Der Straßenwärter Sadi auf der Autobahn

Angriffe gegen Straßenwärter - Präventionsnetzwerk soll helfen

Stand: 05.08.2024, 16:38 Uhr

Der Landesbetrieb Straßen NRW ist heute offiziell dem Präventionsnetzwerk "Sicher im Dienst" beigetreten - gegen Hass und Gewalt.

Von Sabine Tenta

Straßenwärterinnen und Straßenwärter üben einen anspruchsvollen Beruf aus: Im Sommer trotzen sie sengender Hitze, Lärm und Abgasen und reparieren Straßen. Im Winter balancieren sie frühmorgens in klirrender Kälte tonnenschwere Räumfahrzeuge über vereiste Straßen. Und oft sind sie die ersten an einer Unfallstelle, sichern sie ab und leisten teilweise Erste Hilfe für Schwerstverletzte. All das machen sie im Dienst der Allgemeinheit, damit der Verkehr (wieder) fließt.

Flaschenwürfe und Beschimpfungen

Das wäre Grund genug, dass Autofahrende im Stau beim Vorbeifahren den Straßenwärtern "Danke" sagen, doch stattdessen trifft die Fachkräfte häufig Aggression und Frust: "Von Beschimpfungen bis zu Wurfattacken mit Flaschen haben wir die ganze Bandbreite dessen, was man sich nicht wünscht", fasst der Leiter von "Straßen NRW", Sascha Kaiser, die Lage zusammen. Zum Glück habe es dabei bislang nur leichte Verletzungen gegeben, "das Gros sind bei uns die Beleidigungen".

Die Erfahrung, wegen einer Arbeit, von der am Ende wir alle profitieren, bedroht zu werden, teilen die Straßenwärter mit Rettungskräften, Pflegepersonal, Verwaltungsbeamten, Lehrkräften oder Ordnungsdienstmitarbeitenden.

Krischer: Respektlosigkeit "ist unfassbar"

Oliver Krischer gibt ein Interview

NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer

Am Montag ist darum der Landesbetrieb "Straßen NRW" einem landesweiten Präventionsnetzwerk für den öffentlichen Dienst beigetreten. Es trägt den Titel "Sicher im Dienst". Offiziell vollzogen wurde der Beitritt in Meerbusch. NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) sagte dort dem WDR, das Netzwerk sei wichtig, damit Betroffene "sich austauschen, Erfahrungen sammeln, gemeinsam über das Erlebte sprechen können und dass wir vor allen Dingen Mechanismen entwickeln, sich auf solche Situationen vorzubereiten".

Es gehe darum, so Krischer, "dass es in der Gesellschaft wieder mehr Respekt für Menschen gibt, die tagtäglich dafür sorgen - teilweise auch mit extrem harter körperlicher Arbeit - dass unser Leben am Laufen bleibt". Er selbst habe beim Besuch einer Baustelle erlebt, wie aus einem Auto raus Beleidigungen gerufen wurden, "es ist unfassbar eigentlich, dass Menschen so eine Respektlosigkeit gegenüber der Arbeit von anderen zeigen".

"Straßen NRW" setzt auf Vernetzung

Ausschlaggebend für Straßen NRW, dem Präventionsnetzwerk jetzt beizutreten, war "eine Summe von Vorfällen", wie der Leiter des Landesbetriebs, Sascha Kaiser, dem WDR erklärte. Immer wieder hätten die Mitarbeitenden über verbale Übergriffe und Bedrohungen geklagt. "Wir haben uns gesagt, wir müssen uns kurzschließen mit anderen, die in ähnlichen Situationen sind und uns vernetzen, um so die Stimme gegen diese Verhältnisse zu erheben."

Das Netzwerk und seine Mitglieder

Die Plakette der Initiative "Sicher im Dienst NRW"

Logo des Netzwerks "Sicher im Dienst"

Das Präventionsnetzwerk "Sicher im Dienst" wurde 2022 gegründet. Nach Angaben von "Straßen NRW" sind dort "mehr als 2.200 Beschäftigte aus über 800 Behörden, Institutionen, Verbänden und Organisationen" vertreten. Die Mitgliedschaft ist kostenlos und ermöglicht unter anderem den Zugriff auf einen Präventionsleitfaden und den Austausch mit anderen Betroffenen.

Hilfe für die Jackentasche

Zu den Hilfsmitteln des Präventionsnetzwerks, die "Straßen NRW" künftig nutzen will, gehört auch ein Bündel an Tipps, die im handlichen Format auf Karten gedruckt wurden. Für Sascha Kaiser, den Leiter von "Straßen NRW", sind sie wichtig für den "Gefahrenradar", damit könne im Vorfeld sensibilisiert und Verhaltenshinweise gegeben werden. Auf den Taschenkarten stehen Tipps wie diese hier:

  • "Null Toleranz bei Gewalt! Sehen Sie über diskriminierendes Verhalten, Anfeindungen und Übergriffe keinesfalls hinweg. Hass ist keine Meinung und muss nicht als Teil des Berufs hingenommen werden!
  • Rollenbewusstsein: Anfeindungen sind oftmals nicht gegen Sie persönlich gerichtet, sondern dienen als Projektionsfläche für Frust und Unmut gegenüber dem Staat.
  • Schutz von persönlichen Daten: Sie können Ihre Privatadresse und Kfz-Daten schützen, wenn Sie aufgrund Ihrer Tätigkeit Anfeindungen ausgesetzt sind. Geben Sie durch Fotos oder Fanartikel nichts Privates preis.
  • Sichere Büroausstattung: Scheren und Tacker können vom Gegenüber als gefährliche Waffe genutzt werden. Verwahren Sie diese nicht in Reichweite von Kunden auf."

Straßenwärter - ein gefährlicher Job

Bei Straßen NRW arbeiten rund 1.200 Straßenwärterinnen und Straßenwärter in 56 Straßenmeistereien und kümmern sich um den Erhalt von Bundes-, Landes- und Kommunalstraßen sowie um die Radwege in Nordrhein-Westfalen.

Was sich viele Autofahrende, die ihren Frust an den Straßenwärterinnen und Straßenwärtern abreagieren, wohl auch nicht bewusst machen, ist, wie gefährlich dieser Job ist. Eine traurige Statistik von Straßen NRW listet seit 1993 insgesamt 20 Todesfälle von Straßenwärterinnen und Straßenwärtern auf, die während ihrer Arbeit durch Fremdverschulden starben.

Über das Thema berichten wir am Montag auch im WDR-5-Landesmagazin Westblick ab 17.04 Uhr.

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