Entlastung für alle? Wieso die Nachtspeicherheizung vergessen wurde

Stand: 17.11.2022, 11:46 Uhr

Mehr als 400.000 Haushalte im Westen heizen mit Strom. Doch bei den Soforthilfen wurden sie nicht berücksichtigt. Und die geplante Strompreisbremse wird wohl auch keine echte Hilfe sein.

Von Dorothea Schluttig

Sie schauen mit Sorge auf ihre Stromrechnungen und in die Zukunft: Madeline Milinković und ihre Nachbarin Ingrid Becker aus Neuss heizen ihre Mietwohnungen mit Nachtspeicheröfen und damit mit Strom. Die 21-jährige Madeline zahlt pro Monat allein für den Heizstrom 125 Euro, für die Lageristin in Ausbildung schon jetzt eine Belastung: "Wenn ich mir vorstelle, dass es da noch eine Steigerung gibt, dann zahle ich für den Strom bald fast soviel, wie für die Miete. Das finde ich ungerecht, weil andere eine Unterstützung bekommen und wir werden total vergessen."

Keine Soforthilfe für Nutzer von Nachtspeicherheizung

Tatsächlich ist eine Soforthilfe, wie sie für Gaskunden beschlossen wurde, für Nutzer von Nachtspeicherheizungen nicht vorgesehen. Sie werden auf die Strompreisbremse verwiesen, die im Januar kommen könnte. Für Privatkunden wäre dabei eine Deckelung des Preises bei 40 Cent pro Kilowattstunde vorgesehen, zumindest auf 80 Prozent des Vorjahresabschlages. Das Problem: Hier hatte man wohl nur den Haushaltsstrom im Blick, nicht den Strom, mit dem Heizungen nachts geladen werden. Bei diesem Tarif ist der Deckel für viele kaum eine Hilfe. 

Strompreisbremse greift bei Nachtspeichertarifen oft nicht

So kritisiert Udo Sieverding, Energieexperte der Verbraucherzentrale NRW: "Viele Haushaltsstromtarife drohen jetzt in Richtung 50 Cent pro Kilowattstunde zu gehen, da ist die Bremse bei 40 Cent sinnvoll. Die Nachtstromspeicher-Heizungstarife waren immer deutlich niedriger, bei etwa 15 Cent und gehen nun hoch auf 34 oder 38 Cent. Das bedeutet, dass die Kunden jetzt deutlich mehr zahlen müssen, aber unterhalb der 40 Cent bleiben. Das heißt: dieser Deckel bringt ihnen gar nichts."

Madeline Milinković und ihre Nachbarin Ingrid Becker aus Neuss schauen mit Sorge auf ihre Stromrechungen

Madeline Milinković und ihre Nachbarin Ingrid Becker

Madeline Milinković jedenfalls könnte eine solche Preissteigerung kaum stemmen: "Ich müsste beim Essen extrem sparen und überlegen, wie ich mich weiter einschränken könnte. Ich bin schon sehr sparsam, ich heize kaum und wüsste dann auch nicht mehr weiter."

Kunden mit Nachtstromheizung bei Entlastungen vergessen?

Hat man Nachtspeicherheizungskunden tatsächlich vergessen? Vom Bundeswirtschaftsministerium heißt es dazu auf Anfrage des WDR nur allgemein, auch Nachtspeicherheizungskunden würden künftig von einer Preisbremse profitieren: "Es gibt derzeit innerhalb der Regierung (…) intensive Arbeiten an der Gas- und Strompreisbremse. Unter anderem werden dabei auch Regelungen für zeitvariable Tarife diskutiert." Was damit genau gemeint ist bleibt offen.

Hoffnung: Soforthilfe-Fonds für Härtefälle

Eine Hoffnung für Betroffene: Für sogenannte "Härtefälle" empfiehlt der Abschlussbericht der Gas und Wärme-Kommission für den Zeitraum 1. Januar 2022 bis 30. April 2024 einen Soforthilfe-Fonds einzurichten. Er soll auch Haushalte entlasten, die mit Heizkosten abseits von Gas oder Fernwärme "überfordert" sind: "Die betroffenen Haushalte könnten in Abhängigkeit der Temperaturentwicklung eine gewisse Summe als monatliche Zahlung erhalten."

Wie hoch diese ausfallen würde, wer genau als "Härtefall" gilt und inwiefern auch Menschen mit Stromheizung davon profitieren können, ist noch unklar. Udo Sieverding von der Verbraucherzentrale NRW fordert daher: Es gelte zu prüfen, ob man für Nachtspeicherheizungskunden nochmal eine gesonderte Preisbremse deutlich unter 40 Cent einrichtet, vielleicht bei 25 bis 30 Cent pro Kilowattstunde. Alternativ müsse unbedingt sicher gestellt werden, dass der Härtefall-Fonds so gestaltet sei, dass er offen auch für diese Kunden wäre. Noch aber handelt es sich bei dem Soforthilfe-Fonds lediglich um einen Vorschlag der Gas und Wärme-Kommission.

Madeline Milinković und ihre Nachbarin jedenfalls hoffen, dass die Regierung endlich auch jene differenzierter in den Blick nimmt, die mit Strom heizen.