Ministerpräsident Hendrik Wüst

Kommentar: Hendrik Wüst, der große Heimlichtuer

Stand: 25.01.2023, 16:19 Uhr

Im Streit um gelöschte E-Mails zur Rahmedetalbrücke gerät Ministerpräsident Wüst immer weiter unter Druck. Hinter seinem Verhalten steckt eine gefährliche Ingoranz.

Von Tobias ZacherTobias Zacher

Hendrik Wüst (CDU) ist nicht einmal anderthalb Jahre als Ministerpräsident im Amt. Und doch zeigt seine ganz persönliche Amtsführung schon zwei sehr deutliche Merkmale.

Das erste ist der Wunsch, bloß keinen Fehler zu begehen, sich möglichst nicht angreifbar zu machen. Deshalb ist ihm das Ordenverleihen und Bäumepflanzen auf symbolischen Terminen lieber, als dorthin zu gehen, wo der Konflikt lauert. Diesen eher präsidialen Regierungsstil abseits vom umkämpften Tagesgeschäft hat sich der frühere politische Hitzkopf Hendrik Wüst abgeschaut - bei Angela Merkel und Olaf Scholz.

Ministerpräsident Wüst pflanzt Erinnerungsbaum für Flutopfer

Ministerpräsident Wüst pflanzt einen Erinnerungsbaum für Flutopfer

Wüst hält wichtige Dinge geheim

Das zweite Merkmal seiner Amtsführung hat mit dem ersten zu tun, es ist sozusagen eine Verlängerung des Wunsches, sich nicht angreifbar zu machen. Doch dieses Merkmal ist wesentlich problematischer: Der Politiker Hendrik Wüst hält gern wichtige Dinge geheim.

Der Neubau der Rahmedetalbrücke wurde in Wüsts Amtszeit als Verkehrsminister aufgeschoben, immer weiter, um viele Jahre. Das war eine fatale Fehlentscheidung, wie wir heute wissen. Wann wurden Wüst die immer weiteren Verzögerungen klar? Wie hat er darauf reagiert? War er gar selbst mit der Entscheidung befasst, oder seine engen Mitarbeiter?

All das will Hendrik Wüst seit über einem Jahr nicht beantworten. Zuletzt hat er in dieser Woche auf entsprechende Fragen der versammelten Journalisten in der Landespressekonferenz schlicht keine Antworten gegeben. Im Plenum des Landtags, dem Zentrum der nordrhein-westfälischen Demokratie, wurde er am Mittwoch immer wieder aufgefordert, Klarheit in der Sache zu schaffen. Doch in der extra anberaumten Aktuellen Stunde trat er nicht einmal ans Rednerpult.

Erinnerungen an Mallorca-Affäre kommen auf

Das Ganze erinnert an sein Verhalten in der Mallorca-Affäre der ehemaligen Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU). Die hatte bei Sonnenschein und feinen Speisen den Geburtstag ihres Mannes gefeiert, während in NRW nach der Hochwasserkatastrophe noch viele Menschen im Dreck standen. Heinen-Esser hatte das trotz mehrfacher Nachfragen verschwiegen. Bekannt wurde es nur durch Berichterstattung in den Medien.

Und Hendrik Wüst? Wann wusste er als Regierungschef von der längeren Mallorca-Reise seiner Ministerin? Womöglich schon seit Wochen, ohne dass er diesen heiklen Vorgang öffentlich gemacht hat? Diese Fragen beschäftigten seinerzeit einen Untersuchungsausschuss. Die Ministerin musste damals zurücktreten. Hendrik Wüst schweigt über seine genaue Rolle, bis heute. Auch hier werden Nachfragen schlicht nicht beantwortet.

Dabei ist er als Ministerpräsident Rechenschaft schuldig - den Abgeordneten und den Wählerinnen und Wählern. Dass Hendrik Wüst Öffentlichkeit und Parlament in dieser Form ignoriert ist nicht nur respektlos. Es ist eine Gefahr für die demokratische Kultur im Land.

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