So will Netflix künftig das Teilen von Konten verhindern

Stand: 02.02.2023, 12:21 Uhr

Bei Netflix wird es künftig schwieriger, die Zugangsdaten zu einem Account zu teilen - was viele Menschen tun. Auf diese Weise will der Streaming-Dienst mehr zahlende Kunden generieren. WDR-Digitalexperte Jörg Schieb über die Hintergründe der Pläne.

Schon seit einigen Monaten ist klar: Die goldenen Zeiten, in denen ein Netflix-User seine Kontodaten mit beliebig vielen Menschen teilen kann, dürften schon bald vorbei sein. Jetzt macht Netflix offenbar ernst: Der Streamingdienst führt neue Regeln ein - und hat auf seinen Hilfeseiten auch schon entsprechende Formulierungen veröffentlicht, die sich rasant unter den Nutzern verbreiten.

Netflix überprüft strenger das Nutzungsverhalten

Fest steht: Das Teilen eines Netflix-Accounts über Haushaltsgrenzen hinweg wird künftig deutlich erschwert. Zwar war es auch früher schon gegen die Nutzungsbedingungen, Nachbarn oder anderswo wohnende Freunde mit Zugangsdaten zu versorgen. Doch hat Netflix das lange toleriert und sogar auf den Hilfeseiten erwähnt.

Profilauswahl bei Netflix

Profilauswahl bei Netflix

Laut der nun veröffentlichten neuen Regeln soll die Legitimation künftig strenger überprüft werden. Und das funktioniert so: Künftig gibt es für jeden Netflix-Account einen "Hauptstandort", in der Regel das eigene Zuhause. Dieser Hauptstandort wird durch das dort verwendete WLAN-Netzwerk definiert. Über diesen Zugang können beliebig viele Geräte und Nutzer Filme und Serien schauen (im Rahmen des jeweiligen Tarifs).

Unterwegs Netflix schauen geht, wird aber umständlicher

Auswahl von Serien und Filmen bei Netflix

Auswahl von Serien und Filmen bei Netflix

Wer hingegen von seinem Recht Gebrauch machen will, auch unterwegs Netflix zu schauen (etwa im Urlaub oder auf Geschäftsreise), muss einige Hürden nehmen. Demnach soll es jetzt erforderlich sein, sich alle 31 Tage mit dem jeweiligen Mobilgerät einmal ins WLAN des Hauptstandortes einzuwählen und über die App etwas anzuschauen. Anschließend ist das betreffende Gerät für 31 Tage wieder "freigeschaltet" und kann ohne Einschränkungen streamen.

Welche Geräte zum Hauptstandort gehören (Fernseher, PCs, Notebooks, Tablets, Smartphones, Apple-TVs...), will das Unternehmen aus einer Melange von IP-Adresse, WLAN-Daten, Geräte-IDs und Kontoaktivitäten ermitteln.

Reaktivierung per E-Mail und Link

Wer sich schon längere Zeit nicht mehr am Hauptstandort eingewählt hat und unterwegs Netflix nutzen möchte, dem wird laut Anbieter "möglicherweise" der Zugang verwehrt. In diesem Fall könnten Nutzer ihr Gerät dann aber über einen an die E-Mail-Adresse des Hauptinhabers verschickten Link innerhalb von 15 Minuten freischalten lassen. Eine Art Reaktivierung über Bande.

Durch Fehler kündigt Netflix neue Regelung verfrüht an

Kurzzeitig waren am Dienstag auf den Hilfeseiten von Netflix bereits detaillierte Infos zu den neuen Regeln zu finden, diverse Nutzer diskutierten den Umgang damit bereits in den sozialen Netzwerken. Am Nachmittag desselben Tages war der Hinweis dann wieder von den Seiten verschwunden. Auf Anfrage des WDR sagte ein Netflix-Sprecher am Mittwoch, dass es sich dabei um einen Fehler gehandelt habe. Die Information sei noch nicht für die Veröffentlichung bestimmt gewesen, sondern habe nur zu internen Testzwecken gedient.

Wann genau und in welchen Details Netflix die Änderungen also umsetzen wird, ist noch nicht klar. Aber all das zeigt: Es wird umständlicher, Netflix außerhalb der eigenen vier Wände zu nutzen.

Anzeige bei Netflix "Alle Geräte - Ein Preis"

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Kein Wunder, denn in Zeiten deutlich gebremsten Wachstums - andere Streamingdienste wie Disney+ ziehen nicht nur attraktive Inhalte ab, sondern auch Kunden - will der erfolgsverwöhnte Streamer offenkundig alle Möglichkeiten ausloten, die Kundenzahl zu erhöhen.

Laut Netflix 100 Millionen "Schwarzseher"

Laut Netflix schauen weltweit rund 100 Millionen Menschen Netflix, ohne dafür zu bezahlen - über geteilte Konten. Eine Zahl, die sich nicht überprüfen lässt. Aber wenn sie stimmt, ist es ein großes Umsatzpotenzial. Für alle, die wenig bezahlen können oder wollen will Netflix attraktive Angebote machen, etwa werbefinanzierte Streaming-Tarife.

Netflix-Logo auf einem Bildschirm

Netflix-Logo auf einem Bildschirm

Unter den Nutzern kommen die neuen Regeln nicht gut an: Netflix hatte zuletzt - wie praktisch alle Streamingdienste - die Tarife deutlich erhöht.

Über den Autor

Jörg Schieb, WDR-Digitalexperte.

WDR-Digitalexperte Jörg Schieb

Jörg Schieb, Jahrgang 1964, ist WDR-Digitalexperte und Autor von 130 Fachbüchern und Ratgebern. Er beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Digitalisierung und deren Auswirkungen auf unseren Alltag.

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