Wie groß ist der Unterrichtsausfall an NRW-Schulen wirklich? Wegen der Corona-Pandemie wurde die flächendeckende Erfassung des Schulministeriums ausgesetzt. Die SPD-Fraktion im Landtag hat nun die Eltern befragen lassen. Das Institut Civey hat 500 Eltern schulpflichtiger Kinder in NRW für eine repräsentative Umfrage einen umfangreichen Fragenkatalog vorgelegt. Die Ergebnisse der im April und Mai erhobenen Daten wurden am Dienstag vorgestellt.
Besonders betroffen sind Deutsch, Englisch, Mathe
Demnach gaben 56,2 Prozent der Eltern an, dass regelmäßig im Monat der Unterricht ausfällt. 22 Prozent berichteten sogar von mehreren Ausfällen pro Woche. Betroffen vom Unterrichtsausfall "sind ausgerechnet die Hauptfächer", fasste Florens Mayer von Civey zusammen. Den Spitzenwert hat das Fach Deutsch (28,2 Prozent), gefolgt von Englisch (26,9 Prozent) und Mathematik (25,0 Prozent). Negative Folgen des versäumten Unterrichts konnten 69,1 Prozent der betroffenen Eltern bei ihren Kindern feststellen.
Angesichts dieser Zahlen ist es nicht verwunderlich, dass sich die Eltern Sorgen machen, dass wichtige Lerninhalte verpasst werden. 50,5 Prozent aller Befragten gaben dies an. Unter den Eltern, die vom Ausfall betroffen sind, waren es sogar 84,1 Prozent. Macht die Landesregierung genug gegen den Ausfall? 60,3 Prozent verneinten dies, von den Betroffenen sogar 89,9 Prozent. Und 57,9 Prozent aller befragten Eltern sehen die Chancengleichheit gefährdet.
SPD fordert Erhebung des realen Unterrichtsausfalls
Einen Tag vor der Präsentation der Umfrage-Ergebnisse durch die SPD hatte Schulministerin Dorothee Feller (CDU) bekräftigt, dass mit dem nächsten Schuljahr wieder flächendeckend der Unterrichtsausfall erfasst werden soll.
Doch dies reicht der schulpolitischen Sprecherin der SPD, Dilek Engin, nicht aus. Sie fordert, die "realen Zahlen" zu erheben und bemängelt, dass "eigenverantwortliches Arbeiten in der Oberstufe nicht als Unterrichtsausfall gewertet wird".
Lehrkräfte werden vor die Tür gesetzt
Besonders kritisierten Engin und der SPD-Fraktionsvorsitzende Jochen Ott, dass zeitlich befristete Lehrkräfte, die zum Beispiel über einen Seiteneinstieg ins Lehramt kamen und mit denen man zufrieden sei, nicht mehr weiterbeschäftigt würden. Das liege daran, dass nach mehreren Kettenarbeitsverträgen eine Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis anstehe und dies nicht gemacht werde. Von vier konkreten Fällen hätte die SPD-Fraktion binnen einer Woche erfahren und diese nun der Schulministerin vorgelegt.
Jochen Ott sagte dazu, es könne durchaus sein, dass es in einer Bezirksregierung, die für die Einstellung der Lehrkräfte zuständig ist, keine unbefristete Stelle gebe. "Aber dann muss man das Ganze größer denken und Stellen in anderen Bezirksregierungen anbieten", forderte Ott.
SPD für bessere Arbeitsbedingungen
Um das Problem des Unterrichtsausfalls zu lösen, schlug die SPD-Fraktion vor, den Seiteneinstieg, auch für MINT-Fächer zu erleichtern, Lehrkräfte zu entlasten und über eine voraussetzungslose Teilzeit die Schule als Arbeitsort attraktiver zu machen.
Allein im letzten Jahr hätten 880 Lehrkräfte den Schuldienst verlassen, davon seien 240 verbeamtet gewesen.
Über dieses Thema berichten wir auch in der Sendung "Westblick" auf WDR 5 am 06.06.2023 um 17:04 Uhr.