Nubbel-Verbrennung und Hoppeditz-Beerdigung: Das steckt dahinter

Stand: 22.02.2023, 16:12 Uhr

Mit Nubbel, Hoppeditz, Lazarus und Bacchus wollen sich viele Jecken am Veilchendienstag und Aschermittwoch zum Karnevals-Abschluss ihrer Sünden entledigen. Diese Geschichte steckt hinter dem Brauchtum.

Von Jörn Seidel

"Säufer, Fremdgänger, Herumtreiber, Lügner!" - oft wird mit Beschimpfungen wie diesen am Veilchendienstag zum Abschluss der Karnevals-Session in Köln der Nubbel verbrannt. In Jülich versenken die Jeckinnen und Jecken den Lazarus Strohmanus. In Düsseldorf wird am Aschermittwoch der Hoppeditz beerdigt. Und in einigen Städten im Ruhrgebiet - auch in Hamm - geht der Bacchus in Flammen auf. Nubbel & Co. als Sündenbock. Welche Bedeutung hat diese Tradition?

Der Nubbel - ein Sündenbock?

Der Nubbel ist in der Regel der Sündenbock im Kölner Karneval. Als solcher wird er zumindest meistens interpretiert. Es handelt sich um eine Strohpuppe, die in der Karnevalszeit über vielen Kneipen hängt. Der Nubbel bekommt dabei vieles mit: zu viel Alkohol, zu viel Fremdknutschen oder auch zu viele schwachsinnige Gespräche.

Menschen stehen um eine brennende Nubbel-Puppe

Kölner Jecken zelebrieren 2020 die Nubbel-Verbrennung.

Schuld an den großen und kleinen Sünden ist dem Brauchtum nach allerdings nicht der Jeck oder die Jeckin selbst, sondern der Nubbel. Dafür muss er büßen und wird zur Strafe verbrannt.

Mitunter beklagt ihn die Menge zuvor als bemitleidenswertes Opfer. Brennen muss er am Ende trotzdem. Und die Sünderinnen und Sünder rufen:

"Der Nubbel war's!" Jecken bei der Nubbel-Verbrennung

Die Bezeichnung Nubbel gibt es im Rheinischen Dialekt schon weitaus länger als die Tradition der Verbrennung. Die entstand nämlich offenbar erst im vergangenen Jahrhundert. Nubbel meint in der Regel einfach bloß: irgendwer.

Nubbel und Zacheies

Zum Teil wird der Nubbel in Köln auch Zacheies genannt. So hießen oft die Strohpuppen in den alten rheinischen Kirmes-Traditionen. Diese Bezeichnung geht auf den biblischen Zöllner Zachäus zurück. Dieser hatte, so die Erzählung, für den römischen Kaiser Zölle eingetrieben und sich dabei selbst bereichert.

Dass Zachäus sich schließlich von Jesus bekehren ließ und sich aus christlicher Sicht sozusagen von einem Bösen in einen Guten verwandelte, wird bei den Opfer-Traditionen allerdings eher außer Acht gelassen.

Pfarrer Mörtter: Nubbel ist kein Sündenbock

Hans Mörtter, Pfarrer im Ruhestand an der evangelischen Lutherkircher in der Südstadt in Köln, mit einer Pfeife in der Hand.

Hans Mörtter, Pfarrer im Ruhestand

Eine andere Interpretation der Nubbel-Verbrennung hat der evangelische Pfarrer Hans Mörtter, mittlerweile im Ruhestand, in der Kölner Südstadt etabliert. "Der Nubbel ist kein Sündenbock", sagt Mörtter dem WDR. Diese Interpretation sei ihm zu "billig". Das hätten schon die Nazis in den späten 30er-Jahren auf dem Chlodwigplatz in der Kölner Südstadt gemacht - genauso wie sie Juden und andere Menschen zu Schuldigen erklärten und ermordeten.

"Der Nubbel ist einer von uns." Hans Mörtter, Pfarrer im Ruhestand

Stattdessen interpretiert Mörtter den Nubbel "als einen von uns". Er schaue hin, was die Mächtigen machen. Er sei ein Aufständischer. Und er lasse sich nicht totkriegen. Jedes Jahr steige der Nubbel wie Phoenix aus der Asche. "Im Grunde ist er eine Christusgestalt."

Eine besonders große Nubbel-Verbrennung fand am Veilchendienstag auf dem Roncalliplatz neben dem Dom statt. Darüber hinaus gab es viele weitere Nubbel-Verbrennungen in Köln.

Hoppeditz-Beerdigung in Düsseldorf

Was in Köln der Nubbel ist, ist für Düsseldorf der Hoppeditz: Unter lautem Wehklagen verabschieden sich die Jeckinnen und Jecken am Aschermittwoch von ihm und dem Karneval. Los ging es um 11.11 Uhr im Stadtmuseum.

Die Figur Hoppeditz wird in Düsseldorf verbrannt.

Eine Hoppeditz-Verbrennung in Düsseldorf.

Nach einem Trauergeleit wurde die Narrenfigur aus Stroh im Garten des Stadtmuseums verbrannt und zu Grabe getragen. Danach ging es für die Trauergemeinde zum Leichenschmaus mit Fisch und Altbier.

Jülich schmeißt den Lazarus in den Fluss

Nach Einburch der Dunkelheit liegt der Lazarus Strohmanus auf dem Sprungtuch

Der Lazarus Strohmanus liegt auf einem Sprungtuch.

In Jülich gibt es die Tradition des Lazarus Strohmanus. Am Veilchendienstag tragen die Karnevalisten die blau-weiße Strohpuppe durch die Stadt, wirbeln sie durch die Luft, um sie dann in der Rur zu versenken. Im Januar nach dem Dreikönigsfest wird der Nachfolger für die Session feierlich getauft.

Bacchus im Ruhrgebiet

In einigen Städten im Ruhrgebiet, auch in Hamm, heißt die Strohpuppe Bacchus. Wie der Kölner Nubbel geht auch sie am Ende der Session in Flammen auf.

In Hamm beginnt die Zeremonie der Bacchus-Beerdigung um 18 Uhr an der Wagenbauhalle des Festkomitees Hammer Karneval.

Am Aschermittwoch ist alles vorbei

Wenn Nubbel, Hoppeditz, Lazarus und Bacchus gehen, ist der Karneval vorbei. Mit Aschermittwoch beginnt die 40-tägige Fastenzeit bis Ostern - und das lange Warten auf den 11.11., dem Hoppeditz-Erwachen und dem Beginn der nächsten Karnevals-Session.