Zwei Tage lange trafen sich in Duisburg die Länder-Verkehrsminister zu ihrer Konferenz unter dem Vorsitz von NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne). Das wichtigste Ergebnis: Die Länder haben einstimmig beschlossen, einem milliardenschweren Verkehrsinfrastrukturfonds auf die Beine zu helfen. Eine Kommission, an der sich die Länder, aber auch der Bund beteiligen sollen, erhält den Auftrag, in den nächsten Monaten offene Fragen zur Umsetzung zu klären.
Ziel ist, dass die nächste Bundesregierung - der reguläre Wahltermin für die Bundestagswahl ist am 28.09.2025 - den Fonds mit in die Koalitionsverhandlungen einbeziehen kann. Dieser solle dann schnell in der nächsten Legislaturperiode umgesetzt werden. Alle 16 Fachministerinnen und -minister waren sich einig, dass dringender Handlungsbedarf besteht.
Die Grundidee des Fonds
In der öffentlichen Verkehrsinfrastruktur gibt es einen enormen Investitionsstau in fast allen Bereichen, bei Brücken, Straßen, Schienen, Wasserwegen. Um dies zu finanzieren, soll ein Verkehrsinfrastrukturfonds aufgelegt werden, der über einen längeren Zeitraum Mittel dafür bereitstellt. Dieser Fonds soll in Form eines Sondervermögens des Bundes ohne Gewinnerzielungsabsicht aufgesetzt werden. Der Bedarf wird auf mehrere Milliarden Euro geschätzt.
Aktuell wird häufig nur von Haushaltsjahr zu Haushaltsjahr gedacht, wie es die Verkehrsministerin von Rheinland-Pfalz, Daniela Schmidt (FDP), formulierte. Man brauche aber Lösungen, die auch über Legislaturperioden hinausgehen. Der Fonds könne im Idealfall dann eine Blaupause werden für die Länder und Kommunen, sagte die Verkehrsministerin aus dem Saarland, Petra Berg (SPD).
Die offenen Fragen
Die Kommission soll unter anderem diese offenen Fragen klären:
- Gilt für den Fonds die Schuldenbremse?
- Sollen Einnahmen aus der LKW-Maut oder dem Europäischen Emissionshandel in den Fonds fließen?
- Welchen Bedarf gibt es, wie hoch müssen die Mittel sein?
- Soll der Fonds auch für private Investoren geöffnet werden?
- Wie sieht die genaue Struktur, der Aufbau des Fonds aus?
- Soll der Fonds über ein Bundesgesetz implementiert werden?
- Ab wann könnte der Fonds einsatzbereit sein?
- Wer kontrolliert den Fonds? Der Bundesrechnungshof?
- Kann der Fonds selbst Kredite aufnehmen?
Die Kritik an Bundesverkehrsminister Wissing
Die Idee eines Verkehrsinfrastrukturfonds hatte Bundesverkehrsminister Volker Wissing vor rund einem halben Jahr aufgebracht. Daraufhin hatte bereits die letzte Verkehrsministerkonferenz (VMK) der Länder im April den Bund aufgefordert, der VMK bis zur Herbstkonferenz ein Konzept vorzulegen. Doch nichts passierte.
Die Unzufriedenheit darüber wurde auf der Abschlusspressekonferenz mehrfach geäußert. Mal freundlich-diplomatisch, wie durch den Vorsitzenden Krischer: "Wir könnten uns hier vorstellen, dass es etwas schneller vorangeht." Mal direkter, wie durch die rheinland-pfälzische Verkehrsministerin Daniela Schmidt (FDP): "Wir sind nicht der Aufsichtsrat der Wissing-AG", aus Eigeninteresse habe man darum nun die Einsetzung der Kommission beschlossen.
Trassenpreise
Die Konferenz beschäftigte sich ebenfalls mit den Trassenpreisen für die Nutzung des Schienennetzes. Einstimmig sprach sich das Gremium gegen die geplante Erhöhung der Trassenpreise aus. Sie würden die ohnehin schon angespannte Situation für den ÖPNV erheblich verschärften. Oliver Krischer rechnete vor, dass die "saftige Erhöhung der Schienenmaut", die die Länder an die Bahn zahlen müssen, für NRW konkret eine Zusatzbelastung im dreistelligen Millionenbereich bedeuten würde.
Aktuell ist die Erhöhung der Trassenpreise auf 1,8 Prozent begrenzt, der Bund plant eine Erhöhung auf 5,9 Prozent. Auch um mehr Anreize für die Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene zu schaffen, müsse das gesamte Trassenpreissystem überarbeitet werden, forderte die VMK.
E-Mobilität
Die Verkehrsministerinnen und -minister forderten zudem den Bund auf, ein Modell zur Förderung der Elektromobilität vorzulegen, das längerfristig wirkt. Oliver Krischer betonte: "Um das Ziel von 15 Millionen E-Fahrzeugen in 2030 zu erreichen", brauche es steuerliche Anreize und klare Rahmenbedingungen für die Ladeinfrastruktur "und keine Ablenkungsdebatten über E-Fuels und keine ständige Infragestellung der Ziele".