Land verteidigt Ablehnung des "Solinger Wegs"

Stand: 04.11.2020, 14:44 Uhr

Eigentlich sollte es heute in Solingen geteilte Schulklassen und Distanzunterricht geben. Doch gestern hat das Gesundheitsministerium die Pläne verboten. Warum eigentlich? Fragen und Antworten.

Auch am Mittwoch hat Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) die Ablehnung des Solinger Schulsonderweges durch die Landesregierung noch einmal verteidigt. Der Präsenzunterricht in offenen Schulen habe für die geistige, die soziale und die persönliche Entwicklung von Kindern und Jugendlichen höchste Bedeutung, so die Ministerin.

Wer darf in NRW eigentlich über die Einführung von Distanzunterricht entscheiden?

Dafür hat das Land extra eine Verordnung erlassen, die den rechtlichen Rahmen für Distanzunterricht in Corona-Zeiten regelt. Demnach entscheiden die jeweiligen Schulleiterinnen und Schulleiter über die Einrichtung von Distanzunterricht an ihren Schulen. Allerdings soll dieser Fernunterricht laut Verordnung nur eingerichtet werden, "falls der Präsenzunterricht auch nach Ausschöpfen aller Möglichkeiten wegen des Infektionsschutzes oder deshalb nicht vollständig möglich ist." Die Verordnung gilt nur für das aktuelle Schuljahr 2020/21.

Die Ablehnung des Solinger Schul-Sonderwegs wäre "keine Entscheidung gegen Solingen, sondern für Bildungsgerechtigkeit in NRW", betonte Schulministerin Gebauer noch einmal. Dabei appellierte sie auch an Solingens Oberbürgermeister Tim Kurzbach, die Schulen nun offen zu lassen. Das NRW-Gesundheitsministerium hatte zuvor seinen Plan durchkreuzt, für weiterführende Schulen je zur Hälfte Präsenz- und Distanzunterricht anzubieten.

Warum hat das Gesundheits- und nicht das Schulministerium den "Solinger Weg" verboten?

Über die Einführung des Distanzunterrichts hatten in Solingen nicht die Schulleiter, sondern die Stadt entschieden. Dabei hatte sie sich nicht auf die Landesverordnung, sondern auf das Infektionsschutzgesetz bezogen. Deshalb war und ist in die vorgesetzte Behörde - in dem Fall das Gesundheitsministerium - in der Frage zuständig.

Die Stadt wollte mit ihrem Sonderweg die rund 20.000 Schüler vor einer Schulschließung bewahren, betonte Oberbürgermeister Kurzbach (SPD). Mit dem Konzept wären Lerngruppen verkleinert worden, außerdem hätte man so auf dem Schulweg, etwa im Bus, mehr Abstand erreichen können.

Wie reagiert die Opposition?

SPD-Faktionschef Thomas Kutschaty äußerte am Mittwoch erneut sein Unverständnis über die Haltung der Landesregierung. Diese gehe mit der Brechstange gegen Kommunen los, so der Oppositionsführer. Dabei wiederholte er seine Forderung nach einem Schulgipfel, auf dem alle Beteiligten die Frage erörtern sollten, wie ein sicheres rechtliches Fundament aussehen könnte. Ansonsten fürchte er einen Flickenteppich an Gerichtsurteilen.

Das Land forderte er am Mittwoch erneut auf, das Verbot der Solinger Entscheidung zurückzunehmen. Schließlich hätte die Stadt ihre Entscheidung mit den Schulleitern abgestimmt.