Streit über Stärkungspakt: Kommen Gelder gegen Armut vor Ort an?

Stand: 24.05.2023, 14:51 Uhr

Regierung und Opposition im NRW-Landtag bewerten den Erfolg des Stärkungspakts gegen Armut unterschiedlich. Aus Sicht der SPD sind Anträge und Rahmenbedingungen für Kommunen und soziale Träger zu kompliziert.

Von Peter Hild

Anfang des Jahres hatte die NRW-Landesregierung 150 Millionen Euro in einem Stärkungspakt gegen Armut bereitgestellt, um Einkommensschwächere bei der Bewältigung von Energiekrise und Inflation zu unterstützen. Die Kommunen sollten damit je nach sozialer Notwendigkeit zielgerichtet etwa Hilfsprojekte und soziale Einrichtungen vor Ort unterstützen.

In einer Aktuellen Stunde im NRW-Landtag am Mittwoch bezeichnete die SPD das Programm bisher als "absoluten Flop". Die CDU berichtete hingegen von vielen dankbaren Rückmeldungen aus den Kommunen.

SPD: Anträge und Bedingungen zu kompliziert

Viele Städte und soziale Träger seien mit den Anträgen auf Fördermittel überfordert, kritisierte Lisa-Kristin Kapteinat von der SPD. "Die Fristen sind zu viel kurz, Doppelförderungen verboten und selbst für Einzelförderungen haben viele Kommunen nicht genug Personal."

Susanne Schneider von der FDP sah in dem Stärkungspakt "mehr Aktionismus als wirkliche Perspektive". Die Begrenzung der Gelder auf das laufende Jahr bremse außerdem jede nachhaltige Unterstützung von notwendigen Hilfen und Einrichtungen aus.

Landesregierung verteidigt Förderprogramm

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) verteidigte den Stärkungspakt und sieht die Hauptverantwortung bei den Kommunen: "Wir haben den Städten bewusst große Handlungsfreiheiten bei der Nutzung der Gelder eingeräumt, da liegt es auch an deren Gestaltungswillen und Kreativität, die zu nutzen." Er räumte aber auch ein, dass eine schnelle Umsetzung für viele Kommunen eine Herausforderung sei.

Karl-Josef Laumann (CDU), Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales von Nordrhein-Westfalen, spricht im Plenum des Landtags

Karl-Josef Laumann, CDU

Bei diesem Sondervermögen gehe es nicht um die allgemeine soziale Lage im Land, betonte Laumann, sondern zuerst darum, Notlagen durch den Ukraine-Krieg, die Energiekrise und die hohe Inflation abzufedern. CDU und Grüne führten außerdem ein umfangreiches FAQ des Gesundheitsministeriums sowie persönliche Ansprechpartner dort für die Kommunen bei Fragen und Problemen an.

Jule Wenzel (Grüne) warf der SPD einen "Schlingerkurs" vor. Die Sozialdemokraten würden auf der einen Seite eine bessere Umsetzung des Stärkungspakts fordern, andererseits gegen solche Sondervermögen per Verfassungsklage vorgehen.

Bedingungen in den Städten sehr unterschiedlich

Der Städte- und Gemeindebund NRW hat bisher keinen konkreten Überblick, wie gut die Umsetzung in den Kommunen bisher tatsächlich klappt. Der Verband hatte den Stärkungspakt im Januar grundsätzlich begrüßt, weil so wichtige Teile der sozialen Infrastruktur trotz steigender Kosten weiterlaufen könnten.

Allerdings sei die in den Städten höchst unterschiedlich vom Umfang und der Leistungsfähigkeit her, ebenso wirke sich der Fachkräftemangel überall unterschiedlich stark aus: "Davon hängt am Ende aber maßgeblich ab, ob eine Gemeinde ein solches Programm auch schnell aufs Gleis bringen kann", sagt Sprecher Philipp Stempel.

Paritätischer: Für viele Träger nicht nutzbar

Klare Kritik am Stärkungspaket kommt vom Paritätischen Wohlfahrtsverband NRW. Die großen Freiheiten für die Kommunen seien der "Kernfehler" gewesen, der zu einem Flickenteppich an Fördermöglichkeiten geführt habe, sagt Landesgeschäftsführer Christian Woltering. Viele Kommunen hätten sich erst selbst ein Überblick verschaffen müssen, was sie überhaupt fördern wollten.

Man sieht einen Aktenstapel,der auf einem Tisch liegt.

Viele Kommunen müssen sich erst Überblick verschaffen

Durch die Mittelbegrenzung bis Ende des Jahres hätten viele Träger auch kein zusätzliches Personal mit den Geldern anwerben können. Ein Großteil der sozialen Träger hat daher laut Woltering bisher kaum oder gar nicht vom Stärkungspakt profitiert. "Es bräuchte klarere und einheitliche Vorgaben des Landes an die Kommunen, welche Bereiche Förderungen bekommen können oder sollen."

Klar ist, dass die 150 Millionen Euro aus dem Stärkungspakt längst noch nicht überall angekommen sind. Um dort zu puffern, wo Inflation und Energiekrise Menschen mit geringeren Einkommen akut belasten.

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