Protest gegen Massentourismus auf Mallorca
00:36 Min.. Verfügbar bis 22.07.2026.
Massentourismus: Zehntausende demonstrieren auf Mallorca
Stand: 22.07.2024, 10:35 Uhr
Auf Mallorca haben Einheimische erneut gegen die Belastungen durch Massentourismus protestiert. Die Demonstranten kritisieren, dass nur eine Minderheit vom Tourismus profitiere. Zudem zerrten Staus, Lärm und Schmutz an den Nerven der Mallorciner.
Es ist bereits die dritte Demonstration dieser Art in diesem Jahr auf Mallorca. Am Sonntagabend hatten etwa 20.000 Menschen gegen Massentourismus demonstriert - mitten in der Hochsaison.
Kritik an Billigfliegern und Kreuzfahrtschiffen
Die Menschen hielten Plakate mit Aufschriften wie "Your luxury, our misery - Euer Luxus, unser Elend" oder "Wir wollen nicht die Vorreiter beim Anstieg der Wohnkosten sein".
Sie machten sich unter dem Motto "Weniger Tourismus, mehr Leben" vom Park Ses Estacions auf den Weg durch die Altstadt Palmas. Eine Umweltaktivistin erklärt, was mit dem Motto gemeint ist: "Zu viel, zu voll - auch in der Inselhauptstadt Palma. Vor allem wenn auch noch riesige Kreuzfahrtschiffe einlaufen".
Kreuzfahrttouristen bringen weitere Probleme
Es sein ein Problem mehr, noch ein Touristentyp mehr, sagt die Umweltaktivistin. "Auf Mallorca haben wir alle - Strandurlauber, Radfahrer, Leute, die kommen, um gut zu essen, Menschen, die Spiritualität suchen und Kreuzfahrttouristen. Das hat die Stadt verändert", kritisiert sie. Palma werde zu einem Freizeitpark - sukzessive auch die ganze Insel.
Der Wohnraum auf der Insel wird knapp
Neben den Ozeanriesen richtet sich die Kritik der Teilnehmer auch gegen die hohen Preise für Wohnungen und Billigflieger. Urlauber, an denen die Demonstranten vorbeizogen, seien beeindruckt gewesen, schrieb die "Mallorca Zeitung". Einige hätten die Demonstranten sogar ermutigt und Beifall geklatscht. Anderen sei die Kundgebung eher unangenehm gewesen.
Auf jeden Einheimischen kommen 15 Urlauber
"Spanien steht seit mehr als 30 Jahren auf Platz eins der Rangliste der Reiseziele der deutschen Bevölkerung", unterstreicht Tourismusforscher Jürgen Schmude im WDR. Schaut man innerhalb der Länder sei Mallorca ein Hotspot. Das zeigen auch die Zahlen: 18 Millionen Urlauber waren im vergangenen Jahr auf Mallorca und den anderen Balearen-Inseln zu Gast.
Auf einen Einheimischen kommen somit 15 Urlauber pro Jahr. Der Tourismus macht einen großen Teil der Einnahmen aus. Die Demonstrierenden finden aber, dass von dem Geld nur wenige profitieren - und viele Jobs beispielsweise in der Gastronomie schlecht bezahlt sind. "Die Bevölkerung spürt, dass die wirtschaftliche Tragfähigkeit überschritten ist", sagt Schmude.
Alkoholverbot seit Mai
Bereits im Mai dieses Jahres ging die Regionalregierung der Balearen mit einem schärferen Gesetz gegen den Party-Tourismus am Ballermann vor. Seither darf an bestimmten Orten gar kein Alkohol mehr auf offener Straße oder auch am Strand getrunken werden, selbst wenn man alleine unterwegs ist. Schon zuvor waren Trinkgelage, also der Alkoholkonsum in der Gruppe, auf offener Straße verboten.
Immer wieder Exzesse von Touristen
Auch Gruppen aus NRW haben in der Vergangenheit für Negativ-Schlagzeilen gesorgt, etwa die Kegelbrüder aus Münster. Sie waren beschuldigt worden, einen Brand durch herabgeworfene Zigaretten ausgelöst zu haben. Einer Gruppe von Männern aus dem Märkischen Kreis war vorgeworfen worden, eine 18-Jährige in einem Hotel vergewaltigt zu haben.
Pauschale für Tagestouristen
Mallorca und die anderen Balearen-Inseln sind kein Einzelfall. Santorini, Barcelona, Venedig - immer mehr Touristen bestimmen dort das Straßenbild. Immer mehr Städte versuchen die Umweltbelastungen, die der Tourismus mit sich bringt, zu verringern. Auch in Barcelona denken die Behörden darüber nach, die Pauschale für Tagestouristen zu erhöhen.
Umgesetzt wurde dies in einer Testphase in diesem Jahr bereits in Venedig. Dort hatte die Stadt seit dem 25. April an jedem Wochenende fünf Euro Eintritt von Kurzurlaubern verlangt. Eigentlich sollte damit erreicht werden, dass weniger Touristen nach Venedig kommen. Doch die Einnahmen mehr von als zwei Millionen Euro bis zum Ende der Testphase im Juli zeigt: Der Versuch hat nicht viel gebracht.
Unsere Quellen:
- Nachrichtenagenturen dpa, Reuters, AFP, afpd
- Tourismusforscher Jürgen Schmude im WDR
- ARD-Spanien-Korrespondentin
Über dieses Thema berichtete der WDR am 22. Juli 2024 auch im WDR 5 Morgenecho.