Lauterbach warnt vor Corona-Winterwelle - zu Recht?

Stand: 24.11.2022, 11:13 Uhr

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kritisiert Bundesländer, die Corona-Regeln lockern. Im ARD-Interview warnt er vor einer neuen Infektionswelle. Gibt es dafür Anzeichen?

"Ich glaube, dass wir noch einmal eine Winterwelle bekommen werden", sagte Lauterbach am Donnerstag dem Radiosender BR24. Er verstehe deshalb die Eile mancher Bundesländer bei der Lockerung von Corona-Regeln nicht. Die Länder lieferten sich dabei teilweise einen "Überbietungswettbewerb", der für vulnerable Gruppen gefährlich werden könne.

Wie begründet Lauterbach seine Warnung? Gibt es überhaupt Anzeichen für eine neue Infektionswelle? Fragen und Antworten.

Womit begründet Lauterbach seine Warnung?

Der Gesundheitsminister verweist unter anderem auf eine gestiegene "Übersterblichkeit" im Monat Oktober. Aktuell würden außerdem in jeder Woche rund 1.000 Sterbefälle im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion registriert. Die Pläne Bayerns und Schleswig-Holsteins, in wenigen Wochen die Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr abzuschaffen, bezeichnet er deshalb als "leichtsinnige" Entscheidung.

Wie hoch sind die aktuellen Infektionszahlen?

Aktuell scheint die Corona-Lage in Deutschland noch relativ entspannt zu sein. Am Donnerstag meldete das Robert-Koch-Institut (RKI) eine bundesweite Sieben-Tages-Inzidenz von gerade mal 186,9. Allerdings gilt die Inzidenz bereits seit einiger Zeit nicht mehr als verlässlicher Indikator für den Pandemieverlauf. Denn dabei werden nur Infektionen gezählt, die durch einen PCR-Test bestätigt wurden. Viele Infizierte verzichten jedoch mittlerweile auf einen solchen Test.

Doch auch die Überwachung der Viruslast im Abwasser an ausgewählten Standorten zeigt, dass keine "versteckte" Welle über Deutschland rollt. Im Gegenteil: Die Werte sinken.

Wie sah es im November und Dezember vor einem Jahr aus?

Auch 2021 wurde in den letzten beiden Monaten des Jahres keine extreme Infektionswelle registriert: Am 24. November 2021 meldete das RKI eine bundesweite Inzidenz von 405, die sich auch im Dezember nur wenig steigerte. Erst Anfang Januar 2022 stiegen die Zahlen dann wieder massiv an - am 21. März hatte die Winterwelle ihren Höhepunkt erreicht.

Erwarten Forscher eine starke Winterwelle?

Ausschließen wollen sie eine solche Entwicklung nicht - aber sogar Virologe Christian Drosten äußert sich vorsichtig optimistisch: Die Dynamik der Infektionswellen im Jahr 2022 deuteten auf ein "kommendes Ende der Pandemie" hin, sagte Drosten der "Zeit" vom Donnerstag. Inzwischen reichten laut Drosten schon "kleine Einflussfaktoren wie eine Wetteränderung", um eine Welle anzuschieben oder brechen zu lassen.

Der weitere Verlauf des Winters hänge davon ab, welche Corona-Variante sich als nächstes durchsetzt: "Gerade nehmen gleich zwei Omikron-Varianten Anlauf: BF.7 und BQ.1.1." Sollte der besonders ansteckende Omikron-Abkömmling BQ.1.1 dominant werden, "könnte der Winter noch einmal schwierig werden", sagte Drosten. Er sehe aber auch die Möglichkeit einer eher sanften Winterwelle.

Wie passt das mit der hohen Übersterblichkeit im Oktober zusammen?

Besonders im Oktober waren die Sterbefallzahlen in Deutschland überdurchschnittlich hoch. Sie lagen rund 19 Prozent höher als im langjährigen Mittel. Ob dieser Anstieg aber wirklich hauptsächlich mit Corona-Infektionen zusammenhängt, das ist umstritten. Auch im Sommer war ein signifikanter Anstieg der Übersterblichkeit gemeldet worden, was vor allem mit der lang andauernden Hitzewelle in Verbindung gebracht wurde.

Was den starken Anstieg im Oktober ausgelöst hat - das ist noch ungeklärt. Selbst Lauterbach räumte bei Twitter ein, dass der Zusammenhang mit der Pandemie nicht bewiesen ist. Es könnte sich um Spätfolgen des heißen Sommers handeln, so eine Theorie. Auch verpasste Vorsorgeuntersuchungen während der Pandemie oder der Personalmangel in den Krankenhäusern werden als mögliche Faktoren diskutiert.

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