könnten im Zusammenhang mit dem Fischsterben stehen. Die Quelle der Verschmutzung wird in Polen vermutet.

Tote Fische treiben im flachen Wasser

Tote Fische treiben im Wasser

Polnische Behörden hatten wohl bereits Ende Juli Hinweise, dass in dem Fluss massenweise verendete Fische treiben. Dass diese Informationen nicht weitergegeben wurden, hat bereits zu Verstimmungen zwischen Deutschland und Polen geführt. Bundesumweltministerin Steffi Lemke sagte, sie habe deshalb nun eine bessere Koordinierung vereinbart.

"Dieses verstörende Beispiel zeigt mal wieder, wie wichtig stringente Umweltauflagen und deren konsequente Überwachung sind", heißt es vom NABU in Brandenburg. "Dies ist auf polnischer Seite offenbar vernachlässigt worden - und dadurch werden nun weite Teile der Oder und ihres Umfeldes gefährdet."

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