rote Lupe, daneben Schriftzug 'nah dran', im Hintergrund junge Menschen mit Gepäck

Minderjährige Flüchtlinge - was sie jetzt brauchen

Stand: 17.02.2023, 18:26 Uhr

Sich um geflüchtete Jugendliche zu kümmern, ist für Kommunen eine Riesen-Aufgabe. WDR-Reporter Torsten Reschke spricht im Podcast "nah dran" über die Situation dieser jungen Menschen.

Acht Tage über dem offenen Meer. Dann geht der Proviant über Board. Dazu ohne Unterbrechung Wasser aus dem Boot schippen. Was nach einem Albtraum klingt, ist für Millionen Menschen Realität, wenn sie versuchen, bei einer Flucht über das Mittelmeer nach Europa zu kommen. So auch für Diyari Ibrahim. Damals war er gerade mal 16 Jahre alt und ist aus dem Nordirak ohne seine Familie nach Deutschland geflohen. In Deutschland angekommen kann er erstmal nicht zur Ruhe kommen und mit dem 18. Geburtstag stößt er vor neue Probleme.

Kein Einzelfall

WDR-Reporter Torsten Reschke hat einen Film über unbegleitete minderjährige Flüchtlinge gemacht und dabei Diyari Ibrahim kennengelernt. Diyari ist ein junger Mensch von vielen Tausenden, die jedes Jahr alleine ohne ihre Familien nach Deutschland fliehen.

Die Versorgung und Unterbringung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen ist für die Kommunen eine besondere Herausforderung. Es ist nicht nur eine Frage der Finanzen, sondern auch der intensiven Betreuung. Oft fehlt es an Personal.

Abschiebung zum 18. Geburtstag?

Wenn Jugendliche nach Deutschland fliehen und noch keine 18 sind, dann ist in Deutschland für sie das Jugendamt zuständig. Die kümmert sich um die Unterbringung und Versorgung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen.

Torsten Reschke

WDR-Reporter Torsten Reschke

Torsten Reschke berichtet davon, dass Jugendliche wie Diyari mit ihrem 18. Geburtstag oft nicht nur ohne diese besondere Jugendbetreuung dastehen, sondern auch Angst vor Abschiebung haben. Denn vor dem 18. Geburtstag dürfen sie nicht abgeschoben werden. Was sie danach vor Abschiebung schützen kann, ist zum Beispiel eine Ausbildung. Die jungen Menschen müssen als in kurzer Zeit nicht nur Deutsch lernen, sondern auch eine Ausbildung finden. Das ist ein enormer Druck.

Schaffen wir das?

Wenn man Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit nur einem Satz aus ihrer 16-jährigen Regierungszeit zitieren müsste, dann wäre es wohl der Satz "Wir schaffen das" aus dem Jahr 2015. Viele Kommunen arbeiten aktuell jedoch am Limit und fordern mehr Unterstützung vom Bund. Es stellt sich daher auch die Frage, ob dieser vielzitierte Satz von Angela Merkel heute auch noch so gesagt werden kann.

"Die Frage, die sich mir stellt, ist: Wer ist eigentlich dieses 'Wir'? Ist das die deutsche Gesellschaft, die diese Flüchtlinge betreuen muss und auch eigentlich soll? Oder sind dieses 'Wir' die Flüchtlinge selbst? Sie müssen es schaffen eine völlig fremde Sprache zu lernen und vielleicht auch einen Beruf. Sie müssen es schaffen sich völlig neu ihr Leben zu sortieren." Torsten Reschke, WDR-Reporter

Am 16.02.23 hat der Flüchtlingsgipfel getagt. Dabei haben sich Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), die Innenministern der Länder sowie Vertreterinnen und Vertretern von Kommunen getroffen. Faeser hat zwar eine bessere Abstimmung mit den Kommunen versprochen, doch diese sind von dem Gipfel enttäuscht. Viele Kommunen melden schon seit einiger Zeit, dass sie mit der Unterbringung Geflüchteter am Limit sind. Es fehle nicht nur Geld, sondern auch Kita- und Schulplätze sowie Wohnraum.

Wie Torsten Reschke die Situation von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen kennengelernt hat, was Kommunen brauchen, um eine angemessene Versorgung zu gewährleisten, und wie es Dyiari Ibrahim heute geht, erzählt er in der neuen Folge des Podcasts "nah dran".

Minderjährige Flüchtlinge: Was sie jetzt brauchen I nah dran

nah dran – die Geschichte hinter der Nachricht 17.02.2023 19:52 Min. Verfügbar bis 17.02.2028 WDR Online


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Der Podcast "nah dran"

Im Podcast "nah dran - die Geschichte hinter der Nachricht" erzählen unsere Reporterinnen und Reporter, was sie bei ihren Recherchen erlebt haben. Sie werfen einen Blick hinter die Nachrichten, hören Betroffenen zu und erleben selbst mit, wovon die meisten nur kurz in den wöchentlichen Schlagzeilen lesen. Näher ran als sie kommt keiner - egal ob im Ausland, in der Hauptstadt oder direkt vor unserer Tür in der Region.

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