NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU) hat am Montag erste Ergebnisse der Unterrichtsstatistik für das erste Schulhalbjahr 2023/2024 vorgelegt. Demnach sind insgesamt 4,7 Prozent der Unterrichtsstunden ersatzlos ausgefallen.
Es wurde jedoch deutlich häufiger nicht nach Stundenplan unterrichtet, sondern zu Alternativen gegriffen. Lediglich 78,3 Prozent Unterricht fanden wie geplant statt. Zum Vergleich: Im Schuljahr 2018/2019 als die systematische Erhebung des Ministeriums anfing, waren es 83 Prozent.
Die Alternativen zum Totalausfall
Und das sind die Zahlen für die alternativen Stunden:
- Unterricht in besonderer Form: 5,3 Prozent
- Vertretungsunterricht in der Klasse: 8,1 Prozent
- Vertretungsunterricht in veränderter Lerngruppe: 1,6 Prozent
- Distanzunterricht: 0,5 Prozent
- Eigenverantwortliches Arbeiten: 1,5 Prozent
Als "Unterricht in besonderer Form" bezeichnet das Ministerium unter anderem "Schulfahrten, Exkursionen, Projekttage, Praktika, Wettbewerbe, Schul- oder Sportfeste".
Die Ursachen des Unterrichtsausfalls
Schulministerin Feller nennt als Ursachen kurzfristige Personalausfälle, Konferenzen und Dienstbesprechungen der Lehrkräfte während der Schulzeit, verkürzte Schultage vor den Ferien, nach Zeugnisausgaben und Einschulungstagen.
Zudem nennt Feller zwei "Sondereffekte": Den Schulen habe im ersten Schulhalbjahr 2023/2024 ein zusätzlicher "pädagogischer Tag" zur Verfügung gestanden. Sein Ziel sei, "die Konzepte für das Lehren und Lernen in der digitalen Welt weiterzuentwickeln". Laut der Ministerin schlägt sich dies mit einem Prozent in der Statistik nieder. Und die Erkältungswelle im Winter habe über mehrere Wochen zu einem erhöhten Krankenstand der Lehrkräfte geführt.
Weiteren Aufschluss über die Ursachen des Ausfalls erhofft sich Feller von einer Detailerhebung, zu der die Schulen verpflichtet sind: Sie müssen im Lauf eines Jahres für zwei Wochen detailliert auflisten, welche Gründe es für den Ausfall gibt und welche Vertretungsmaßnahmen ergriffen wurden. Die Zahlen zum laufenden Schuljahr sollen laut Ministerium im vierten Quartal vorliegen.
Feller: In Summe mehr Unterricht an NRW-Schulen
Im Fünf-Jahres-Vergleich verzeichnet die CDU-Politikerin dennoch ein Plus beim Unterricht an NRW-Schulen. Denn bei den angesetzten und erteilten Unterrichtsstunden seien bei den Klassen 1 bis 10 durchschnittlich 1,8 Prozent mehr Unterrichtsstunden pro Klasse und Woche angesetzt worden. "Damit verbleibt nach Abzug der höheren Ausfallrate immer noch ein Mehr an Unterricht."
SPD spricht von "geschönter Statistik"
Die schulpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Dilek Engin, nannte die Zahlen "ein absolutes Desaster". Der Ausfall sei "verheerend hoch". Die von Feller vorgelegte Statistik, so der Vorwurf der SPD, "verschleiert jedoch, wie hoch der strukturelle Unterrichtsausfall an den Schulen tatsächlich ist". In den Zahlen nicht eingerechnet sei der Stundenausfall, der gar nicht erst wegen des Lehrkräftemangels im Stundenplan erscheine. Und der sei erheblich.
"Die Unterrichtsausfallstatistik droht damit auch ihren Zweck zu verfehlen", kritisierte die SPD-Politikerin: "Eine geschönte Statistik durch zuvor ausgedünnte Stundentafeln kann nicht zur Bekämpfung des tatsächlichen Unterrichtsausfalls verwendet werden." Unter dem Unterrichtsausfall würden insbesondere Schülerinnen und Schüler an Schulen in sozialen Brennpunkten leiden, dort sei der Lehrkräftemangel besonders eklatant.
GEW: "Erschreckend hohe Anzahl an Unterrichtsausfall"
Die Vorsitzende des Landesverbands der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Ayla Çelik, sagte zur Statistik: "Dass in NRW viel Unterricht ausfällt, war erwartbar und überrascht daher nicht, dass der Ausfall jedoch so hoch ist, erschreckt."
Sie rechnet vor, dass bei beispielsweise 32 Unterrichtsstunden pro Woche knapp acht Stunden im Schnitt pro Woche ausfallen. "Das ist zu viel!" Die Landesregierung müsse nun eine Strategie gegen den Unterrichtsausfall vorlegen, forderte Çelik.
Über das Thema berichten wir am Montag auch im WDR-5-Landesmagazin Westblick, ab 17.04 Uhr.
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