Hendrik Wüst

Straßenbau: Hat Hendrik Wüst Parteifreunde bevorzugt?

Stand: 26.04.2023, 15:40 Uhr

In der Zeit, in der Hendrik Wüst Verkehrsminister war, gingen auffällig viele beschleunigte Straßenbauprojekte an CDU-Wahlkreise. Wurden Vorhaben politisch priorisiert? Und was heißt das für die Rahmedetalbrücke?

Von Tobias Zacher

Die SPD im Landtag wirft Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) vor, in seiner Zeit als Verkehrsminister die Wahlkreise von CDU-Parteifreunden beim Straßenbau bevorzugt zu haben. Zudem wurden aus Sicht der Sozialdemokraten aus dem Ministerium Medienkampagnen für diese Wahlkreisabgeordneten organisiert.

SPD: Wüst hat "Regierungs- und Parteihandeln vermischt"

Gordan Dudas, SPD-Fraktion im Landtag

Gordan Dudas (SPD)

Wüsts Haus habe die Öffentlichkeitsarbeit von Parteifreunden "gezielt gesteuert", obwohl das Ministerium eigentlich "überparteilich agieren muss", kritisierte Gordan Dudas, der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, am Mittwoch im Verkehrsausschuss. Es entstehe der Eindruck, "dass Hendrik Wüst Regierungs- und Parteihandeln vermischt hat", erklärte er. "Die Bürgerinnen und Bürger müssen sich darauf verlassen können, dass die Regierung im allgemeinen und nicht im parteipolitischen Interesse agiert. Es darf auf keinen Fall sein, dass ein Regierungsmitglied Institutionen des Staates für die Zwecke seiner Partei einspannt", so Dudas.

Die Landesregierung wies diese Vorwürfe zurück. Der heutige Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) betonte, er sei bei den Vorgängen seinerzeit nicht involviert gewesen. Er könne dennoch versichern, dass das Verkehrsministerium überparteilich arbeitet. Eine "selbstverständlich stattfindende Öffentlichkeitsarbeit des Ministeriums" unter Hendrik Wüst wollte Krischer nicht kommentieren.

SPD: Wüst hat als Verkehrsminister CDU-Projekte bevorzugt

WDR 5 Westblick - aktuell 26.04.2023 01:41 Min. Verfügbar bis 25.04.2024 WDR 5


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Acht von zehn beschleunigten Vorhaben in CDU-Wahlkreisen

Tatsächlich gibt es Hinweise darauf, dass das Verkehrsministerium in Hendrik Wüsts Amtszeit CDU-Wahlkreise beim Straßenbau bevorzugt haben könnte: Wüst ließ als Verkehrsminister erstmals 2018 einen "Masterplan für die Umsetzung des Fernstraßenbedarfsplans" erstellen. Darin legte sein Ministerium die Reihenfolge fest, in der die zahlreichen Straßenbauprojekte umgesetzt werden sollten. In den kommenden Jahren wurden immer wieder neue Projekte in diese Liste aufgenommen, um sie zu beschleunigen – in den Jahren 2019 bis 2021 waren dies insgesamt zehn Bauvorhaben. Acht von zehn dieser Straßenbaupläne mit besonderer Priorität lagen in Wahlkreisen von CDU-Landtagsabgeordneten.

Ministerium initiierte offenbar Foto-Termin

Dieser Umstand schien dem Verkehrsministerium sehr bewusst zu sein. Denn im Februar 2019 schrieb die Leiterin der Presseabteilung im Verkehrsministerium in einer hausinternen E-Mail: "Ich bräuchte mal dringend die Namen der Abgeordneten, die von neu aufgenommenen Maßnahmen betroffen sind. Mit denen sollen morgen nach Fraktion Bilder gemacht werden." Zu den Fototerminen sollten die Abgeordneten Poster zur Verfügung gestellt bekommen. Der E-Mail-Verkehr liegt dem WDR vor. Zunächst hatte T-Online darüber berichtet.

Rahmedetalbrücke: Zweifel an Wüsts Darstellung wachsen

Ein weiterer Hintergrund der Auseinandersetzung im Verkehrsausschuss ist die Tatsache, dass Hendrik Wüst im Dezember behauptet hatte, er habe als Verkehrsminister auf die Reihenfolge von Ausbau und Sanierung von Autobahnen keinen Einfluss genommen. Wüst wurde damals nach seiner Verantwortung bei der Sperrung der A45-Rahmedetalbrücke gefragt. Wörtlich sagte er, die Priorisierungen im Straßenbau würden festgelegt "aufgrund fachlicher Entscheidungen von Experten, die trifft man nicht politisch".

Doch daran gibt es zunehmend Zweifel.

Planungsbeschleunigung von ganz oben angeordnet

So schrieb beispielsweise Wüsts Staatssekretär Hendrik Schulte im September 2020 an eine Mitarbeiterin des Verkehrsministeriums: "Bitte stellen Sie sicher, dass diese beiden Verfahren unter allen Umständen (auch unter Inanspruchnahme großzügiger Regelungen) noch in diesem Jahr eingeleitet werden." Gemeint waren damit der Bau der Berliner Brücke an der A59 bei Duisburg sowie der Ausbau des Autobahnkreuzes Kaiserberg, die in der Folge tatsächlich beschleunigt wurden. Das geht aus entsprechenden Dokumenten hervor.

Der Staatssekretär, der in der Hierarchie direkt unter Minister Wüst stand, veranlasste mit seiner E-Mail also offenbar genau das, was Wüst bestreitet: Eine politische Einflussnahme auf die Beschleunigung von Straßenbau-Maßnahmen.

Bau der Rahmedetalbrücke wurde nicht beschleunigt

Eine solche Beschleunigung gab es bei der Rahmedetalbrücke nicht. Im Gegenteil: Der eigentlich für 2019 geplante Neubau wurde in Wüsts Amtszeit als Verkehrsminister immer weiter aufgeschoben. Damals war der Landtags-Wahlkreis "Märkischer Kreis III", in dem die Rahmedetalbrücke liegt, in SPD-Hand.

Im Dezember 2021 musste die Brücke vollständig für den Verkehr gesperrt werden, weil sie zu marode war.