Metaverse: Jetzt haben Avatare Beine

Stand: 13.10.2022, 07:30 Uhr

Mark Zuckerberg hat auf der "Meta Connect"-Konferenz vor allem Entwickler auf das Metaverse eingeschworen. Vorgestellt wurde eine teure VR-Brille – und Avatare haben endlich Beine. WDR-Digitalexperte Jörg Schieb über die Hintergründe.

Vor ziemlich genau einem Jahr hat der Facebook-Gründer öffentlich gemacht, dass sein Konzern nicht mehr Facebook, sondern Meta heißen soll. Als Zeichen für Veränderungen im Konzern: Mitarbeiter und Partner werden umfassend auf das geplante Metaverse eingeschworen, das der Konzern Meta aufbauen will.

Meta Connect: Alle ins Metaverse, bitte!

Auf der Entwicklerkonferenz "Meta Connect", die jetzt online stattgefunden hat, drehte sich alles um die virtuellen Welten im Metaverse. Wenig überraschend, dass Meta-Gründer Mark Zuckerberg euphorisch in die Zukunft blickt: Das Metaverse soll nicht weniger als der Nachfolger des mobilen Internet werden – geht es nach Zuckerberg. Im Jahr 2030 erwarte der Konzern eine Milliarde Menschen in seinem Metaverse.

Jeder, der ins Metaverse will, braucht einen Avatar – und die kann man sogar aufwändig aufpimpen

Wer Games wie Roblox, Fortnite oder Minecraft kennt, hat eine ungefähre Vorstellung, wie das aussehen könnte: Die Menschen bewegen sich frei in einem komplett virtuellen Raum – und mit einem frei gestaltbaren Avatar. Und der hat jetzt auch Beine, die sich sogar "natürlich aussehend bewegen", wie mir in einem Pressegespräch stolz erklärt wurde. Diese Avatare sind unser digitales Alter Ego und können mit denen anderer Usern interagieren, aber auch Dinge kreieren oder umgestalten. Eine virtuelle Welt eben.

VR-Brillen kosten ab 450 EUR

Der Unterschied zu den populären Games, wo dies bereits Alltag ist: Künftig sind alle virtuellen Welten miteinander verbunden. Zuckerberg wirbt dafür, dass wir uns künftig in virtuellen Räumen treffen, virtuelle Konzerte besuchen, sogar Sport machen im virtuellen Raum – oder in die Geschichte reisen, virtuelle Hörsäle besuchen und natürlich auch virtuell Meetings abhalten.

Die neue VR-Brille Quest Pro kostet 1500 EUR – und bietet eine Mixed Reality

Es ist vieles möglich. Wer wirklich mitmachen will, braucht aber eine VR-Brille. Facebook hat den Hersteller Oculus Rift gekauft und verkauft jetzt VR-Brillen wie die vergleichsweise neue Quest 2, die ab 450 EUR aufwärts kosten.

Wer auch noch Sensoren für die Hand haben will, damit man auch etwas greifen oder zeigen kann, bezahlt sogar noch mehr.  Die neue Meta Quest Pro, die Meta jetzt auf der Konferenz "Meta Connect" vorgestellt hat und sogar Mixed Reality bietet – wer die Brille trägt, sieht eine Mischung aus echter Umgebung und VR-Welt –, wird in Deutschland gar nicht erst angeboten werden.

Ein schneller Internet-Anschluss ist auch erforderlich. Das allein ist schon eine enorme Barriere.

Enormer Energieaufwand

Doch ein Aspekt, der bislang kaum bis gar nicht zur Sprache kommt, ist der enorme Energiebedarf eines Metaverse. Um die aufwändigen VR-Welten optisch anbieten zu können, ist enormer Rechenaufwand nötig. Auf den Servern, in den Geräten und Brillen. Das kostet viel Strom – und hinterlässt einen enormen CO2-Footprint, solange nicht der gesamte Strom aus regenerativen Quellen kommt.

Chip-Hersteller Intel geht davon aus, dass eine 1.000-fache Steigerung der Rechenkapazität erforderlich ist. Bedeutet eine enorme Steigerung des Energieverbrauchs. Laut einem Bericht des Beratungsunternehmens für digitale Transformation ECS kann das Training eines einzelnen KI-Modells, wie es in VR-Welten benötigt wird, etwa 284.000 Kilogramm Kohlendioxid erzeugen. Das stellt mehr als das Fünffache dessen dar, was ein durchschnittliches Auto während seiner kompletten Nutzungsdauer verbraucht.

Metaverse kann Reisen einsparen

Europa-Chef Tino Krause von Meta stellt sich im Interview mit Jörg Schieb

Auch die im Metaverse unweigerlich notwendigen Blockchains sind zwar sicher, aber ineffizient und energiehungrig. Tino Krause, Europa-Chef von Meta, sieht es im Interview gelassen: "Wir selbst sind schon jetzt komplett mit erneuerbaren Energien versorgt. Außerdem lässt sich durch virtuelle Treffen eine Menge Energie einsparen: Viele Reisen werden unnötig".

Das stimmt. Aber ob das Sparpotenzial wirklich den deutlich ansteigenden Energiebedarf und den damit unweigerlich einhergehenden CO2-Ausstoß ausgleichen kann, bezweifeln viele Experten.

Das Metaverse bietet interessante Ansätze. Aber als Angebot für die Massen eignet es sich eher weniger. Aufgrund der hohen Einstiegskosten – und wegen des immensen Energieaufwands.

Über den Autor

Jörg Schieb, WDR-Digitalexperte.

WDR-Digitalexperte Jörg Schieb

Jörg Schieb, Jahrgang 1964, ist WDR-Digitalexperte und Autor von 130 Fachbüchern und Ratgebern. Er beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Digitalisierung und deren Auswirkungen auf unseren Alltag.