Sinkender Rheinpegel könnte für knappe Kohle in Kraftwerken sorgen
Stand: 04.08.2022, 18:06 Uhr
Die niedrigen Pegelstände an den Flüssen machen Binnenschiffern das Leben schwer - und bedrohen damit die Versorgung der Menschen. Es geht nicht nur um Güter, sondern auch um Strom.
Von Rainer Striewski
Er fällt und fällt und fällt. Normalerweise liegt der Rheinpegel bei Köln bei 3,21 Metern. Donnerstagnachmittag waren's gerade einmal 1,02 Meter - Tendenz weiter fallend. Und das ist ein Problem, besonders für die Rheinschifffahrt. "Das aktuelle Niedrigwasser behindert in zunehmendem Maße die Güterschifffahrt in Deutschland", warnt etwa der Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt (BDB) in Duisburg.
Schiffe können nicht mehr voll beladen werden
Denn die seit Wochen sinkenden Wasserstände führen dazu, dass Schiffe nur noch einen Teil der sonst üblichen Ladung mitnehmen können. Noch können sie zwar in der tieferen Fahrrinne fahren, aber schon länger nicht mehr mit Volllast. Ob Container, Getreide oder Öl - vieles kann derzeit nicht wie ursprünglich geplant per Schiff transportiert werden.
Kraftwerken könnte die Kohle ausgehen
Besonders problematisch ist das im Moment bei der Steinkohle. Während derzeit weniger transportiert werden kann, ist der Verbrauch in den Kraftwerken im ersten Halbjahr um 26 Prozent angestiegen. Denn entgegen ursprünglicher Beschlüsse sollen einige Steinkohlekraftwerke nun weiter Strom produzieren, damit im Gegenzug Gaskraftwerke heruntergefahren werden können.
So soll etwa das Steinkohlekraftwerk des Stromerzeugers Steag in Bergkamen zwar wie geplant Ende Oktober heruntergefahren gefahren. Danach soll es aber noch zwei Jahre lang betriebsbereit bleiben, weil es als systemrelevant eingestuft wurde. Doch dafür braucht es weiterhin verlässlich Steinkohle.
Der einzige Weg für die Kohle führt aber über Flüsse und Kanäle per Schiff ins Kraftwerk. Was passiert, wenn der nötige Nachschub ausbleibt, sieht man gerade in Hessen. Dort muss das Steinkohlekraftwerk Staudinger 5 wegen des niedrigen Rheinpegels möglicherweise die Produktion drosseln.
Seit Jahrzehnten bekannten Probleme
Damit so etwas nicht auch hier passiert, hätten Fahrbahnrinnen schon längst erweitert werden müssen, meint der Verband der Deutschen Binnenschifffahrt. "Wir hätten die teilweise seit Jahrzehnten bekannten Probleme insbesondere an den freifließenden Gewässern in NRW nicht, wenn die Politik rechtzeitig tätig geworden wäre und gegengesteuert hätte", betont BDB-Geschäftsführer Jens Schwanen.
Zwar könnten die Pegel kurzfristig durch einen Tag Regen etwa in Süddeutschland wieder ansteigen. "Das hilft in der Güterschifffahrt aber nicht wirklich", so Schwanen. "Wir brauchen gleichbleibend hohe Pegelstände." Und dafür bräuchte es schon mehrere Tage ergiebigen Landregen.
Alte Kohleschiffe nicht mehr im Einsatz
Zum niedrigen Pegel und den nicht erweiterten Fahrbahnrinnen gesellt sich aber noch ein anderes Problem: Viele der für den Steinkohletransport ursprünglich mal eingesetzten Schiffe sind längst anderswo im Einsatz. Dennoch sieht BDB-Geschäftsführer Schwanen die Versorgung der Kraftwerke grundsätzlich nicht gefährdet. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Transport von Kohle auf den Flüssen komplett eingestellt werden wird."
Neubaur: "Problem erkannt"
NRW-Energieministerin Mona Neubaur (Grüne)
Damit rechnet auch NRW-Energieministerin Mona Neubaur (Grüne) nicht. "Die Lage ist ernst, aber stabil", erklärt Neubauer im WDR-Interview. Dennoch betrachte sie die niedrigen Pegelstände mit Sorge. Dabei verwies sie auf Pläne im Bundeswirtschaftsministerium, Steinkohle notfalls in Güterwagen durchs Land zu transportieren. Und wenn das - wie im Fall Bergkamen - gar nicht möglich ist? "Wir haben das als Problem erkannt", räumt Neubauer ein. Derzeit würden Land und Bund nach Lösungen suchen.
Erinnerung an Jahrhundertsommer 2018
Noch sind die Pegeltiefstwerte von 2018 zwar nicht erreicht. Damals mussten sogar einige Fähren in Köln den Betrieb einstellen. Doch die Werte von damals wurden erst im Oktober erreicht, nach einem Rekordhitzesommer. Jetzt steuern wir schon im August auf ähnliche Werte zu.